Miles Flint 04 - Das Marsgrab
Augen an. »Wer ist sie dann?«
»Ich weiß es nicht«, sagte er. »Und wir werden es vielleicht nie erfahren. Da gibt es viele Identitäten, und soweit ich es sagen kann, wurden sie alle für eine dubiose Aktion nach der anderen angelegt.«
»Dubios«, wiederholte sie. »Sie meinen illegal.«
Er schüttelte den Kopf. »Anscheinend hat sie mit einem Team zusammengearbeitet, das nur zu gut wusste, wie man Gesetze zum eigenen Vorteil ausnutzen kann: Man umgeht die eigentliche Zielsetzung auf eine Art, die vor Gericht standhalten muss, vorausgesetzt, ein Fall landet überhaupt je vor Gericht.«
»Wie der der M’Kri-Stammesangehörigen«, ergänzte Costard.
»Exakt.« Flint überquerte eine weitere Straße mit dem Ziel, auf einen der vielen Wege einzubiegen, die sich über den Hauptcampus der Universität zogen. »Und das ist das Problem. Ich glaube, sie hat die Familie, die in den Gerichtsakten erwähnt wird, erfunden, um von sich selbst abzulenken.«
»Erfunden.« Costard hauchte das Wort nahezu tonlos. In der Nähe einiger Eichen blieb sie stehen. Die Eichen waren echt und wurden von der Umweltbehörde gepflegt. »Sie kann sie nicht nur erfunden haben! Ihr Becken weist Spuren von Geburten auf.«
Nun blieb auch Flint stehen. »Was?«
»Das Becken einer Frau verrät, wie viele Male sie niedergekommen ist. Jørgens Becken passt zu den Akten. Sie hatte mit Gewissheit zwei Kinder.«
Er sah sich um. Niemand hielt sich in ihrer Nähe auf. Flint hatte Costard aus gutem Grund hierher gebracht: Auf dem Campus gab es Nischen, die frei von jeglichen Datenverbindungen waren.
»Tja«, meinte er, »die Familie taucht nur in den Gerichtsdokumenten auf. Die übrigen Informationen, die ich über Lagrima Jørgen ausgegraben habe, erwähnen keine Familie – aber das hätten sie tun müssen.«
»Das ist unmöglich! Sie hatte Kinder.«
»Aber wir wissen nicht, ob sie sie auch aufgezogen hat. Wir wissen nicht einmal, ob diese Kinder überhaupt die ersten Jahre ihres Daseins überlebt haben.«
Eine junge Frau, die einen Stapel alter Dokumente trug, kam aus einem nahen Gebäude und ging den Weg hinunter.
»Wir müssen weiter«, sagte Flint.
Costard stierte ihn an, als habe er von ihr verlangt, am Mondmarathon teilzunehmen. »Ich bin fertig mit diesem Gespräch.«
»Nein«, widersprach er ihr. »Ich muss Ihnen noch ein paar Dinge sagen.«
»Sie haben doch bereits gesagt, dass Sie den Fall nicht übernehmen. Sie haben bereits gesagt, dass die Dinge noch viel schlimmer liegen, als ich gedacht habe. Was wollen Sie mir jetzt noch erzählen?«
»Gehen wir.« Er winkte ihr zu, weiterzugehen zu einem umschlossenen Gebiet zwischen den natürlich gewachsenen Bäumen. Es war ein umgebautes Treibhaus mit offenen Seiten. Das Treibhaus war nicht wie die außerhalb der Kuppel darauf ausgelegt, Nahrungsmittel zu züchten. Hier gab es nur grüneBlattpflanzen, die einen arg verwilderten Eindruck vermittelten. Die Universität hatte Dutzende dieser offenen Treibhäuser auf ihrem Campus. Während der letzten paar Jahre hatten ihre Umweltwissenschaftler mit der Produktion reinen Sauerstoffs experimentiert.
Dies war ein natürlich belassener Bereich in der Nähe von Bäumen, die vor mehreren Jahrzehnten von einigen Studenten der Umweltwissenschaften angepflanzt worden waren. Die Jungakademiker waren überzeugt davon gewesen, dass es um die Kuppel besser bestellt wäre, würden Grünpflanzen den Innenbereich beherrschen. Flint wusste, da er sich umfassend über dieses Thema informiert hatte, dass die Naturtreibhäuser mit altmodischen Systemen arbeiteten – keine Automation irgendwelcher Art. Die Pflanzen wurden von Hand gegossen, wurden von Hand gedüngt und von Hand gezogen.
In der Nähe dieser Gewächshäuser waren keine elektrischen Gerätschaften gestattet, und sogar die Kameras, die das Wachstum der Pflanzen von Augenblick zu Augenblick im Bild festhielten, mussten aus einer Entfernung von mindestens sechs Metern filmen. Da frühere Studien gezeigt hatten, wie empfindlich Pflanzen auf das reagierten, was Menschen als weißes Rauschen bezeichneten, war auch der Betrieb künstlicher Geräuschquellen in der näheren Umgebung untersagt.
Handgemalte Schilder im Gras forderten jeden, der das Gebiet betrat, auf, seine Links auszuschalten, und drohten mit hohen Geldbußen im Falle der Zuwiderhandlung. Costard hatte vor dem Bereich kehrtgemacht, aber Flint legte ihr eine Hand auf den Rücken.
»Schalten Sie Ihre Links ab!«, forderte er sie
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