Miles Flint 04 - Das Marsgrab
vielleicht nicht. Wir haben keine Subkulturen, die sich mit Todesritualen herumschlagen, wie es die Disty tun. Sie haben Schicht um Schicht um Schicht. Es gibt Angehörige der Disty-Gesellschaft, die Aliens nie zu sehen bekommen. Disty-Diplomaten, die Umgang mit Aliens pflegen, stehen auf derselben sozialen Stufe wie die Angehörigen der Todesschwadronen, ganz einfach weil die Disty glauben, dass alle Außerweltler durch den Tod innerhalb ihrer Kulturen peripher kontaminiert sind. Die Diplomaten müssen große Reinigungsprozeduren durchlaufen, nur um mit normalen Disty in Kontakt treten zu dürfen. Das ist alles sehr kompliziert.«
Komplizierter, als DeRicci sich wünschen konnte. »Wie schnell muss ich handeln?«
»Wie viel Zeit bleibt, bis die Disty hierherkommen?«, wollte Menodi wissen.
»Es haben bereits Schiffe den Mars verlassen.«
»Dann hören Sie besser auf, mit mir zu reden!«, sagte Menodi. »Schicken Sie mir alle Informationen, die Sie haben! Ich werde sehen, was ich herausfinden kann.«
»Danke«, sagte DeRicci und meldete sich ab. Dann schickte sie eine Nachricht an Popova und wies sie an, wann immer es ihr möglich sei, alle nicht als geheim eingestuften Informationen an Menodi weiterzureichen. Doch im Augenblick genossen weitere Nachforschungen keinen Vorrang.
Vorrangig musste DeRicci handeln.
Sie stand vom Schreibtisch auf, ging zur Tür und riss sie auf. Popova saß an ihrem Schreibtisch und arbeitete an mehreren Schirmen zugleich. Ihr Mund war ebenfalls in Bewegung, was bedeutete, dass sie subvokale Nachrichten über einen Link schleuste.
»Wann ist das Treffen?«, fragte DeRicci.
Popova zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf. Niemand war zur Mitarbeit bereit.
DeRicci schloss die Tür wieder und schaltete den Ton ihres Wandschirms wieder ein. Ein Reporter erzählte ihr, dass einige Schiffe es inzwischen durch das Chaos rund um die nördliche Hemisphäre des Mars geschafft hätten.
Die Schiffe waren unterwegs. Vielleicht waren auch schon früher welche hinausgekommen, von denen vermutlich niemand berichtet hatte.
DeRicci blieben wahrscheinlich nur noch ein paar Stunden, bis die ersten Schiffe den Mondorbit erreicht hätten. Und es würde zwei Stunden dauern, bis eine Anordnung zur Schließung der Häfen umgesetzt werden konnte.
Ganz zu schweigen davon, wie viel Zeit es erfordern würde, mit den diversen Amtspersonen zu sprechen, und dabei war die Zeit, die notwendig wäre, um jeden Einzelnen zu überzeugen, nicht einmal einkalkuliert. Leider eine Sache, in der DeRicci besonders schlecht war.
Sie tippte mit einer Fingerspitze an ihre Zähne und bemerkte plötzlich die eigene nervöse Gestik. Auch sie war besorgt. Sie faltete die Hände zusammen, um sie ruhig zu halten.
Gleich welche Entscheidung sie auch träfe, es konnte nur schlecht ausgehen. Sollte sie die politisch korrekte Richtung einschlagen und versuchen, alle wichtigen Würdenträger und Amtsinhaber einzubinden, dann verlöre sie vielleicht den Spielraum, den sie brauchte, um eine Ausbreitung des Problems auf dem Mond zu verhindern. Flint hatte vor annähernd einer halben Stunde angerufen. Er war bereits von dem überzeugt gewesen, was er erfahren hatte, und sie, DeRicci, seine ehemalige Partnerin, vertraute ihm. Dennoch hatte sie sich einen eigenen Experten suchen, sich eigene Informationen besorgen müssen, ehe sie ihm wirklich hatte glauben dürfen.
Macht oder nicht, Richtlinien oder nicht, alles hing nun an ihr. Sie würde die Schritte einleiten müssen, um Leben zu retten. Um die Konsequenzen würde sie sich später kümmern.
Rudra, sendete sie an Popova, ich brauche Sie jetzt hier. Setzen Sie jemand anderen auf das Treffen an! Sorgen Sie dafür, dass man der Generalgouverneurin klarmacht, dass es am besten wäre, wenn sie persönlich herkäme.
Ich bin mitten …
Sofort, Rudra!, sendete DeRicci und meldete sich ab.
Sie trat ans Fenster, blickte hinaus auf die ruhige Straße. Immer noch gingen Leute vorbei, immer noch schwebten Luftwagen vorüber. Die Kuppel hatte ihre Farbe kaum merklich verändert, da es auf den Abend zuging.
Niemand schien bisher auf das Problem aufmerksam geworden zu sein. Wie sollte es auch anders sein? Wie Menodi gesagt hatte, die Disty waren schwer zu fassen. Selbst die Experten waren sich über sie nicht schlüssig.
»Ja?«, sagte Popova hinter ihr.
Verwundert, dass sie die Tür nicht gehört hatte, drehte sich DeRicci um. Sie war so in Gedanken versunken gewesen …
Sie
Weitere Kostenlose Bücher