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Miles Flint 02 - Die Lautlosen

Miles Flint 02 - Die Lautlosen

Titel: Miles Flint 02 - Die Lautlosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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sie sich aus ihrer Haut schälen.
    Die meisten Läufer trugen nicht einmal Unterwäsche, nur eine Speziallotion, die entwickelt worden war, um die Haut vor der Reibung durch den Anzug zu schützen. Ihre eigene Nacktheit schien ihnen peinlich zu sein, fast so, als hätten sie diesen letzten Teil nicht zu Ende gedacht. Und die Läufer, die keine Unterwäsche trugen, waren, wie Oliviari bemerkte, ausschließlich Anfänger: Leute, die einfach nur stolz waren, wenn sie irgendwo in den Top 100 landeten.
    Oliviari hob den Blick und studierte für einen Moment die Bildschirme an der Wand. Noch immer hielten Läufer rudelweise auf die Ziellinie zu. Und im Laufe des Nachmittags würden noch viele Rudel folgen. Die Masse der Läufer würde in vier bis sechs Stunden eintreffen, während ein paar Nachzügler es durchaus anfacht bis zehn bringen mochten.
    Bisher hatte Oliviari noch keine passende DNA gefunden.
    Ihre Links hätten ihr ein Signal geschickt, sodass sie der Person, die möglicherweise Tey war, hätte folgen können. Oliviari fand es merkwürdig, dass Tey noch nicht eingetroffen war.
    Sollte Tey an diesem Rennen teilgenommen haben, so hätte sie unter den ersten hundert, wenn nicht gar unter den ersten zehn Läufern zu finden sein müssen.
    Aber das war nur Oliviaris Erwartung. Sie hatte keine beweiskräftigen Argumente für diese Überzeugung. Also widmete sie sich weiter ihrer Arbeit und hoffte, dass sie Tey irgendwo im Feld der Läufer entdecken würde.
    Ein Mann hielt die Schlange der Wartenden auf. Er wirkte irgendwie ausgemergelt, und es schien ihm schwer zu fallen, seinen Anzug auszuziehen. Oliviari schnappte sich ihr Diagnosegerät just in dem Augenblick, da er nach vorn kippte.
    Sie fing ihn auf, spürte die widernatürliche Kälte seines Körpers, und stolperte zurück. »Ich brauche hier Hilfe!«
    Hayley hatte die Anzüge in den Hauptsaal gebracht. Ein anderer Sanitäter eilte im Laufschritt herbei, nahm Oliviari den Mann ab und kontrollierte die Ergebnisse der Schnelldiagnose.
    »Flüssigkeit!«, brüllte der Sanitäter. Dann sah er Oliviari an. »Wir müssen ihn in eines der Fixierbetten legen.«
    Sie sah sich zu der Schlange um. Ihr würde eine ganze Gruppe Läufer entgehen, nur weil sie diesem einen half. Aber sie konnte immer noch die kalte Haut des Mannes auf ihrer eigenen spüren. Der Geruch seines Schweißes klebte an ihren Kleidern. Sie schlang den Arm um seinen Rücken und half dem Sanitäter, ihn in den Hauptbereich des Zelts zu schleppen.
    Eine Hand voll Läufer saß dort auf Pritschen, während Sanitäter sich verstauchte Fußgelenke, Bänderrisse und Muskelzerrungen ansahen. Ein paar lagen auf Betten und wurden intravenös mit Flüssigkeit versorgt. Einer oder zwei trugen Atemmasken, während jemand neben ihrem Bett die Körperfunktionen überwachte.
    Ein Helfer brachte dem Sanitäter, der Oliviari mit dem Mann half, einen Becher Wunderwasser. Wunderwasser war ganz und gar nichts wundersames, es war nur Wasser, angereichert mit Elektrolyten, Proteinen, einer Spur Salz und einem Haufen Zucker und geeignet, auch die ausgetrocknetste Seele wieder aufzumuntern.
    Der Sanitäter hielt inne und legte dem Läufer den Kopf in den Nacken.
    »Halten Sie ihn ruhig«, sagte er zu Oliviari.
    Oliviari stemmte sich gegen den Mann, während der Sanitäter versuchte, ihm Wasser einzuflößen. Die Hälfte troff dem Mann aus dem Mund, lief über sein Gesicht und tropfte auf Oliviari.
    Sie gab sich alle Mühe, nicht das Gesicht zu verziehen. Der Läufer hustete und hob eine Hand, um den Flüssigkeitszustrom abzubrechen. Dann schüttelte er den Kopf. Er sah schon deutlich lebendiger aus als noch vor wenigen Minuten.
    »Immerhin ein Anfang«, kommentierte der Sanitäter. »Weiter. Bett Drei.«
    Bett Drei war etwa zwei Meter entfernt. Oliviari half dem Sanitäter, den Läufer dort hinzuschleppen und aufs Bett zu legen. Die Haut des Mannes war grau, die Augen eingesunken. Er hatte es offensichtlich übertrieben. Oliviari fragte sich, ob sein Anzug eine Fehlfunktion gehabt, möglicherweise seine Temperatur nicht ordnungsgemäß kontrolliert oder ihn nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt hatte.
    »Danke«, sagte der Sanitäter und beugte sich über den Läufer. Keiner von ihnen achtete noch auf Oliviari, woraufhin sie sich wieder entfernte und in diesem Teil des Zelts umblickte.
    Die meisten Leute, die hier behandelt wurden, waren Männer, was in Oliviaris Augen nicht verwunderlich war. Das war schlichtes Losglück.

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