Miles Flint 02 - Die Lautlosen
Boden rund um die Leiche. Da waren Dutzende verschiedener Stiefelabdrücke, von denen viele ältere, tiefere Spuren verwischt hatten. Sie bezweifelte, dass irgendjemand den Kurs zwischen den Rennen fegte; daher nahm sie an, dass einige dieser Stiefelabdrücke schon Jahrzehnte alt sein mochten.
Sie jedoch suchte nach Abdrücken mit einem blitzartigen Muster in der Mitte, und sie fand welche. Mindestens zehn, alle in engem Umkreis um die Leiche herum.
Ihr Atem stockte, und sie kauerte sich so tief wie möglich zu Boden, als sie die Abdrücke studierte. Sie waren breiter, als sie erwartet hatte. Und länger außerdem. Sie schienen von größeren Füßen zu stammen.
Diese Abdrücke waren alle neben der Leiche und deuteten auf den leblosen Körper. Ein Partner vielleicht? Jemand, der etwas mit dem Opfer gemein hatte?
Der Mörder?
DeRicci wusste es nicht. »Wir brauchen auch Aufzeichnungen von all diesen Abdrücken. Sorgen Sie dafür, dass wir neben den Flachbildern auch Holografien bekommen, und ich brauche Messungen. Und vergleichen Sie die Blitzmuster der Spuren mit den Stiefelsohlen unseres Opfers.«
»Wir wissen bereits, dass sie in diesen Stiefeln nicht gelaufen ist«, wandte van der Ketting ein.
»Eigentlich«, widersprach DeRicci, »wissen wir das nicht. Wir wissen nicht, ob die Stiefel und der Anzug mit einem automatischen Selbstreinigungssystem ausgestattet sind, das jetzt eine Fehlfunktion hat. Es gibt noch sehr viel, das wir nicht wissen.«
Van der Ketting nickte seufzend.
»Aber ich will wissen, wie sie hierher gekommen ist«, fuhr DeRicci fort. »Wenn sie nicht hergegangen oder gelaufen ist, dann ist sie hergebracht worden, und ich will wissen, wie das abgelaufen ist.«
Van der Ketting musterte die Abdrücke. »Unter einigen dieser Fußabdrücke sind Fahrzeugspuren. Eine ganze Menge Fahrzeugspuren sogar.«
Das war es, was DeRicci befürchtet hatte. Die Beweise an diesem Ort waren schlimm beeinträchtigt worden, und wer auch immer die Leiche hier abgelegt hatte, er hatte gewusst, dass das passieren würde.
DeRicci schickte eine Botschaft an den Gerichtsmediziner und das forensische Team, in dem sie beide aufforderte, so schnell wie möglich herzukommen. Dann sandte sie eine weitere Botschaft an Gumiela und warnte sie, dass dies ein ungewöhnlicher Fall sei und der Leichnam auf der Strecke bleiben müsse.
Das würde sämtliche einflussreichen Wichtigtuer herlocken. Aber vielleicht, nur vielleicht, würden sie DeRicci keine Vorwürfe wegen der Störung des Marathons machen, wenn sie die Leiche erst gesehen hatten.
Van der Ketting fertigte zusätzliche Aufzeichnungen an, untersuchte die Fußabdrücke und zeigte sich dabei so gewissenhaft, wie DeRicci es gehofft hatte. DeRicci folgte derweil der oberen Lage der Fahrzeugspuren – oder dem, was sie dafür hielt.
Sie folgten dem Pfad. Nach dem zu urteilen, was DeRicci erkennen konnte, gehörten die Fahrzeuge zum Marathon und dienten dazu, die Strecke abzufahren, um sicherzustellen, dass alles in Ordnung war.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und starrte auf die hügelige Landschaft und die Erde hinter ihr hinaus. Die Sicht reichte hier nur etwa eine Meile weit. Hier konnte jeder arbeiten, ohne sich Sorgen darum machen zu müssen, er könnte gesehen werden.
Doch das warf nur einen Haufen weiterer Fragen auf. Falls die Leiche hergebracht worden war, wie es die Beweise andeuteten, wie war sie dann hierher gebracht worden? Wo war die Person gestorben? Und wie konnte eine nicht autorisierte Person überhaupt auf die Strecke kommen?
»Mist«, flüsterte DeRicci.
Sie hatte sich in ihrer Botschaft an Gumiela nicht ganz klar ausgedrückt. DeRicci und van der Ketting würden den Ablauf des Marathons stärker stören müssen, als DeRicci es sich gewünscht hätte.
Die einzigen Leute, die Zutritt zur Strecke hatten, nachdem das Rennen gestartet worden war, waren die Angehörigen des medizinischen Teams, die Marathonbediensteten und die Läufer selbst. Sportkleidung und Ausrüstung deuteten an, dass diese Läuferin das Rennen aufgenommen hatte, irgendwo gestorben und dann hierher gebracht worden war. Aber die Leiche selbst widersprach dieser Vermutung. Wenn die Frau schon einen Tag zuvor gestorben war, hätte sie ihre Sportkleidung gar nicht mehr anziehen können.
Aber vielleicht war die Ausrüstung auch nur eine Irreführung. Vielleicht hatte die Läuferin den Kurs gar nicht erreicht. Vielleicht hatte ihr jemand anderes die Kleidung angelegt und die
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