Miles Flint 05 - Paloma
persönlichen Systemen löschen.
Ihm war bewusst, wie das alles allmählich aussehen musste. Wäre er der ermittelnde Beamte, er würde seine Vorgehensweise von Augenblick zu Augenblick als verdächtiger einstufen. Aber das Risiko musste er auf sich nehmen. Er wusste nicht, was Paloma ihm hinterlassen hatte – jedenfalls nicht in Hinblick auf Informationen – und er musste die Hinterlassenschaft dennoch schützen.
Flint verließ Terminal 25 im Laufschritt. Er konnte sich jetzt nicht wie ein reicher Jachtbesitzer verhalten. Er musste Gefälligkeiten aus seiner Zeit bei Space Traffic Control abrufen, falls er noch etwas gut hatte. Allzu viele Polizisten aller Dienstgrade verabscheuten Lokalisierungsspezialisten so sehr, dass sie vielleicht nicht mehr bereit waren, ihm zu helfen, selbst wenn er ihnen in der Vergangenheit das Leben gerettet hatte.
Er lief die rückwärtigen Korridore hinunter, zu denen Zivilisten eigentlich keinen Zutritt hatten. Niemand hielt ihn auf. Die Sicherheitssysteme, die darauf ausgelegt waren, Zivilisten fernzuhalten, waren entweder nicht auf dem neuesten Stand, oder niemand hatte sich die Mühe gemacht, sein Profil aus dem System zu löschen.
Flint hegte den Verdacht, dass die Sache sogar noch einfacher war. Er bezweifelte, dass wirklich überall im Hafen ein so hoher Sicherheitsstandard eingehalten wurde. Er glaubte seit langer Zeit, dass die Schilder, die über jedem Eingang verkündeten, dass es diese Sicherheitseinrichtungen gäbe, zugleich den einzigen Teil dieses Sicherheitssystems darstellten, der tatsächlich installiert worden war.
Er musste beinahe fünfzehn Minuten gehen, stets gezwungen, den Kopf einzuziehen, sobald er Raumpolizisten oder Hafenpersonal begegnete, bis er das Verwaltungszentrum des Hafens erreicht hatte. Bürokraten aller möglichen Behörden unterhielten hier ein Büro. Das Zentrum lag ganz in der Nähe des Haupteingangs und verfügte über ein höchst offiziell erscheinendes Leitsystem – mit einer dem jeweiligen Sachgebiet angepassten Anzeige –, das versuchte, ihm den rechten Weg zu weisen.
Es gab sogar Robothilfskräfte, von denen eine Flint in Empfang nahm. Er forderte den Bot auf, etwas anatomisch Unmögliches zu tun, und ging vorbei, während das Gerät damit beschäftigt war, eine angemessene Reaktion zu berechnen.
Ordnungsgemäß hätte er direkt zur Hafenbehörde gehen und sich nach der für konfiszierte Schiffe zuständigen Einheit erkundigen müssen. Stattdessen ging er zum Hafenhauptquartier von Space Traffic Control.
Hauptquartier hörte sich sehr offiziell an, doch dem war nicht so. Space Traffic verfügte über einen großen Raum, der als Großraumbüro fungierte, wenngleich der größte Teil der Verwaltungsarbeit außerhalb des Hafens erledigt wurde.
Der Raum war mit Dutzenden von Fenstern ausgestattet, die alle auf den Gang hinausführten. Hinter dem Empfangstisch befand sich eine Wand, an der die diversen Schiffe, die hier gelandet waren, als dieser Teil des Hafens erbaut worden war, auf einem Wandbild dargestellt wurden. Das Bild sah vergilbt und zerschlissen aus, weniger schön anzusehen, als Flint es in Erinnerung hatte. Der Raum selbst kam ihm auch kleiner vor als früher.
Dies war einmal das Zentrum des Universums gewesen. Nun wirkte es winzig, schäbig, ein Raum am Ende eines langen Korridors auf der Rückseite eines veralteten Hafengebäudes.
Der Mann hinter dem Empfangstisch war klein und ältlich. Er hatte ein runzliges Gesicht und eine glänzende Glatze. Flint lächelte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Murray immer noch im Dienst war. Murray war schon im Rentenalter gewesen, als Flint bei Space Traffic angefangen hatte.
»Du«, sagte Murray und zeigte mit dem Finger auf Flint, »solltest gar nicht hier sein.«
»Ich weiß«, entgegnete Flint.
»Hab gehört, du bist auf die andere Seite gewechselt.«
»Ich bin Lokalisierungsspezialist, falls du das meinst«, sagte Flint.
Murray wedelte abwehrend mit einer knochigen Hand. »Ich rede nicht mit Kriminellen.«
»Ich bin kein Krimineller.«
»Aber du hilfst ihnen.«
»Ich finde sie«, korrigierte Flint.
»Und lieferst sie nicht aus. Das ist Verdunkelung oder Beihilfe nach begangener Tat, genau das ist es. So was brauche ich in meinem Teil des Hafens nicht.«
Flint schluckte. Er hatte mit so etwas gerechnet, aber nicht von Murray, der immer so nett zu ihm gewesen war.
»Wir könnten eine philosophische Diskussion über die mangelnde Fairness im Rechtssystem
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