Miles Flint 02 - Die Lautlosen
trifft, die so oder so keine Chance haben.«
Wieder legte er den Arm um sie, um sie zu halten. »Kommen Sie.«
»Bitte«, flehte sie. »Hören Sie auf mich.«
»Ich höre auf Sie«, versprach er, »und ich werde selektieren; aber vorher schaffe ich Sie in diese verdammte Einheit.«
»Damit ich die gesunden Leute kontaminieren kann, falls das Virus in mir nicht abstirbt? Nein.« Oliviari stemmte die Füße auf den Boden und befreite sich von ihm. »Das ist so oder so alles meine Schuld. Hätte ich sie früher geschnappt, wäre ich ihr dichter auf den Fersen geblieben und hätte beweisen können, dass sie Tey ist …«
»Es ist nicht Ihre Schuld. Sie ist verrückt.« Wieder wollte er nach Oliviari greifen; aber sie wich ihm aus.
Oliviari öffnete die Tür und stolperte in den Hauptbereich des Zelts hinaus. Die Betten waren noch immer voll belegt, und die Leute husteten, schnieften und übergaben sich nach wie vor. Die Filtergeräte kamen nicht mehr mit, und der Gestank wurde immer abscheulicher.
Oliviari lehnte sich an die Tür und ließ sich ins Büro zurückschwingen. »Ich bleibe hier«, erklärte sie. »Kommen Sie mich holen, wenn die ersten beiden Gruppen die Einheit durchlaufen haben.«
»Das wird Stunden dauern«, gab er zu bedenken.
Sie nickte. »Ich brauche die Zeit. Ich werde es schon schaffen, Sie werden sehen. Ich bin nur so benebelt, weil ich so hart gearbeitet habe; aber wenn ich mich ein bisschen ausruhe, werde ich schon wieder in Ordnung kommen.«
Tokagawa musterte sie einen Moment, und er glaubte ihr nicht; das konnte sie in seinen Augen sehen.
»Es ist nicht Ihre Schuld«, sagte er nach einem Augenblick. »Sie haben das aufgehalten. Ohne Sie wäre die ganze Stadt vernichtet worden.«
Oliviari lächelte ihm zu, umfasste den Türknopf und schob ihn weg. Er verließ den Raum.
»Soll ich irgendjemanden benachrichtigen?«, fragte er.
»Ich bin Kopfgeldjägerin«, sagte sie. »Ich ziehe es vor, allein zu sein.«
Dann zog sie die Tür zu, kauerte sich zu Boden und barg ihren Kopf in den Armen. Sie hatte Tokagawa schon wieder angelogen. Sie zog es nicht vor, allein zu sein; aber das war das Leben, für das sie sich entschieden hatte.
Der Tod, für den sie sich entschieden hatte.
Oliviari schloss die Augen und ließ sich von dem Schlaf überwältigen, der so verlockend erschien – wohl wissend, dass sie wahrscheinlich nicht wieder aufwachen würde.
37
F lint war schon seit fast fünf Jahren nicht in Terminal 25 gewesen, und er war noch nie dort gewesen, um ein Schiff aus dem Hafen zu fliegen, sondern nur, wenn er jemanden verhaften oder einen Sachverhalt hatte untersuchen müssen. Der Geruch nach feuchtem Kunststoff und zu vielen schwitzenden Leibern, der ihm den Hafen so vertraut machte, fehlte an diesem Ort.
Terminal 25 war der Anleger, an dem die Reichen ihre supermodernen Jachten verwahrten. Nirgends wurde mehr geschmuggelt als in diesem Terminal, und doch verschwand gerade hier ein Großteil der Schmuggelware unter den Augen der Raumpolizisten – vermutlich, weil jemand die Beamten schmierte.
Niemand war je auf den Gedanken gekommen, Flint dem Terminal 25 zuzuteilen; dafür war die Gefahr, dass er allzu vielen Leuten auf die Füße treten würde, stets zu bekannt gewesen. Flint hielt auch jetzt nichts davon, die Augen zu verschließen, und ganz sicher hatte er damals auch nichts davon gehalten.
Alle Schiffe waren aufgebracht worden, wie Sheila Raye gesagt hatte. Sie war in ihrem Büro mit dem Beschwerdemanagement beschäftigt. Der Befehl war vom Bürgermeister selbst erteilt worden. Alle Schleusen waren sofort zu schließen. Doch Flint hatte eine Sondererlaubnis erhalten, die es ihm gestattete, den Hafen zu verlassen – nach einer vollständigen Dekontamination, im Zuge derer er weitere wertvolle Minuten hatte aufwenden müssen, um sicherzustellen, dass er das Tey-Virus nicht vom Mond mitnehmen würde.
Frieda Tey hatte es geschafft zu starten, ehe die Schiffe aufgebracht worden waren. Die Raumpolizei hatte sie aufgehalten, so gut sie nur konnte, hatte Fragen zu ihrer Registration und ihrer Identifikation gestellt und sie aufgefordert, alle möglichen Testläufe durchzuführen. Tey hatte all ihre Bedingungen erfüllt. Ihre Schiffsregistration war vorschriftsgemäß; ihre Identifikation schien aktuell zu sein, und das Schiff selbst war im besten Zustand.
Dann war der Befehl erteilt worden, den Hafen zu schließen. Gleichzeitig hatte die Polizei Frieda Tey als Flüchtling
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