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Miles Flint 03 - Die Tödlichen

Miles Flint 03 - Die Tödlichen

Titel: Miles Flint 03 - Die Tödlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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nicht vorgehabt, sich als Terroristin brandmarken zu lassen oder in diesen Aufstand da draußen zu geraten – den Angriff auf sie und ihre Leute. Jemand hatte gewusst, dass der Anblick der Idonae jeden Menschen erschüttern musste, der auf Etae aufgewachsen war, umso mehr einen Menschen wie Gianni, der – wie Anatolya – ihre Grausamkeit am eigenen Leib hatte erfahren müssen.
    Gianni. Er musste irgendwo da draußen sein. Er war nicht die Art Mann, die einfach vom Erdboden verschluckt wurde.
    Es sei denn, sie hatten ihn getötet. Was für eine Ironie das wäre, wäre er hier getötet worden – im zivilisierten Teil des Universums –, nachdem in den Randkolonien niemand es geschafft hatte, ihn umzubringen. Dort hatten die Leute irgendwann begriffen, wie wahnwitzig es war, es weiter zu versuchen.
    Anatolya blinzelte angestrengt. Ihre Augen schmerzten, aber sie waren trocken. Sechzig Verwundete, ein Dutzend getötet; Namen wurden natürlich nicht bekannt gegeben, solange die nächsten Verwandten nicht unterrichtet worden waren – falls sie denn je unterrichtet werden würden. Keine Staatsangehörigkeit, keine Identifizierungsmerkmale welcher Art auch immer.
    Anatolya hatte eine Ahnung – mehr als eine Ahnung, eine annähernde Gewissheit –, dass ihre Leute zu diesem Dutzend gehörten. Aber vielleicht hatten ein oder zwei ja überlebt und gehörten zu den sechzig Verwundeten, so dass sie im Fall eines Gerichtsverfahrens als Sündenböcke herhalten konnten.
    Oder sie selbst würde den Sündenbock abgeben dürfen.
    Anatolya musste endlich raus aus dem Bett. Sie musste etwas essen, vielleicht doch noch ein bisschen schlafen und sich überlegen, was sie dem Komitee vorbringen wollte.
    Sie wusste, was sie sagen wollte. Sie wollte ihnen absagen, wollte ihre hochmütigen Gesichtersehen und jeden einzelnen von ihnen an die Schrecken der Vergangenheit ihrer eigenen Welten erinnern, an die Tatsache, dass keiner von ihnen seine Hände – so er welche hatte – in Unschuld waschen konnte.
    Aber das würde sie nicht tun. Gianni wäre dagegen gewesen. Und die anderen auch. Außerdem schuldete sie es nicht nur ihrem Team, sondern ihrem ganzen Volk, all den Menschen, für die ihre »Rebellenregierung« sich zu sorgen mühte, für die sie um die Chance kämpfte, Teil des intergalaktischen Wirtschaftssystems zu werden, um die technische Ausrüstung zu bekommen, die ihnen helfen würde, ihr Land wieder aufzubauen und die Minen zu entfernen, die die Idonae zurückgelassen hatten, und um das Überleben der Kinder zu sichern.
    Denn die Kinder machten Anatolya am meisten zu schaffen. Ihre großen Augen, ihre dunklen Gesichter, die durch die Entbehrungen viel zu schmal waren, ihre runden Bäuche, unter denen sich ihre Körper selbst verzehrten.
    All die medizintechnischen Errungenschaften des Universums konnten daran nichts ändern. Es lief auf das Gleiche hinaus wie schon vor Urzeiten: Menschen mussten sich ernähren können. Aber um sich zu ernähren, mussten sie in irgendeiner Form Einkommen erwirtschaften, was üblicherweise dadurch entstand, dass sie für sich selbst sorgten … ein Teufelskreis, jedenfalls auf Etae.
    Anatolya setzte sich auf. Das war es, was sie vorbringen würde, so nachdrücklich sie nur konnte.
    Sie würde ihre sorgfältig vorbereitete Rede verwerfen und ihnen die ganze Wahrheit über Etae erzählen.
    Zwei Drittel der Oberfläche ihres Planeten waren unwirtlich. Das verbliebene Drittel war im Krieg vergiftet worden: erst von den Idonae, die nach dem Sieg über die Ynnel den nördlichen Kontinent geplündert hatten; dann von der ursprünglichen Regierung der Menschen bei der Vertreibung der Idonae, die so sehr mit dem Land verbunden gewesen waren, dass das Land hatte zerstört werden müssen, um sie zu vernichten; und schließlich von ihrer eigenen Regierung, als diese mit Bodentruppen gegen einen gleichwertigen Feind gekämpft hatte. Einen Feind, der so lange gleich stark geblieben war, bis Gianni und sein Arzt die militärischen Modifikationen perfektioniert hatten, die Modifikationen, an deren Erwerb die Allianz interessiert war, die Modifikationen, die aus den einst geächteten Forschungen in Bezug auf die Physiologie der Idonae entwickelt worden waren.
    Ja, überwiegend hatte Anatolya der Allianz Horrorgeschichten zu erzählen. Aber es gab auch Geschichten, die vom Überleben handelten, genau wie ihre Ansprache. Und nun, da ihr Volk den Krieg hinter sich gelassen hatte, war das einzige, was sie anzubieten

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