Miles Flint 02 - Die Lautlosen
Leiche auf die Strecke gebracht, um eine falsche Spur zu legen.
DeRicci musste einige Dinge überprüfen: die Videos der Läufer, wenn sie ihre Trikots erhielten und sich eintrugen, die Videos von der Startlinie und sämtliche Informationen über jeden Teilnehmer und jeden Mitarbeiter.
Sie musste wissen, ob die Startnummer überhaupt zu den Nummern gehörte, die für diesen Marathonlauf ausgegeben worden waren. Es war immerhin möglich, dass die Nummer eine Fälschung war.
Aber warum war die Leiche auf der Strecke deponiert worden? Warum war sie nicht weiter draußen abgelegt worden, dort, wo es Tage, Wochen, vielleicht Jahre dauern würde, ehe sie gefunden würde? Warum hatte man dafür gesorgt, dass es aussah, als wäre die Frau im Rennen gestorben?
Und was das betraf, warum war es während des laufenden Rennens geschehen?
»Noelle?«, fragte van der Ketting. »Was ist los?«
»Wir können niemanden gehen lassen«, sagte sie. »Jede einzelne Person, die irgendetwas mit diesem Rennen zu tun hat, ist verdächtig.«
»O Gott.« Van der Ketting schüttelte den Kopf. »Und die dachten, sie würden lediglich einen Marathonlauf absolvieren. Wir werden ewig hier bleiben müssen.«
Er hatte recht. Die Ermittlungen waren soeben ins Stocken geraten und hatten gleichzeitig höchst dringliche Dimensionen angenommen.
DeRicci würde Gumiela noch einmal anrufen müssen, und dieses Mal käme sie nicht darum herum, ihr mündlich Bericht zu erstatten. Ihren Vorgesetzten würde das alles nicht gefallen. Niemandem würde das gefallen, vor allem nicht den Tourismusbehörden von Armstrong.
Gumiela hatte DeRicci zu einem einfachen Fall geschickt, und sie war bei dem politischen Albtraum des Jahres gelandet … und bei einem Rätsel, bei dem sie nicht überzeugt war, dass irgendjemand sich über die Lösung freuen würde.
9
N un war Oliviari überraschend für die Umweltanzüge zuständig. Sie bekam jeden zu sehen, der die Strecke verließ, und sie nahm die erste diagnostische Prüfung vor. Das war eine Aufgabe, deren Existenz ihr überhaupt nicht bekannt gewesen war, als sie ihren geheimen Ermittlungseinsatz geplant hatte.
Hätte sie davon gewusst, hätte sie versucht, diesen Posten zu ergattern, aber sie bezweifelte, dass sie ihn bekommen hätte. Die meisten Leute in dem Zelt waren schon seit langer Zeit beim Marathon aktiv.
Oliviari war in einem kleinen Umkleidebereich gleich jenseits des Haupttores stationiert. Ihre Partnerin, eine Frau namens Hayley, nahm die Anzüge entgegen, die durch ihre Trikotnummern gekennzeichnet waren, und hängte sie in einen abgesonderten Dekontaminationsraum.
Dekontamination gehörte zu den Dingen, die in den meisten Kuppeln erforderlich wurden, wenn Leute aus einem offenen Bereich in einen geschlossenen Bereich gehen wollten. Auf der Mondoberfläche gab es keine bekannten Kontaminationsstoffe; hier galt die Furcht vor allem Krankheiten oder künstlich hergestellten Giftstoffen.
Oliviari war zufrieden damit, sich um die Anzüge kümmern zu können. Sie erhielt ihre DNA-Proben und mit ihnen die Trikotnummern, womit ein Problem entschärft wurde, um das sie sich schon Sorgen gemacht hatte, seit sie beschlossen hatte, hier nach Frieda Tey zu suchen. Durch diesen Job war Oliviari in der Lage, ihre Proben zu sammeln und sie gleichzeitig zu kennzeichnen, ohne dass irgendjemandem etwas auffallen würde.
Die Läufer kamen nun in regelmäßigeren Abständen ins Versorgungszelt. Oliviari nahm ihre Anzüge entgegen, nahm die diagnostische Prüfung vor und übergab sie schließlich Hayley. Wenn Oliviari die Anzüge entgegennahm, benutzte sie ein kleines, fingerspitzengroßes DNA-Netz, um Schweißperlen oder abgeschälte Hautpartikel aufzunehmen und jedes Muster gleich im Anschluss in dem Musterbeutel an ihrer Hüfte zu verstauen. Dann ließ sie die Proben mit Hilfe des Netzes mit den jeweiligen Trikotnummern markieren. Sollte sie dabei geschnappt werden, konnte sie jederzeit behaupten, man hätte ihr gesagt, sie solle das tun, und ihre Beweise übergeben.
Die vorläufigen Informationen, die Oliviari durch das DNA-Netz erhielt, würden für eine oberflächliche Ermittlung reichen. Natürlich wäre es besser, die Probe selbst zu nutzen, aber sie war darauf vorbereitet, einen anderen Weg einzuschlagen, sollte das nicht möglich sein.
Die Läufer wirkten benommen und müde, unfähig, sich der Veränderung ihrer Umgebung anzupassen. Wenn sie ihre Anzüge auszogen, schien es beinahe so, als würden
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