Miles Flint 04 - Das Marsgrab
treffender in »Zentralkolonien des bekannten Universums« umbenannt werden müssen, aber das war nicht nur arg prätentiös, es zeichnete auch kein adäquates Bild der Kolonien selbst.
Nun musste Flint uralte Datensätze durchsuchen, in der Hoffnung, dort irgendetwas über diese besondere Art von Kolonien zu erfahren. Solch eine Suche konnte Wochen dauern und einen Haufen Geld erfordern, bezahlt an eine Vielzahl verschiedener Leute, die behaupteten, über Wissen zu verfügen, was nicht in jedem Fall zuträfe. Flint musste diese Suche zudem innerhalb weniger Stunden durchführen, vielleicht innerhalb einiger Minuten.
Er musste sich in die spezielle Art der Koloniebewohner hineindenken – und in die Überlebenden des Marsmassakers, von denen viele vermutlich gerade dorthin gegangen waren, um für immer dem zu entkommen, was den Rest ihrer Familien umgebracht hatte.
Einige der Überlebenden konnten sich nicht weit vom Zentrum der besiedelten Welten entfernt haben. Jemand war sogar auf den Mars zurückgekehrt, falls tatsächlich einer der Überlebenden Jørgens Mörder sein sollte. Es musste also einige Überlebende in diesem Sonnensystem geben.
Flint musste sie nur finden.
Er wünschte nur, all das würde nicht gerade auf ihm lasten. Und er war nicht einmal sicher, ob seine Arbeit überhaupt einen Nutzen hätte. Niemand hatte mit den Disty gesprochen, seit die Krise angefangen hatte. Scott-Olson nahm lediglich an, dass das Ritual mit den Überlebenden funktionieren könnte, genau wie Flint selbst dergleichen nur vermuten konnte.
Er fischte im Trüben. Und er konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass er, sollte er überhaupt Erfolg haben, viel zu wenig viel zu spät zustande brächte.
38
R oderick Jefferson träumte von Tahiti, von der Sonne, die auf den Sand herabknallte, von Meerwasser, das warm und einladend seine Füße umspülte. Tahiti, ein kalter Ananastrunk und eine unbekannte Schöne in seinen Armen, eine Frau, die …
Plötzlich wurde er über den Teppichboden in seinem Appartement geschleift. Mehrere Personen – Menschen? – hielten seine Arme fest, zerrten ihn ins Badezimmer und packten ihn unter die eiskalte Dusche. Er brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass dies nicht Teil seines Traums war. Er war wach, er war nackt, und er fror erbärmlich.
»Sie wurden gerufen, Mr. Jefferson«, sagte ein Mann von der Größe eines Gorillas, der außerhalb der Dusche stand. Knapp außerhalb. Zwei Männer hatten sich in dem Badezimmer aufgebaut und blockierten den Ausgang. Aber sie hatten die Glastür der Duschkabine nicht geschlossen.
Sie starrten ihn an, als hätten sie noch nie zuvor einen nackten Diplomaten gesehen.
Er hatte Kopfschmerzen, auf seiner Zunge lag ein säuerlicher Biergeschmack, und seine Speicherlinks meldeten mit einem leisen Klingeln eine Vielzahl neu eingegangener Nachrichten. Mit einem einzigen Gedanken schaltete er den internen Signalton ab, aber das Klingeln hielt an.
Notfalllinks? Er schaltete auch die ab. Er hatte doch genügend Anweisungen erteilt, aber niemand beachtete sie. Verdammt! Mit einer Faust schlug er auf den Duschknopf und brachte das Wasser zum Versiegen. Dann rubbelte er sich das Gesicht trocken.
»Ich habe überall Bescheid gegeben, dass ich die nächsten zwei Wochen im Urlaub bin und nicht gestört werden darf. Ich reise in …«, er kontrollierte sein internes Netz, »… vier Stunden ab. Ich werde mich an einen warmen, tropischen Ort mit vielen nackten Weibern zurückziehen.«
Er hatte keine Ahnung, woher diese Schlägertypen gekommen waren oder wie sie es geschafft hatten, in sein Appartement einzudringen, aber sie waren umsonst gekommen, ganz gleich, was man ihnen gesagt haben mochte.
»Sir, es gibt eine Krisensituation …«
»Es gibt immer eine Krisensituation! Und dieses Mal darf sich Layne Naher darum kümmern. Ich brauche Urlaub.«
Auf Anweisung seines Arztes. Jefferson hatte zu viel gearbeitet. Seine eigene Psyche brach beinahe zusammen unter all der internen Kommunikation, dem Stress, den stets kritischen Verhandlungen mit Aliens, Aliens, Aliens – immer anders, immer gefährlich.
»Man hat uns angewiesen, Sie zu holen, egal was Sie tun. Wenn notwendig, werden wir Sie in Gewahrsam nehmen.«
Jefferson starrte die beiden Männer an. Erst jetzt erkannte er, dass sich noch drei andere im Badezimmer aufgebaut hatten. Sie trugen Schwarz, die Standardfarbe der menschlichen Sicherheitstruppen der Allianz.
»Wer zum Teufel sind Sie?«,
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