Miles Flint 03 - Die Tödlichen
waren.
Das Gesicht des Mannes war nun direkt im Aufnahmebereich. Flint hatte ihn noch nie zuvor gesehen, doch das hatte nichts zu bedeuten. Er kannte schließlich nicht alle Kriminellen im Universum. Er kannte nicht einmal alle Kriminellen in Armstrong.
Die Lippen des Mannes bewegten sich. Seine Augen funkelten. Er erweckte den Eindruck, als spiele er ein Spiel und hätte irgendwie gewonnen.
Flint begriff nicht, warum Carolyn nicht noch einmal schoss, doch dann schwenkte die Kamera erneut ein wenig zurück.
Die sonderbar veränderten Arme des Mannes waren länger geworden. Er hatte nach der Waffe in ihrer Hand gegriffen und versuchte nun, sie ihr mit seiner rechten Hand zu entreißen.
Sie kämpfte und wich den Waffen aus, zu denen sich seine linke Hand entwickelt hatte. Aus den Fingern waren Messer geworden.
Flint hatte das Gefühl, als würde sein ganzer Körper vereisen. Sein Mund war wie ausgetrocknet, und er wollte den Blick abwenden, doch er konnte nicht.
Der Mann hatte sich selbst zu einer Mordmaschine modifiziert: eine lebendige Waffe, die irgendwie imstande war, mehr bittere Überraschungen hervorzubringen, als Flint sich je hätte vorstellen können. Carolyn schien das jedoch nicht zu schockieren. Sie hatte den Körper zur Seite gedreht, hatte offenbar in irgendeiner Weise mit den Veränderungen am Körper des Mannes gerechnet.
Flint fror das Bild ein und studierte den Mann für einen Moment. Abgesehen von seinen magischen Armen schien er menschlich zu sein. Aber Flint wusste, dass Modifikationen eine Vielzahl von Veränderungen erlaubten – sie hielten Leutejung, reparierten Körperglieder, ließen Augen nachwachsen.
Warum sollten sie dann nicht imstande sein, ein menschliches Wesen in ein wandelndes Waffenarsenal zu verwandeln?
Flint legte eine Kopie des erstarrten Bildes an und ließ die Aufnahme zu dem Punkt zurückfahren, an dem das Gesicht des Mannes besonders klar zu sehen war. Dann fertigte er auch von diesem Bild eine Kopie an. Beide speicherte er voneinander getrennt in der Absicht, sie durch die Verbrecherdatenbanken zu jagen, die er stets auf dem neuesten Stand hielt.
Dann, widerstrebend, ließ er die Aufnahme weiterlaufen.
Carolyn konnte die Waffe nicht länger halten. Der Arm des Mannes zischte zu seinem Körper zurück. Er wirbelte um die eigene Achse und jagte dem Richter einen Schuss in den Körper, sodass seine Leibesmitte ausbrannte wie zuvor die seiner Frau.
Der alte Mann blieb noch für einen Moment auf seinen Knien, ehe er nach hinten fiel. Seine Fersen bohrten sich auf widernatürliche Weise in seinen Rücken.
Carolyn schrie nicht. Sie sah nicht einmal hin. Stattdessen rannte sie zur Tür.
Der Arm des Mannes, nun wieder verlängert, schnappte sie vorher und zerrte sie zu ihm, als wäre sie eine widerstrebende Geliebte. Sein Arm schlängelte sich mehrfach um sie herum wie ein Seil, während er die Waffe noch immer in der rechten Hand hielt.
Er sprach mit ihr, war ihr ganz nahe, hielt aber das Gesicht von der Kamera abgewandt. Carolyns Miene blieb ausdruckslos. Seine andere Hand, die mit den messerartigen Fingern, zuckte hoch, doch sie rührte sich nicht.
Die Klingen bedrohten ihre Augen, und sie senkte nicht einmal die Lider.
Endlich packte der Mann sie mit der Linken, die nun wieder normal aussah, und schob sie weit genug zurück, dass sie in Reichweite jener kleinen Pistole war, die Flint ihr Tage zuvor überlassen hatte.
Der Mann sprach. Sein Kinn bewegte sich, aber seine Lippen waren nicht zu sehen.
Regungslos starrte Carolyn die Waffe an.
Der Mann sprach erneut, aber sie reagierte noch immer nicht.
Schließlich schoss er ihr mitten ins Gesicht.
Sie wurde zurückgeworfen, prallte gegen die Wand, glitt langsam zu Boden und hinterließ einen großen, verschmierten Fleck auf der Tapete.
Dieser Fleck war nicht am Tatort gewesen. Keiner der hier angefallenen Beweise war dort gewesen.
Flint schluckte schwer und starrte die Leiche an. Carolyn bewegte sich nicht, keine unwillkürlichen Zuckungen, wie sie bei so einem plötzlichen Tod manchmal auftreten konnten.
Wieder fror er das Bild ein.
Seine Hände zitterten, und er musste aufstehen. Eine Weile wanderte er durch sein kleines Büro und zwang sich, gleichmäßig zu atmen.
Hatte er das verursacht? Hatte er es, indem er sie gefunden hatte, diesem Mann – diesem Ding –leichter gemacht, sie aufzuspüren?
Carolyn war von dem Moment an sichtbar gewesen, da Flint sie auf die Emmeline gebracht hatte. Sicher, sie
Weitere Kostenlose Bücher