Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Milliardengrab (German Edition)

Milliardengrab (German Edition)

Titel: Milliardengrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Strassegger
Vom Netzwerk:
Lefebre, ein unscheinbarer, etwas zur Fettleibigkeit neigender Fünfziger
aus Tourrettes-sur-Loup, las das Schreiben aus Berlin bereits zum zweiten Mal.
Lefebre vermittelte mit seinem Wesen den Eindruck eines gutmütigen Opas. Sein
Broterwerb zwang ihn jedoch, das Gegenteil davon zu sein. Lefebre war ein
Schnüffler. Er kramte in anderer Menschen Leben herum, um etwas Bestimmtes zu
erfahren oder einfach Belastungsmaterial für ein gerichtliches Beweisverfahren
zu beschaffen. In seltenen Fällen war der Meister ab und an gezwungen, nachzuhelfen.
Er versuchte seine Aufträge bestmöglich zu erledigen und ließ sich dementsprechend
honorieren. Niemals fragte er seine Auftraggeber nach dem Motiv. Dieses solide
Geschäftsgebaren bescherte Monsieur Lefebre ein sicheres Fortkommen. Seine
Kunden waren hauptsächlich Anwälte, die im Namen ihrer Klienten, die wiederum
häufig anonym bleiben wollten, an ihn herantraten. Meist ging es darum, Männer
oder Frauen beim Seitensprung zu ertappen.
    Der
Auftrag aus Deutschland hörte sich harmlos an, wenngleich klar war, dass er
hier mit den üblichen Methoden nichts erreichen konnte. In einem solchen Fall
nahm er kleine Übertretungen in Kauf. Es war in seinem Gewerbe nicht anders
möglich. Und fünfzehntausend Franc waren kein Pappenstil für ein paar Stunden
Arbeit. Selbstverständlich kannte er im Negresco einige Leute, die ihn
gelegentlich mit Interna versorgten. Seine Zuträger waren Edelnutten,
Croupiers, Zimmermädchen und Leute an der Rezeption, das würde in seinem Fall
nicht reichen. Das erkannte Lefebre gleich, als er sich mit der Angelegenheit
befasste.
    Beim
ersten Anlauf wurde ihm bestätigt, was er von den Anwälten wusste. Nora Kaindel
hatte eine Woche gebucht und war nach drei Tagen spurlos verschwunden. Kein
Casinobesuch, alleine in der Suite, nichts Auffälliges beim Zimmerservice oder
aus der im Zimmer befindlichen Bar. Nicht einmal eine Flasche Wein. Selbst ihre
Mahlzeiten hatte sie stets auf dem Zimmer eingenommen. Vom Chefportier hatte er
noch erfragt, dass nach dem Verschwinden von Madame einige Male ein Mann nach
ihr gefragt hatte. Persönlich und auch per Telefon - Näheres war nicht bekannt.
Lefebre fragte sich verwundert, warum war diese Frau an die Côte d’Azur
geflogen? Auf seinem Zimmer speisen konnte man an jedem Ort der Welt - wozu war
sie also nach Frankreich gekommen und hatte im Negresco jeden Tag ein paar
Tausender auf den Tisch geblättert? Nur der schönen Aussicht wegen? Kaum
anzunehmen. Mit dieser Frage beschäftigte der Detektiv sich lange - erfolglos.
Nur zwei Telefonate nach Österreich, ihr eigener Anschluss dort. Alles andere
negativ. Wenig für fünfzehntausend. Lefebre spielte eine Karte aus, die er
eigentlich für ein höheres Spiel behalten wollte. Es war nicht seine
Philosophie, Kunden zu enttäuschen. Außerdem empfand er es im höchsten Maße
unmoralisch, Geld, das er schon hatte, wieder rauszurücken.
     
    Der
Vizedirektor des Negresco wurde nur Marcel genannt und war in seinem
Alter, der Direktor knapp fünfundsechzig. Es war eine Frage der Zeit, wann der
Stellvertreter seinen Vorgesetzten im Haus endlich beerben würde. Ein halbes
Leben lang wartete der Vize sehnsuchtsvoll auf diesen Augenblick - nur das
Einkommen eines Direktors konnte ihn von seinen Sorgen befreien. Lefebre rief
den Mann an und traf sich mit ihm. Der Gute hatte ein Laster. Eine kleine
Schwäche, die er seiner Ansicht nach im Griff hatte, wobei zu befürchten war,
dass es eher umgekehrt zutraf. Er liebte die Straßen. Nicht die Straßen der
Stadt, er bevorzugte weiße Straßen, aufgelegt auf Glas. Marcel hielt seine
Sucht im Zaum, nur ohne Koks konnte er nicht mehr existieren. Nach seiner
Beförderung würde er sich einer Entziehungskur in der Schweiz unterziehen.
Unwiderruflich! Geplant hatte er das schon einige Male, doch dann kam immer
etwas dazwischen. Meistens sein schwacher Wille.
    Es
war nicht nur der Schnee, der ihn erdrückte, es waren auch seine Schulden, die
er kaum noch überblicken, geschweige denn bezahlen konnte. Lefebre versuchte
keineswegs den Mann zu erpressen. Er ließ nur durchblicken, dass einige Leute,
die ihm nicht gewogen waren, von seiner Sucht wussten. Wenn das publik würde,
noch am selben Tag hätte man ihn vor die Tür gesetzt - das blieb zwar
unausgesprochen, nichtsdestoweniger eine Tatsache. Er, Lefebre, kenne diese
Männer und er sei in der Lage, etwas Derartiges nachhaltig zu unterbinden. Ein
für alle Mal. Verzweifelt kratzte

Weitere Kostenlose Bücher