Miles Flint 06 - Kallisto
Reichweite verharrte wie ein eifriger Welpe, der begierig darauf wartete, von seinem Herrn gerufen zu werden.
Sie beantwortete die Frage nicht. Statt dessen wartete sie darauf, dass er ihr von dem Konter der Gegenseite erzählte.
»Sie haben eine Vereinbarung geschickt«, sagte er, »die Rhonda Shindo angeblich vor über einem Jahrzehnt unterzeichnet hat, bevor sie zum Kallisto gezogen ist und vielleicht sogar, bevor sie bei Aleyd angefangen hat, und diedem Unternehmen das Recht einräumt, die Vormundschaft über alle Minderjährigen und/oder Abhängigen zu übernehmen, sollte Rhonda Shindo verschwinden, sterben oder aus anderen Gründen ihrer Fürsorgepflicht nicht nachkommen können, solange sie in Diensten von Aleyd steht.«
»Das kann doch nur ein Witz sein«, entgegnete Gonzalez.
»Nein.« Er lehnte den Kopf an die Rückenlehne der Couch und starrte zur Decke hinauf. Sie verzichtete darauf, nachzusehen, ob die Kuppelfarbe sich geändert hatte oder ob er den Jupiter sehen konnte.
»Warum sollte ein Unternehmen daran interessiert sein, die Macht über die Mündel ihrer Mitarbeiter zu übernehmen?«
»Das ist die Frage, nicht wahr?«, sagte er. »Ich habe bisher keinen Grund dafür gefunden, aber ich habe auch erst angefangen, mir die Sache anzusehen. Ich bin nicht einmal sicher, ob das eine Standardklausel in den Verträgen von Aleyd darstellt, aber das sollte nicht schwer herauszufinden sein. Ich werde einen unserer Mitarbeiter darauf ansetzen.«
»Aleyd erhält eine dauerhafte Vormundschaft?«, fragte Gonzalez, deren Gedanken immer noch um diesen Punkt kreisten.
»Eine temporäre. Bis das Problem beigelegt ist.«
»Und wenn es nicht beigelegt werden kann?«
Er zuckte mit den Schultern. »Dann, nehme ich an, wird die Vormundschaft von Dauer sein.«
»Interessant.« Gonzalez führte die gleiche Geste aus,die Oberholst zuvor gemacht hatte, und tatsächlich trat erneut ein Tablett in Erscheinung. Sie legte den Apfelbutzen darauf und winkte dem Ding zu, auf dass es verschwinde. Das Tablett schien zu erkennen, dass es sich bei dem Apfelrest um Müll handelte, und es schwebte von dannen. »Welchen Status haben Klone im Valhalla Basin?«
»Können sie als Minderjährige oder Abhängige gelten?«, gab Oberholst zurück. »Das ist die erste Frage, die wir stellen müssen.«
»Und wie lautet die zweite?«
»Kann ein Vormundschaftsantrag von anderer Seite Vorrang vor den Ansprüchen von Aleyd haben?«
»Das hört sich an, als würden Sie die Antwort bereits kennen.«
»Das täte ich, wäre Talia Shindo kein Klon. Rhonda Shindo ist geschieden. Ihr Ehemann hat seine Rechte als Elternteil nie aufgegeben.«
»Weil das Originalkind gestorben ist, richtig?«
Oberholst maß Gonzalez mit einem schiefen Blick, antwortete aber nicht. »Es gibt noch eine dritte Frage«, fuhr er fort.
»Kann Talia Shindo schon mit dreizehn vorzeitig für volljährig erklärt werden?«
»Ah, das ist die vierte Frage«, sagte er in einem Ton, der ihr verriet, dass er daran nicht gedacht hatte. »Die dritte ist, ob Aleyd gemäß der Gesetze der Allianz dazu berechtigt ist, in ihren Arbeitsverträgen Vereinbarungen betreffend einer lebendigen dritten Partei zu treffen, ohne dass diese die Erlaubnis dazu erteilt.«
Gonzalez seufzte. »Es hört sich an, als hätten wir genug, um Aleyd vor Gericht zu beschäftigen, während die Polizei Rhonda Shindo sucht. Aber das hilft uns nicht dabei, Talia aus dem Polizeigewahrsam herauszuholen.«
»Daran habe ich auch schon gedacht«, erwiderte Oberholst, »und ich habe eine Gesetzeslücke gefunden.«
Gonzalez lächelte. Einer seiner Mitarbeiter hatte vermutlich eine Gesetzeslücke ausgemacht, aber Oberholst strich gern selbst die Lorbeeren dafür ein.
»Gemäß den Gesetzen der Allianz«, sagte er, »kann keiner der beteiligten Parteien in einem längeren Sorgerechtsverfahren eine vorübergehende Vormundschaft über die minderjährige Person eingeräumt werden. Eine dritte Partei muss sich der minderjährigen oder abhängigen Person annehmen, bis der Rechtsstreit beigelegt worden ist. Denken Sie, die Eltern einer Freundin von Talia Shindo könnten als Repräsentationsfiguren einspringen?«
»Das bezweifle ich«, antwortete Gonzalez. »Dies ist eine Unternehmensansiedlung, und niemand hier ist daran interessiert, sich in eine Auseinandersetzung zwischen Aleyd und irgendwelchen Fremden vom Mond hineinziehen zu lassen.«
Er nickte. »Dann lassen wir jemanden von Armstrong einfliegen. Jemanden, der
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