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Milchrahmstrudel

Milchrahmstrudel

Titel: Milchrahmstrudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mehler Jutta
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Ja, wie denn nur?«
    Luise tat recht harmlos und gab sich einfältig. »Keine Ahnung. Auf einmal lag ich da. Aber es ist mir ja nichts geschehen.«
    Die Schwestern traten den Rückzug an. »Falls Sie Schmerzen bekommen, Frau Rot, oder falls Ihnen schwindelig wird, müssen Sie sich sofort melden.«
    Luise versprach es.
    »Und was hat sich wirklich ereignet?«, fragte Fanni, nachdem sich die Tür hinter den Schwestern geschlossen hatte.
    »Ein dreister Überfall«, schimpfte Luise. »Eine hinterlistige Attacke. Ich habe gerade Rolands Aufzeichnungen studiert, als ich die Tür wieder aufgehen hörte. Ich hatte ihr, wie immer wenn ich am Tisch sitze, den Rücken zugewandt, und weil ich dachte, du kommst schon zurück, habe ich mich gar nicht umgesehen. Da griffen plötzlich Hände nach dem Block und rissen ihn mir weg. Im nächsten Moment bekam der Rollstuhl einen Schubs von der Seite und kippte.«
    Sie zog ein pikiertes Gesicht. »Ich hatte viel zu viel mit dem Umstürzen zu tun, als dass ich drauf hätte achten können, wer der Kerl war, der mich umgeworfen hat. Geschweige denn, dass ich Gelegenheit gehabt hätte, ihn irgendwie zu packen.« Sie hob den Arm, krallte die Finger um Fannis Handgelenk, und Fanni konnte spüren, wie kräftig ihr Griff war.
    Hat sie nicht früher in ihrem Häuschen sämtliche Handwerksarbeiten selbst ausgeführt? Da muss man zupacken können!
    »Kerl?«, fragte Fanni. »Wie kommst du darauf, dass es ein Mann war?«
    Luise überlegte eine Weile mit geschlossenen Augen. Dann sagte sie fest: »Es waren Männerhände, die nach Rolands Notizen gegriffen haben – dreckige, schwielige Männerhände.«
    Und in denen befinden sich jetzt die Informationen, die Licht in die ganze Sache hätten bringen können!
    Ja, dachte Fanni, Rückschritte statt brauchbaren Erkenntnissen.
    Bevor sie weiter überlegen konnte, sagte Luise: »Der Kerl war auf Rolands Notizen aus. Woher aber konnte er wissen …?« Ihre Stimme versandete.
    »Wir haben uns auf dem Balkon draußen darüber unterhalten«, erinnerte Fanni sie.
    Luise nickte. »Und vom Balkon der Nagel, ja sogar von ihrem Zimmer aus hätte der Kerl alles mithören können.«
    »Dieser Angreifer«, sagte Fanni, »musste allerdings auch wissen, dass du – zumindest für einige Minuten – allein im Zimmer sein würdest.«
    Wieder nickte Luise. »Er hat Hanno geschickt, um dich wegzulotsen.«
    »Oder Hanno hat ihn geschickt, um dich zu überfallen, nachdem er mich weggelotst hatte«, erwiderte Fanni.
    »Fanni«, sagte Tante Luise nach längerem Schweigen. »Denkst du, du könntest aus dem Gedächtnis …«
    »Die Einträge in Rolands Spiralblock wiedergeben?«, vervollständigte Fanni. »Kaum. Wie soll man sich Buchstabenfolgen merken, die keinen Sinn ergeben?«
    Auf Luises vorwurfsvollen Blick hin setzte sie hinzu: »Ich kann es ja versuchen, aber das Ergebnis wird mehr als bruchstückhaft sein.«
    Tante Luise nahm einen Stift und ein Blatt Papier aus einer Seitentasche ihres Rollstuhls und reichte Fanni beides.
    Während Fanni noch in ihrem Gedächtnis kramte, gab Luise die Buchstaben und Zahlen der ersten Zeile auf der ersten Seite wieder, die ihr offenbar selbst in Erinnerung geblieben waren: » H . E . 2.6.«
    Fanni schrieb mit.
    » H . E .«, wiederholte Luise. »Das sind die Anfangsbuchstaben von dem Namen meines Vorgängers in diesem Apartment hier. Kurz bevor ich in die Katherinenresidenz kam, ist er gestorben. Das Datum passt.«
    Fanni nickte. »Ich habe mir auch schon gedacht, dass es sich um Initialen und Sterbedaten handelt.«
    Eine ganze Weile herrschte Schweigen.
    »Hast du endlich was?«, fragte Luise, nachdem Fanni lange nachgedacht und zuweilen etwas auf das Blatt Papier gekritzelt hatte.
    »Zahlen und Daten kann ich mir ganz schlecht merken«, sagte Fanni entschuldigend.
    Als Luise abfällig schnaubte, fügte sie schnell hinzu: »Ich habe aber drei Initialen und ein paar von den Kürzeln.«
    Luise nahm ihr den Zettel aus der Hand. » R . N ., war da ein Datum dahinter?«
    »Nein«, antwortete Fanni. »Da bin ich mir ziemlich sicher.«
    »Dann bedeutet das ›Resi Nagel‹«, sagte Luise. »Noch lebt sie ja. Und mit O . P . könnte Ottilie Pauli gemeint sein. Die ist vor einem Dreivierteljahr gestorben.«
    »Es sind Initialen und Sterbedaten«, bestätigte Fanni entschieden. »Aber der Schlüssel zur Bedeutung von Rolands Angaben muss in den Kürzeln verborgen sein.«
    Tante Luise drückte den Papierbogen an ihre Brust. »Lass mich darüber

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