Miles Flint 02 - Die Lautlosen
verdammte Ding selbst in Ordnung zu bringen.«
»Richtig.« DeRicci ließ ihm Zeit, selbst seine Schlüsse zu ziehen, aber er sagte nichts weiter. »Haben Sie an diesem Anzug einen Panikknopf gesehen?«
»Ich habe noch nicht danach gesucht. Ich war noch mit den Aufzeichnungen beschäftigt, als Sie mich aufgefordert haben, mir die Stiefel anzusehen.«
»Dann suchen Sie jetzt danach«, forderte DeRicci ihn auf.
Van der Ketting beugte sich über DeRicci und hätte beinahe wieder das Gleichgewicht verloren. Er wollte sich gerade mit einer Hand am Boden abstützten, als sie ihn auffing.
»Vorsichtig«, sagte sie. »Kontaminieren Sie mir nicht meinen Tatort.«
»Ich würde nie …«
»Zeichnen Sie einfach nur alles auf. Machen Sie eine Datensicherung. Und finden Sie eine Möglichkeit, das Gleichgewicht zu wahren, einverstanden?«
Van der Ketting seufzte so laut, dass sie das Echo in ihrem Anzug hören konnte. Dann richtete er sich wieder auf, was vermutlich das Beste war, das er tun konnte.
DeRicci beugte sich leicht nach rechts und berührte vorsichtig die Hand des Opfers. Am linken Zeigefinger hatte ein freiwilliger Marathonhelfer ein »O« mit wasserfester roter Farbe aufgetragen. Das war das diesjährige Zeichen dafür, dass der Läufer einen Chip – genannt Panikknopf – erhalten hatte, der so klein war, dass er bequem auf der Daumenbeere Platz fand, und nicht mit irgendeinem Teil des persönlichen Systems verlinkt werden musste.
DeRicci wollte die Handschuhe nicht abnehmen – das würde sie dem Gerichtsmediziner überlassen – aber das »O« war ihr mehr als genug Bestätigung dafür, dass die Läuferin zumindest mit der korrekten Ausstattung gestartet war.
»Sieht aus, als hätte sie einen Panikknopf gehabt«, sagte DeRicci.
»Warum hat sie ihn dann nicht benutzt?«, fragte van der Ketting.
»Eines von vielen Rätseln.« DeRicci runzelte die Stirn. Die Leichenstarre setzte stets zuerst an den Extremitäten ein; aber die Hände dieser Leiche waren beweglich. Entweder war die Frau erst vor sehr kurzer Zeit gestorben – und DeRicci wusste, dass die Leiche schon seit mehr als einer Stunde hier lag, Zeit genug, die Beweglichkeit stark einzuschränken – oder die Frau war schon mehr als einen Tag lang tot.
Der Gerichtsmediziner würde das zwar noch bestätigen müssen, aber DeRicci war auch so ziemlich sicher, dass die Frau schon tot gewesen war, bevor das Rennen überhaupt begonnen hatte.
»Sie hatte keine Ersatz-Sauerstoffflaschen«, stellte DeRicci fest. »Wir sind hier erst an Meile Fünf, richtig?«
»Und?«, fragte van der Ketting.
»Und alle Läufer tragen Ersatzflaschen bei sich, genau wie sie zusätzliche Flüssigkeitsreservoirs dabei haben. Etwa an Meile Zwölf gibt es eine Auffüllstation, wo die alten Flaschen gegen neue ausgetauscht werden können, aber das ist noch sieben Meilen von hier entfernt.«
»Vielleicht wollte sie kein zusätzliches Gewicht mitschleppen«, meinte van der Ketting.
»Das ist Vorschrift«, gab DeRicci zurück. »Man darf die Kuppel ohne zusätzliche Sauerstoffflaschen nicht verlassen. Das ist eine der Regeln, die die Veranstalter schon vor etlichen Jahren eingeführt haben, und es ist unumgänglich.«
»Vielleicht hat sie die Flaschen weggeworfen, als sie das Rennen aufgenommen hat«, schlug van der Ketting vor.
»Vielleicht«, räumte DeRicci ein. »Wir werden nach ihnen suchen müssen.«
Aber sie bezweifelte, dass es so geschehen war. Die kleinen Hüftschlaufen, die alle Läufer dazu benutzten, die Zusatzflaschen zu tragen, steckten noch in ihrer Plastikummantelung. Die Ummantelung löste sich, sobald das erste Mal eine Flasche in die Schlaufe eingehakt wurde.
DeRicci musterte den Anzug. Er sah genauso neu aus wie die Stiefel: unbenutzt, ungetestet sogar. Sie wusste, dass viele Läufer beim Mondmarathon neue Anzüge trugen, aber neu war hier ein relativer Begriff. Es bedeutete nur, dass sie den Anzug noch nie zuvor bei einem Marathon getragen hatten, aber sie hatten Übungsläufe darin bestritten. Dies waren samt und sonders erfahrene Läufer; sie waren alle klug genug, am Tag des Rennens keine brandneue Ausrüstung einzusetzen.
Der Schmutz bedeckte nur die Teile des Anzugs, die den Boden berührten. Natürlich gab es auch noch einige Spritzer an anderen Stellen, aber DeRicci konnte das Muster erkennen. Die Spritzer stammten von Schritten … den Schritten anderer Leute.
Die Falten auf ihrer Stirn vertieften sich. DeRicci betrachtete noch einmal den
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