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Militärmusik - Roman

Militärmusik - Roman

Titel: Militärmusik - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stollfuß
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Schneid und wurden nachdenklich. Der neue Marschall der Abwehrkräfte kündigte kurzerhand eine totale Perestrojka für alle Belka-Raketenkomplexe an. Anstatt mit drei, mussten sie nun mit fünf Raketen ausgerüstet sein. Ein Komitee sollte alle Einheiten rund um Moskau prüfen, um weitere Provokationen zu vermeiden. »Ich mach euch Feuer unterm Arsch«, musste der neue Marschall auf einer Sondersitzung zu den Offizieren des Dritten Abwehrrings gesagt haben. Wegen Rust fiel unser Ring in Ungnade, auf einmal war er dem Marschall nicht rund genug. Man erzählte sich, manche Einheiten seien bereits mit ihrem gesamten Personal nach Kasachstan in die Steppe verbannt worden. Im Gegenzug kamen nun Rekruten aus Kasachstan, Usbekistan und Tadschikistan in unsere Moskauer Urwälder. Viele von ihnen konnten nicht richtig Russisch.
    Speziell bei unserer Einheit trafen die Kommandeure eine salomonische Entscheidung. Ein Bus voller Kasachen und Tadschiken sollte unsere Einheit verstärken. Drei neue Bäume wurden rund um den Bunker gepflanzt und drei neue Außenposten errichtet. Aber wir blieben ebenfalls, weil die Neuankömmlinge mit der Technik nicht gleich klarkamen. Unsere vier Offiziere wollten auch eine Veränderung initiieren, sie waren sich nur nicht einig, was man verändern sollte.
    Die erste Initiative kam von dem Schwulen. »Wir müssten asphaltieren«, meinte er. Nicht alles, aber zumindest eine kleine Chaussee durch den Wald wäre nicht schlecht. Gesagt – getan. Die Offiziere trieben irgendwo einen LKW mit zehn Tonnen warmem Asphalt auf. Erst als der Lastwagen bei uns ankam, stellten sie fest, dass die Sache mit dem Asphaltieren doch nicht so einfach war. Wir befanden uns nämlich mitten in einem Sumpf. Außerdem zogen am Himmel gerade Wolken auf, es fing an zu regnen, und keiner hatte mehr Lust zum Asphaltieren. Aber das Zeug war nun mal da. Und so entstand auf unserem Gelände ein neues Militärobjekt, das später den Namen »Kaukasus« bekam: ein Berg aus getrocknetem Asphalt, der eine Weile als Einsatzort für unseren vierten Außenposten diente. »Willst du heute den Kaukasus hochklettern?«, fragte der Dienst habende Offizier, wenn er einem von uns Angst einjagen wollte. Damit war aber der Veränderungswille noch nicht erloschen.
    ***
    Eines Tages kam der Komiker zu meiner Relaisstation und fragte, wie lange ich noch in diesem Sumpf vegetieren wollte. »Anderthalb Jahre«, antwortete ich ehrlich. »Lass uns hier etwas bewegen, lass uns aus diesem Sumpf ein Paradies machen.« Ich bekam sofort schlechte Laune, weil ich wusste, was das hieß– im Wald etwas bewegen. Das Paradies stellte sich der Mann folgendermaßen vor: Wir sollten einen Brunnen graben, ihn mit Wasser füllen, dann Bänke in den verschiedensten Formen aus Holz bauen und sie rund um den Brunnen aufstellen. Im Brunnen sollten sodann einige Schwäne herumschwimmen, die er irgendwo besorgen wollte. Es war allen unklar, wie sich dadurch die Einsatzbereitschaft unserer Einheit erhöhen sollte, doch wir waren nur Soldaten. Und so fingen wir am nächsten Tag an zu graben. Der Brunnen füllte sich von selbst mit Wasser, je tiefer wir gruben. Ein Baum, den wir zersägt hatten, bildete eine Natur-Bank in unmittelbarer Nähe des Brunnens. Doch mit Schwänen klappte es nicht, nicht einmal ein paar Enten konnte der Komiker auftreiben. Aber das Wasserloch zog schnell Riesenfrösche, Eidechsen, Schlangen sowie Blutsauger aller Art an. Die Soldaten und Offiziere mieden diesen Platz bald, obwohl er eigentlich als Erholungsort gedacht war. Ich musste jedoch ständig an dem Brunnen vorbeigehen, weil er sich auf dem Weg zu meiner Relaisstation befand. Oft beobachtete ich dort seltsame und schöne Naturereignisse. Einmal saßen auf der Holzbank zwei Riesenfrösche, eine Libelle, zwei Eidechsen, zwei Schlangen und noch ein kleiner Frosch nebeneinander und sonnten sich. Ich staunte. Ein paradiesischer Ursprung der Welt schien sich mir zu offenbaren.
    Später fing ich eine Eidechse, präparierte sie und bemalte sie mit der grünen Farbe, mit der ansonsten einmal im Jahr die Raketen angestrichen wurden. Zwei Wochen später gelang es mir, eine weitere Eidechse zu fangen. Ich präparierte sie und malte sie ebenfalls grün an. Dann eröffnete ich im Hinterhof unserer Baracke eine Naturkundeausstellung. Zur Eröffnung kamen zwanzig Soldaten und der Dienst habende Offizier. Alle waren begeistert. Deswegen wurde mir sogleich das Ehrenamt des stellvertretenden

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