Miles Flint 02 - Die Lautlosen
hinausgefahren hatte. Niemand hatte sie bemerkt, und falls doch jemand auf das Fahrzeug aufmerksam geworden sein sollte, so hatte er vermutlich gedacht, es gehöre zum normalen Ablauf. Der rosafarbene Umweltanzug sah aus der Entfernung weiß aus, ganz so wie die der meisten freiwilligen Helfer des Marathons.
»Und«, fuhr van der Ketting, »ich kann Zweig während dieser fünfundvierzig Minuten nirgends finden. Sie scheint verschwunden zu sein.«
»Was ist mit den Fahrzeugen? War eines unterwegs, als sich alle im Startbereich aufgehalten haben?«
»Soweit ich es bisher feststellen konnte, nicht«, antwortete van der Ketting. »Aber ich hatte nicht viel Zeit für die Arbeit.«
Der Groll war wieder in seinen Ton zurückgekehrt. In seinen Augen stahl DeRicci ihm noch mehr Zeit.
Und vermutlich stimmte das auch.
»Geben sie mir Bescheid, falls Sie irgendetwas herausfinden«, sagte sie und widmete sich ihrem eigenen Handheld.
DeRicci stellte eine Verbindung zum Polizeisystem her, um eine nachvollziehbare Identifikation sicherzustellen. Sie musste sich bei all dem rückversichern, für den Fall, dass sie jemanden vor Gericht bringen würde. Der Richter würde wissen wollen, wie DeRicci an ihre Informationen gekommen war.
Zuerst erbat sie eine gerichtliche Anordnung bezüglich Extreme Enterprises. Dazu führte sie die Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit der Leiche und dem Anzug an und erwähnte auch Zweigs mögliche Verwicklung in die Angelegenheit. Außerdem betonte DeRicci die Dringlichkeit ihres Anliegens mit der Begründung, dass sie binnen einer Stunde einen der Eigentümer des Unternehmens würde befragen müssen, ganz zu schweigen von all den Leuten, die sie hier festhielt, während sie Informationen zu beschaffen versuchte.
Wenn das nicht reichte, damit sich ein Richter von seinem Hintern hochmühte, dann würde gar nichts reichen.
Anschließend stellte sie ihren Handheld so ein, dass er sie alarmieren würde, sobald die Anordnung eintraf, und schob die Sache beiseite.
Die Wartezeit nutzte sie, um den Hintergrund von Mayoux und Zweig auszuleuchten und nach Übereinstimmungen zu suchen.
Zweig war über einen Umweg über etliche Extremsportereignisse überall in der Galaxie von der Erde nach Armstrong gekommen. Mayoux war in Armstrong geboren und geblieben, abgesehen von ihrem Studium an der Universität von Glenn Station. Ihre Eltern waren tot, und sie hatte einen Bruder, ebenfalls verstorben.
DeRicci konnte keine Hinweise auf Freunde oder Liebhaber in Mayouxs Daten entdecken. Nach allem, was DeRicci feststellen konnte, hatte Mayoux, seit sie vor zwanzig Jahren von der Universität zurückgekehrt war, allein gelebt. In all den Jahren hatte sie den Mond zweimal verlassen, beide Male anscheinend allein. Und seit neun Jahren war sie überhaupt nicht mehr fort gewesen.
Alles in allem war sie das glatte Gegenteil von Zweig.
DeRicci rieb sich seufzend die Augen. Irgendwo mussten sich die Wege der beiden Frauen gekreuzt haben. Wie konnte eine Gärtnermeisterin, deren sportliche Betätigung darauf beschränkt war, den Weg zum Arbeitsplatz zu meistern, tot und verkleidet als eine Frau enden, deren ganzes Leben sich um sportliche Heldentaten drehte, die bisweilen so extreme Formen annahmen, dass die meisten Leute sie schlicht für verrückt halten würden?
Über Zweig war herzlich wenig in Erfahrung zu bringen – zumindest bezüglich persönlicher Belange. Sie war unverheiratet, aber die Medien spielten allerlei Gerüchte über eine Affäre nach der anderen hoch und erwähnten sogar die Beziehung zu Coburn und ihre eher unerfreulichen Nachwirkungen.
DeRicci hielt inne, um die zugehörigen Artikel zu lesen. Coburn war nicht ganz aufrichtig gewesen. Nicht, dass sie das überrascht hätte. Die Trennung von Zweig war problematisch gewesen, und Coburn hatte versucht, auch das Geschäft aufzuteilen, aber Zweig war erfolgreich gerichtlich dagegen vorgegangen.
Sie hatte behauptet, Extreme Enterprises wäre auf beide Partner angewiesen und würde entweder als Partnerschaft weitergeführt oder vollständig aufgelöst werden. DeRicci fragte sich, warum Coburn nicht die Auflösung betrieben hatte, um dann das gleiche Geschäft unter neuem Namen wieder aufleben zu lassen – offensichtlich war er derjenige mit dem gesunden Geschäftssinn, der, dem die Reisenden vertrauten –, doch dann fand sie den Grund.
Zweig hatte auch daran gedacht. Eine der Forderungen ihrer Klageschrift lautete, dass sowohl ihr als auch Coburn im
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