Miles Flint 04 - Das Marsgrab
war hier passiert.
Alles nur Kleinigkeiten, aber wichtig, vor allem, wenn es um einen Vergeltungsmord ging. Vergeltungsmorde waren in erster Linie Show, dazu angetan, als Warnung für andere zu fungieren, die gegen die Gesetze der Disty verstoßen hatten oder dergleichen zu tun beabsichtigten.
Das hier schien beinahe zu geheimnisvoll. Der falsche Ort, kein Disty, das in der Umgebung gesehen worden wäre, keine unmittelbaren Hinweise darauf, dass Disty die Verantwortung für diese Tat für sich beanspruchten.
Irgendetwas stimmte hier nicht, aber es war nicht das, was die Medien vermuteten. Es gab Tausende von Leuten wie Costard in Armstrong, aber Costards Tod war ein ganz neuer Dreh, einer, der DeRicci gar nicht gefiel.
Nyquist stand schweigend da, wartete darauf, dass DeRicci zuerst das Wort ergriff. Er hatte ihr vom ersten Moment an gefallen. Er hatte breite Schultern, dunkle Haut und bläulich schwarzes Haar, das bereits dünner wurde: Offensichtlich machte er sich nicht viel aus kosmetischen Modifikationen, obwohl sie sich fragte, ob sein muskulöser Körperbau nicht doch ebenso sehr ein Produkt künstlicher Hilfsmittel wie harter Arbeit war.
»Wie viele Vergeltungsmorde haben Sie schon bearbeitet?«, fragte sie.
Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht ein Dutzend, vielleicht auch ein paar mehr.«
»Erzählen Sie mir von diesem!«
Er sah sich zur Tür um und dann zu den Grünschnäbeln, die still in der Nähe von DeRiccis Wagen verharrten. Da waren noch andere Streifenbeamte. Mit denen würde DeRicci später noch sprechen, um herauszufinden, wer die Leiche gefunden hatte; die Eigentümer des Büros waren es jedenfalls nicht gewesen.
»Das ist kein Vergeltungsmord«, sagte er. »Darauf setze ich meine ganze Karriere.«
»Warum?«, fragte sie.
»Details«, sagte er. »Sie waren nicht ganz drin.«
Betont musterte er ihre Schuhe, die sie mit geborgten Beweismittelbeuteln verhüllt hatte. Dann ließ er seinen Blick über ihre Kleidung aufwärtswandern, bis er ihr Gesicht erreicht hatte.
Offensichtlich verstand er, warum sie nicht in das Blut getreten war.
»Nein, ganz drin war ich wirklich nicht«, sagte sie, sorgsam darauf bedacht, keinen defensiven Tonfall anzuschlagen.
»Die Disty arbeiten präzise. Wenn sie ein Stück Darm an die Wand hängen, dann halten sie einen ganz bestimmten Abstand zum Boden ein. Das nächste Stück daneben wird in einem leicht veränderten Abstand angebracht. Das Ganze folgt einem Muster.«
»Ebenso wie alles dabei einem Muster folgt«, gab DeRicci ihm Recht. Das war also das, was sie beunruhigt hatte: Das Muster passte nicht.
»Hier aber gibt es kein Muster«, sagte er. »Es ist, als hätte jemand einer anderen Person einen Vergeltungsmord beschrieben, die nie einen gesehen hat, und diese Person hat dann versucht, einen Vergeltungsmord zu imitieren.«
»Sind Sie ganz sicher?«, fragte DeRicci.
»Wenn Sie mir nicht glauben, dann sehen Sie sich einfach die Schnittwunden an! Wer immer das getan hat, hat keine Disty-Klinge benutzt. Das Ding hat Grate. Die Wundränder sind gezackt.«
Die Bedeutung seiner Worte gefiel DeRicci nicht. »Sind die Medien im Fall Costard über alles informiert?«
»Über alles, das wir im Moment wissen, was nicht viel ist«, erwiderte er. »Ich hatte noch keine Zeit, viel mehr zu tun, als Verstärkung zu rufen, eine Absperrung aufzubauen und mir den Tatort anzusehen.«
»Wo ist Ihr Partner?«, fragte DeRicci.
»Hab gerade keinen.« In seinem Ton lag eine vertraute Erbitterung. DeRicci selbst hatte sich dieses Tonfalls häufig bedient, wenn sie gerade einen Partner losgeworden war und darauf gewartet hatte, einen neuen zugeteilt zu bekommen. »Hab mir die Sache auf dem Heimweg eingefangen.«
Sie nickte. »Haben Sie Kontakt zu den Disty aufgenommen?«
»Ich habe das Hauptquartier informiert«, antwortete er. »Die haben da ein paar Spezialisten, die jetzt Kontakt zu den Außerirdischen aufnehmen. Man hat mir gesagt, ich solle nicht zu viel davon erwarten. Auf dem Mars gibt es irgendeine Art von Krise. Ich habe die Nachrichten nicht gesehen, aber ich schätze, die Diplomaten und die Experten auf Seiten der Disty sind gerade so oder so in heller Aufregung.«
»Toll«, murmelte DeRicci resigniert.
»Ehrlich«, sagte er, »mit Ihnen habe ich hier nicht gerechnet. Vermissen Sie die alte Detective-Arbeit?«
Sie vermisste sie, umso mehr jetzt, da sie sich an einem Tatort aufhielt. Diese Art der Arbeit hatte sie ganz bestimmt lieber getan, als
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