Milliardengrab (German Edition)
ein:
»Ich
bin mir nicht hundertprozentig sicher, aber ich vermute, dass sich der Maître
gleich nach der Wende in Zürich mit einem dieser Herren aus der DDR getroffen
hat. Genaueres weiß ich allerdings nicht … diese Akte war eine Grauzone. Auch
für mich, obwohl mir der Maître seine Befürchtungen seinerzeit anvertraut hat.«
Das Bild begann sich abzurunden. Trotzdem warf jeder Fortschritt in den
Ermittlungen mehr neue Fragen auf als beantwortet werden konnten. Vor allem gab
es kein Lebenszeichen von den verschwundenen Personen. Das war für alle
Beteiligten eine schwere Belastung.
»Kommen
Sie, Thomas, ich lade Sie auf ein Fondue ein. Im Bain de Parques gibt es
etwas ganz Besonderes - ich bin sicher, dass sie es noch nicht gegessen haben.
Allein das Lokal an sich ist sehenswert. Direkt am Quai du Mont Blanc gelegen,
auf einem Steg, der in den See hinausführt. Überfüllt, einfache, beinahe
dürftige Einrichtung, doch ein außergewöhnlich schmackhaftes Mahl, so
präsentierte sich das Restaurant. Französische, italienische, deutsche und
englische Wortfetzen waren zu hören.
»Für
mich das beste Fondue der Stadt«, bemerkte Patry und, das schien keineswegs
übertrieben.
Es
stand außer Zweifel, es war exzellent. Besonders für Thomas, der tatsächlich
noch nie so etwas probiert hatte. Allein die Vorspeisen und Salate, sogar das
Baguette - von den zahllosen Saucen ganz zu schweigen.
Der
Kommissar beglich die Rechnung und erhob sich. Thomas nahm in einem unbeobachteten
Moment die Quittung an sich.
Den
Kaffee, darauf bestand der Kommissar, nahm man in einer kleinen Patisserie ein.
Patry war ein Gourmet. Die Bar bot Mehlspeisen, Torten und Süßgebäck an, deren
Zubereitung durch eine Glaswand verfolgt werden konnte. Und die Leute
verstanden ihr Metier.
Sie
unterhielten sich noch eine Stunde über das Verschwinden der drei Menschen, die
alle, Bouvery’s Frau vermutlich ausgenommen, mit der DDR in Verbindung standen.
Warum die unglückliche Frau auch verschwunden war und vermutlich den Tod
gefunden hatte, das war vollkommen unklar.
Das
Gespräch brachte keine neuen Erkenntnisse - nur eines war klar: Es ging um ein
riesiges Vermögen - mehr als sich so mancher vorstellen konnte. Und
Menschenleben spielten keine Rolle.
»Was
haben eigentlich Ihre Recherchen in Nizza konkret ergeben?«
»Das
ist schnell gesagt: Nichts! Weder im Hotel, noch bei den Behörden hat man mit
mir gesprochen.« Patry nickte wissend.
»In
keinem Land der Welt ist es so ein Nachteil wie in Frankreich, wenn man die
Landessprache nicht spricht … es ist eine Tatsache.«
»Eisenstein
hat mir dieses Debakel prophezeit … zum Glück bin ich dann aber über Umwegen
auf Sie gestoßen.« Thomas nahm einen Schluck aus dem Wasserglas. Der Gedanke,
dass er inmitten einer Welt von Halsabschneidern und Agenten weilte, machte ihm
Angst. Andererseits beflügelte das Jagdfieber seinen Ehrgeiz. Er hatte Blut
geleckt wie ein Raubtier und war nicht mehr willens, von der aufgespür ten Beute zu lassen.
Wien
Eisenstein
indessen grübelte in seinem Büro und betrachtete die sorgfältig organisierte
Unordnung auf seinem Schreibtisch. Dabei rekapitulierte er die Causa Nora
Kaindel. Es war ein Fehler, Thomas nicht schon vor Wochen auf diese exklusive
Story anzusetzen, das gestand er sich äußerst widerwillig im letzten Winkel seines
Hinterkopfes ein. Unnötig zu erwähnen, dass er dies niemals offen zugegeben
hätte.
Thomas
war noch unterwegs, also blieb es ihm vorbehalten, Ferry Lugner ein bisschen
auszuquetschen. Ein kurzer Anruf in der Kanzlei Waldegg und Eisenstein wusste,
dass sich sein Opfer auf einem Tennisplatz in Döbling herumtrieb.
Eisenstein
fuhr einen Citroën, DS 23, ungefähr so alt wie Thomas. Die Blunzn behauptete
steif und fest, sein Wagen sei einer der wenigen Exemplare, die mit einem
Maserati-Motor ausgerüstet waren, deswegen würde er sich niemals von seinem
Haifisch trennen. Ob es stimmte oder eine der vielen Legenden war, die Eisenstein
in Umlauf brachte, wusste niemand. Möglicherweise hatte Eisenstein das schon so
oft behauptet, dass er selbst daran glaubte.
Jedenfalls
fuhr er zumindest so, als ob er einen Maserati besäße.
Ein
Gerücht besagt, dass es in Eisensteins Vergangenheit eine Zeit gab, in der er
einen großen Teil seines Einkommens für überfahrene Hühner, Hunde und sonstige
Flurschäden aufwenden musste. Wirtschaftliche Zwänge bewirkten dann
kontinuierlich eine Reduzierung seiner
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