Miles Flint 06 - Kallisto
Labor.
»Du hast lange gebraucht, um dorthinzugehen«, sagte er. »Was macht die überhaupt da unten?«
Etwas fühlte sich falsch an. Er konnte nicht recht sagen, was es war – vielleicht ein ungewöhnlicher Geruch, ein Geräusch –, aber was es auch war, es veranlasste ihn, sich umzudrehen.
Gerade noch rechtzeitig, um einer Injektion mit einer hypodermischen Spritze zu entgehen.
Die Frau stand vor ihm, das Haar fiel ihr ins Gesicht, die Haut war von roten Pusteln bedeckt, und ihre Augen flackerten. Nun ließ sie die Spritze fallen und griff nach etwas an ihrem Gürtel.
Er versuchte, sie zu packen.
Sie schlug nach ihm, und er schrie auf. Schmerz brannte in seiner Handfläche.
Sie hatte ein Laserskalpell in der Hand.
Fluchend wich er zurück. Ein Laserskalpell taugte nur als Nahkampfwaffe. Seine Hand konnte er nicht mehr gebrauchen. Blut troff von ihr herab. Seine Finger schmerzten, und zwei konnte er nicht mehr beugen.
Sie hatte irgend etwas durchtrennt.
»Was zum Teufel machen Sie denn?«, fragte er, ohne seinen Rückzug zu unterbrechen, während sie, das Skalpell wie ein Messer in der ausgestreckten Hand, auf ihn zukam.
»Ich rette mich«, sagte sie.
»Wo ist Nafti?«
»Krankenstation«, antwortete sie, und er konnte an ihrem Ton erkennen, dass Nafti ihren Angriff nicht überlebt hatte.
Sie stürzte sich auf ihn, und er wich nach rechts aus und packte mit links ihr Shirt. Weitere Spritzen fielen zu Boden. Sie wirbelte herum, schlug mit diesem bösartigen Laser um sich. Er traf ihn an der Seite – Yu fühlte das Brennen, wusste aber, dass der Schnitt nicht so tief war wie der an seiner Hand.
Dann riss er sie an ihrem Shirt zu sich, ließ wieder los und fürchtete für einen winzigen Augenblick, sie hätte nicht das Gleichgewicht verloren. Aber sie hatte. Er packte sie an den Haaren und zerrte ihren Kopf nach hinten.
Er trat ihr mit dem Fuß in die Kniekehlen, zwang sie zu Boden. Sie schlug wieder zu. Dieses Mal erwischte sie seinen Oberschenkel, und der Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen.
Für einen Moment breitete sich ein Gefühl der Überraschung in ihm aus – womöglich konnte sie aus diesem Kampf wirklich als Siegerin hervorgehen –, und dann schlug er ihr das Gesicht an die Seitenwand der Konsole.
Ihr Körper erschlaffte, aber er traute ihr nicht, also schlug er ihr Gesicht noch einmal an die Konsole. Und dann noch einmal, einfach, weil er wütend war.
Blödes Weib.
Er ließ ihr Haar los, und sie fiel einfach um. Dann trat er sie in den Bauch.
Sie rührte sich nicht.
Sie war bewusstlos.
Er schnappte sich das Laserskalpell und seine Freunde – sie hatte noch zwei weitere unter ihrer Kleidung versteckt – und natürlich die Spritzen. Er fand auch Cydoleenpillen, ein extrem starkes Antitoxin. Die ließ er in ihrer Brusttasche.
Dann durchsuchte er sie noch einmal eingehend und fand noch zwei Skalpelle – eines an der Wade, ein anderes zwischen ihren Brüsten.
Er legte all die provisorischen Waffen zur Seite, zerrte sie zu einem Stuhl auf der anderen Seite der Brücke und warf sie auf die Sitzfläche. Sie kippte zur Seite. Er hielt sie an der Kehle fest und war nicht wenig geneigt, einfach zuzudrücken.
Aber dann würde er sein Geld nicht mehr bekommen.
Er fragte sich, ob er es überhaupt bekommen würde. Sie war über und über mit Blut verschmiert – und es sah aus, als hätte er ihr die Nase gebrochen.
Dann wurde ihm klar, dass das Blut von ihm stammte.
Sie hätte es beinahe geschafft, ihn umzubringen.
Zum Teufel, sie konnte es immer noch schaffen, wenn er nicht schnell etwas tat.
»Computer, Null-g-Position für Stuhl sechs aktivieren.«
Der Stuhl schloss sich um sie herum, so dass sie nicht ins Schweben geraten konnte. Die Null-g-Position hielt sie zugleich an Ort und Stelle fest. Sie konnte sich nicht rühren, konnte sich nicht befreien, solange sie die entsprechenden Befehle nicht erteilen konnte.
Dennoch sicherte er sich ab, denn die Frau war offenbar schlauer, als er angenommen hatte.
»Lass sie nur auf meinen ausdrücklichen Befehl frei.«
Der Computer tschirpte eine Bestätigung.
Ihr Kopf fiel nach vorn. Haare bedeckten ihr Gesicht.
Yu studierte sie noch eine Minute lang und konnte nicht fassen, dass sie so weit gekommen war.
Dann musterte er seine Wunden.
Von seinem Oberschenkel troff Blut, aber die Arterie hatte sie knapp verfehlt. Es bedurfte einer medizinischen Behandlung, die Wunde zu schließen, aber sie war nicht lebensbedrohlich.
Ebenso
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