Miles Flint 05 - Paloma
vorzuführen und anschließend zu erklären, was er über die Lost Seas hatte in Erfahrung bringen können. Beinahe rechnete er schon damit, van Alen würde ihre Besprechung vorzeitig für beendet erklären, ihm sagen, seine Zeit wäre abgelaufen, und er müsse einen weiteren Termin vereinbaren.
Stattdessen schenkte sie ihm ihre volle Aufmerksamkeit und unterbrach ihn nur, um ihm dann und wann eine Frage zu stellen.
Als er fertig war, legte sie die Fingerspitzen an die Schläfen und runzelte die Stirn. »Halten Sie es wirklich für so wichtig, vor den Wagners auf die Lost Seas zu gehen? Die unterliegen denselben Quarantänebeschränkungen wie Sie selbst.«
»Ich halte es für sehr wichtig«, sagte Flint.
Sie seufzte leise. »Es wäre möglich, dass Sie auf diese Weise alle möglichen schrecklichen Krankheiten oder irgendetwas anderes freisetzen, dessen Auswirkungen wir uns bisher nicht einmal vorstellen können.«
»Oder es ist lediglich ein Bluff«, gab er zurück. »Ein Trick, um die Leute von dem Schiff fernzuhalten.«
Sie musterte ihn mit ernster Miene. »Dann hätte Paloma das einfädeln müssen.«
»Möglich«, sagte er. »Oder es waren die Wagners persönlich.«
»Ich dachte, Sie hätten gesagt, die Quarantäne sei schon vor einiger Zeit über das Schiff verhängt worden.«
»Das stimmt.«
Van Alen tippte mit den Fingerspitzen auf die Schreibtischplatte. Sie war eine aktive Denkerin und die Geste möglicherweise ein einstudiertes Signal, das dazu diente, ihren Klienten zu verdeutlichen, dass sie ihr einen Moment Zeit lassen sollten, damit sie darüber nachdenken konnte, was sie zum jeweiligen Thema sagen sollte.
»Für mich ergibt das keinen Sinn«, verkündete sie schließlich. »Wenn mehrere Jahre vergangen sind, kann jeder eine Quarantäne anfechten.«
»Auch dann, wenn er nicht der Eigentümer des Schiffs ist?«
Van Alen nickte. »Dann ist immer noch die Einwilligung des Eigners nötig, um das Schiff zu betreten, aber so etwas könnte die Kanzlei bestimmt umgehen.«
Flint erhob sich. Für ihn hatte die Besprechung schon zu lange gedauert. »Ich könnte Widerspruch gegen die Quarantäne einlegen.«
»Das würde ewig dauern«, sagte van Alen, »und eine Menge Interesse an dem Schiff auslösen. Das wäre nicht in Ihrem Interesse.«
»Sehen Sie? Die Quarantäne funktioniert also. Und Paloma hätte die gleichen Probleme damit gehabt.«
»Die Wagners möglicherweise auch«, sagte van Alen. »Und jeder andere, der an Bord dieses Schiffes will.«
Flint ging zur anderen Seite des Raums, schob sich hinter eine große, echte (was ihn überraschte) Pflanze und einen Polstersessel und lehnte sich an die Wand. Ganz in der Nähe des Sessels befand sich eine Fußbank, und auf einem Tisch, nicht weit entfernt, standen etliche leere Gläser.
Das war der Teil des Raums, in dem van Alen den größten Teil ihrer Arbeit erledigte.
Sie sagte nichts, während er sich dort aufhielt, wollte vermutlich seine Aufmerksamkeit nicht auf die Bedeutung dieses Teils des Raums lenken.
»Warum hätte sie mir diesen Punkt verschweigen sollen?«, fragte er, ohne van Alen direkt anzusehen. »In ihrem Hologramm. Warum hat sie mir über das Hologramm nichts von der Quarantäne erzählt?«
»Sie kannten Sie«, sagte van Alen leise. »Ich nicht.«
Er schüttelte den Kopf. »Das macht mir am meisten Kummer. Sie hat mir gesagt, ich soll die Informationen von dem Schiff holen, sie wusste von diesem erheblichen Hindernis, und dann hat sie es mit keinem Wort erwähnt.«
»Vielleicht dachte sie, Sie könnten die offiziellen Wege mit Hilfe ihrer Polizeierfahrung umgehen. Immerhin haben Sie selbst so gedacht.«
Er seufzte und drehte sich um. Sie beobachtete ihn von ihrem Schreibtisch aus wie eine Katze. Abgesehen von den trommelnden Fingern – die inzwischen auch innegehalten hatten – hatte sie sich die ganze Zeit nicht gerührt.
»Das habe ich«, sagte er. »Und Sie haben Recht. Sie hat oft genug miterlebt, wie ich die offiziellen Wege umgangen habe.«
»Das gehört nicht zu den Dingen, von denen Sie Ihrem Anwalt erzählen sollten«, sagte van Alen steif.
Flint zog die Brauen hoch. »Ich dachte, alles, was hier drin besprochen wird, ist vertraulich?«
»Ich möchte nur nicht in zu viele Dinge hineingezogen werden. Glauben Sie es oder nicht, aber auch Anwälte haben ethische Ansprüche.«
»Manche Anwälte«, sagte er.
»Genau wie manche Lokalisierungsspezialisten«, blaffte sie.
Er fühlte, wie ihm die Hitze in die
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