Miles Flint 06 - Kallisto
Teil von Io geplant hatte, um nachzusehen, was dort zu holen war.
Nachdem die Angehörigen alles in Schutt und Asche gelegt hatten, glaubte er nicht mehr, dass dort noch etwas von Wert zu finden wäre, also hatte er es gar nicht erst versucht.
Und nun war er doch hier. Die Landung war beängstigend gewesen. Dies war das erste Mal, dass er versucht hatte, das Schiff ohne die Unterstützung eines Copiloten oder eines Raumlotsen in einen Hafen zu steuern. Zum ersten Mal bedauerte er, dass Nafti tot war.
Aber Yu schaffte es. Als das Schiff auf der altmodischen Landerampe aufsetzte, die ihm durch helle Lichter überall um das Schiff herum anzeigte, dass er sicher gelandet war, war er überaus erleichtert.
Hätte er jedoch heimlich landen wollen, so wäre dies nicht der richtige Ort gewesen.
Glücklicherweise konnte er auf Geheimhaltung verzichten. Er hatte die Gyonnese bereits wissen lassen, dass er kam.
Sie waren die Einzigen, die Interesse an diesem Ort hatten. Zu viele Menschen waren hier gestorben, und obgleich die ganze Umgebung dekontaminiert und die Häuser teilweise wieder aufgebaut worden waren, wollte niemand, der regelmäßig Geschäfte mit Menschen machte, irgend etwas mit diesem Gebiet zu tun haben.
Für die meisten Leute war dieser Ort verflucht – doch nicht die verstorbenen Kolonisten trieben hier ihr Unwesen, sondern die Pandemieviren, die sie getötet hatten. Alle Unterlagen, die er studiert hatte, klärten darüber auf, dass die Pandemie auf eine bestimmte Kuppel begrenzt gewesen war, die längst zerstört, deren Inneres ungeschützt der Atmosphäre preisgegeben war.
Er würde nicht einmal in die Nähe des Gebiets gehen, aber auch er fühlte sich ein wenig unbehaglich, dabei glaubte er uneingeschränkt daran, dass das Virus längst tot war.
Er sah sich über die Schulter zu Rhonda Shindo um. Sie war bewusstlos. Er hatte sie in eine mobile Box gepackt, die aussah wie ein Kälteschlafbehälter. Ihr Gesicht sah immer noch ein wenig zerschlagen aus. Die Schäden waren offenbar ziemlich schlimm gewesen. Oder die Nanobots, die er benutzt hatte, hatten nicht so gut funktioniert, wie er erwartet hatte.
Auch klebte Blut an ihrer Kleidung, die an einer Seite aufgerissen war. Er hatte nicht daran gedacht, Ersatzkleidung für sie mitzunehmen, und er hatte ganz gewiss keine Lust, die bewusstlose Frau umzuziehen. Also beließ er es bei den mitgenommenen Kleidungsstücken und hoffte, dass die Gyonnese nicht genug über Menschen wussten, um sich Gedanken darüber zu machen, dass ihre Kleidung reichlich kaputt aussah.
Inzwischen wünschte er, er hätte sich wenigstens einen Teil seines Honorars im Voraus auszahlen lassen. Er hätte Kontakt zu den Gyonnese hergestellt und ihnen mitgeteilt, dass sie den Rest auf sein Konto überweisen sollten, hätte die Box von Bots ausliefern lassen und wäre wieder verschwunden.
Aber das konnte er nicht tun. Er musste sicherstellen, dass er bezahlt wurde, und das war die einzige Möglichkeit. Er fürchtete, sie würden sich über ihren physischen Zustand beklagen. Theoretisch hatte er die Vereinbarung mit den Gyonnese gebrochen, und er hatte in der Vergangenheit oft genug mit ihnen zusammengearbeitet, um zu wissen, wie pingelig sie sein konnten, weshalb ihm das zerschlagene Gesicht Sorgen bereitete.
Er hätte sie noch ein bisschen länger behalten und einen der medizinischen Avatare anweisen können, irgendwelche Modifikationen in ihrem Gesicht vorzunehmen. Dann hätte er nur noch darauf warten müssen, dass die Modifikation Wirkung zeigte. Aber er wollte endlich sein Geld.
Mehr noch, er wollte sie endlich los sein.
Er schaltete alle Schiffssysteme mit Ausnahme der unverzichtbaren aus. Dann berührte er die Seite der Box und aktivierte den Schwebemechanismus. Er schickte sie zum nächsten abwärts führenden Schacht und folgte ihr, gepeinigt von dem Gefühl, er ginge zu seiner eigenen Hinrichtung.
Von nun an würde er seinen Instinkten vertrauen. Von nun an würde er nur noch mit nicht empfindsamen Kreaturen oder toten Gegenständen arbeiten. Er würde seine Werbebotschaften korrigieren, um eindeutige Aussagen zu verbreiten. Derzeit besagte die Werbung, er würde alles beschaffen. Künftig würde sie verkünden, er würde mit Ausnahme empfindungsfähiger Kreaturen alles beschaffen.
Obwohl sie im Moment nicht so aussah, als empfände sie etwas. Sie sah aus wie ein Ding: eine Puppe mit dem Aussehen einer Frau in mittleren Jahren mit einem kaputten Gesicht, die still in
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