Miles Flint 02 - Die Lautlosen
hinterlassen, an deren Außenseite außerdem Kaffee über den Henkel herabgelaufen war. Sie war so ein entsetzlicher Chaot, besonders, wenn sie andere Dinge im Kopf hatte.
Und dank Broduers Bericht hatte sie viel zu viele andere Dinge im Kopf.
Irgendwie hatte irgendwer Mayoux durch Sauerstoffentzug getötet. Falls sie draußen getötet worden war, hatten dort auch die Umweltanzüge getauscht werden müssen, ohne die Leiche dabei einem Druckverlust auszusetzen. Wie war das möglich?
DeRicci legte die Stirn in Falten. Sie hatte keine Ahnung, was wirklich passiert war.
Sie stellte erneut eine Verbindung zu Broduer her, wieder über die öffentlichen Links. Als der Assistent sie dieses Mal erblickte, grüßte er nicht einmal. Er holte lediglich Broduer herbei.
Broduer tauchte auf und hielt die Hände hoch, als wären sie kontaminiert. Sie waren von Blut und Gewebeteilchen überzogen, die von den Handschuhen herabtropften, welche seine Arme bis zu den Ellbogen umhüllten.
»Ich habe Ihnen bereits alles erzählt, was ich weiß«, erklärte er.
»Eigentlich nicht.« Wenn er schnippisch sein wollte, war sie es eben auch. »Ich muss wissen, ob sie draußen oder innerhalb der Kuppel getötet wurde.«
»Woher soll ich das wissen?« Broduer nickte jemandem zu, den DeRicci nicht sehen konnte. Ein Handtuch beherrschte vorübergehend die Szenerie; dann wischte sich Broduer die Hände ab.
»Sie sagten, sie hätte Blutergüsse, die beweisen, dass sie diesen speziellen Umweltanzug nicht getragen hat, als sie gestorben ist.«
»Ja. Und?«
»Hat sie überhaupt irgendeinen Umweltanzug getragen?«
Broduer wischte und wischte, säuberte seine Unterarme und gab das Handtuch dem unsichtbaren Assistenten zurück.
»Ich meine«, sagte DeRicci, »was ist mit Umweltanzügen, die vor Blutergüssen schützen wanden?«
»Das war nicht, was ich gemeint habe, als ich das sagte.« Seine schmalen Brauen trafen sich über der perfekten Nase. DeRicci hatte seine Neugier geweckt. »Ich meinte, dass es keine Flecken, keine Druckstellen, keine Schäden in dem Anzug gibt, die zu den Blutergüssen an ihrem Körper passen. Umweltanzüge sind bemerkenswerte Dinger, aber sie sind nicht bemerkenswert genug, um den Träger vor Gewalteinwirkung zu schützen – jedenfalls noch nicht.«
»Wenn sie also einen anderen Anzug getragen hat, hat ihn ihr jemand ausgezogen und den pinkfarbenen angelegt, ehe er die Leiche deponiert hat.« Sie stellte dumme Fragen, weil sie wusste, dass das die einzige Möglichkeit war, Broduer dazu zu bringen, ihrer Denkschiene zu folgen. Sie wollte, dass er so präzise war wie nur möglich.
Sie wollte alle Möglichkeiten ausloten.
Die Tür wurde geöffnet, und Stimmen erfüllten den Raum, als van der Ketting hereinkam.
DeRicci legte einen Finger an die Lippen.
Van der Ketting drückte die Tür zu, und die Stimmen verstummten.
Broduer blinzelte einige Male, als versuche er, die Details in Gedanken zu ordnen. »Wissen Sie, es müsste nach einem solchen Vorgang Faserspuren am Körper geben. Es ist unmöglich, dass jemand einen Körper entkleidet, ohne dass Fasern von der Kleidung zurückbleiben. Das wäre viel zu viel Arbeit.«
»Auch, wenn man den Anzug aufschneidet?«
»Das Problem ist«, erklärte Broduer, »dass man die Anzüge draußen nicht wechseln kann. Der Druckabfall …«
»Würde die Leiche verändern, ja, ich weiß«, sagte DeRicci.
»Warum stellen Sie mir dann solche Fragen?«, gab Broduer zurück.
»Weil es auch draußen Orte mit Atmosphäre gibt«, entgegnete DeRicci, die es langsam leid war, sich dumm zu stellen.
»Die Growing Pits«, sagte Broduer.
Da hatte sie ihn haben wollen; dennoch entgegnete sie: »Unter anderem.«
»Sollte sie in den Growing Pits umgebracht worden sein, so hätte sie einen anderen Anzug getragen. Den Anzug zu wechseln hätte keinen Druckverlust, herbeigeführt; aber sie könnte auch nicht an Sauerstoffentzug gestorben sein.«
»Dazu musste nur jemand die Sauerstoffversorgung der Treibhäuser abschalten«, wandte DeRicci ein.
»Um das zu tun«, entgegnete Broduer nachdenklich, »hätten sie allein die Sauerstoffversorgung abschalten müssen, nicht aber die übrigen Umweltprotokolle. Aber normalerweise sind die Gebäude draußen mit einem Sicherheitssystem ausgerüstet, das Hilfssysteme bereitstellt. Fällt das eine oder andere aus, schaltet sich sofort irgendein Ersatzsystem ein.«
»Außerdem«, sagte van der Ketting und ignorierte ganz bewusst DeRiccis Anweisung, still
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