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Milliardengrab (German Edition)

Milliardengrab (German Edition)

Titel: Milliardengrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Strassegger
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Nora
verschwunden ist.«
    »Interessant
… und wie das, wenn ich fragen darf?« Eisenstein richtete sich auf, strich mit
beiden Händen seinen Haarschopf glatt und schaltete hin zum gönnerhaft belehrendem
Tonfall.
    »Grundsätzlich
muss ich anmerken, dass es deine Aufgabe gewesen wäre, das zu erledigen, aber
ich habe eben eine Schwäche für dich. Ein Umstand, den ich mir selbst nicht
recht erklären kann. Der Allmächtige allein wird es wissen. Nun gut. Als ich
alle Unterlagen noch einmal rekapituliert habe, ist mir aufgefallen, dass du
zwar gecheckt hast, welche Telefongespräche die Nora im Negresco geführt hat,
aber …« Die Kunstpause fiel lange aus und Eisenstein labte sich zwischendurch
am Welschriesling, während er eine substanzielle Gedenkminute einschob. Endlich
ließ er sich herab und erlöste Thomas.
    »Das
Handy der Dame hast du vernachlässigt. Leichtsinnig, wie du nun einmal bist. So
können wir nämlich feststellen, wo sie sich wann aufgehalten hat.« Thomas
schwieg, da gab es nichts zu sagen. Eisenstein hatte recht.
    »Falls
sie es bei sich gehabt hat«, schwächte Thomas ab. »Hat sie, schau dir die Liste
an … das Handy ist dabei.« Das Fax aus dem Sicherheitsbüro mit den Angaben der
Telefongesellschaft kam etwas später. Eisenstein rückte seine Brille
umständlich zurecht, setzte sein wichtiges Gesicht auf und studierte die
Aufzeichnungen eingehend. »Das ist wirklich sehr aufschlussreich. Pass auf. Sie
hat ihr Handy am Tag durchschnittlich zwanzig Mal benutzt, aktiv und passiv.
Das letzte Mal in Berlin. Zwei Tage vor ihrem Abflug nach Nizza. Nicht ein
einziges Mal in den Tagen danach. Wozu hat sie diesen Apparat dann mitgenommen,
wenn er immer ausgeschaltet war? Warum hat sie keinen Anruf entgegengenommen,
obwohl sie sechzehn Mal angerufen wurde? Hast du dafür eine Erklärung auf
Lager?«
    »Nein,
aber das ist eine gute Frage … noch besser wäre eine Antwort.«, bemerkte Thomas
und nahm einen ordentlichen Schluck Welschriesling. Er war auf dem besten Wege,
den eisensteinschen Eichstrich einzustellen. »Wegen des Handys von der Kaindel
… ich hätte da eine Erklärung.«
    »So,
und welche bitte?«
    »Wenn
ich das Telefon eine Stunde lang nicht benutze, dann schaltet es sich
automatisch aus. Will ich dann telefonieren, muss ich es aktivieren … und dazu
muss ich den PIN eingeben, wie bei der Bankomatkarte. Einer der es klaut kann
damit nichts anfangen.« Eisenstein nickt gönnerhaft und meinte: »Eine These, aber
möglich, auf jeden Fall setzt das voraus, dass es nicht die Nora war, die nach
Nizza geflogen ist, beziehungsweise im Negresco gewohnt hat.« Es musste
noch eine Flasche her. Die Debatte begab sich ins Grundsätzliche und wurde
teilweise laut geführt. Führte allerdings trotzdem ins Leere - nicht nur in
Bezug auf die Flasche. Thomas schwor, nie wieder mit Eisenstein zu trinken.
Derartige Übungen konnten seine Organe längerfristig nicht heil überstehen. Für
diesen so bezeichnenden Tag kam der gute Vorsatz um Stunden zu spät. Das verschärfte
Lebertraining war nicht mehr abzuwenden.

 
    Monaco,
März 1992
    Jeder
Mensch hat Laster, Schwächen und Neigungen, die zwar nicht immer im Strafgesetzbuch
aufgelistet sind, aber von denen niemand möchte, dass sie publik werden. Die
Statistik besagt, dass speziell Männer in ihren geheimen Wünschen - wesentlich
häufiger mit ihren Schwächen - auch gegen das Gesetz, nicht nur gegen Moral und
die guten Sitten verstoßen, als Frauen. Ein Mann, der einem kleinen Mädchen
oder Jungen mit verlangendem Blick auf der Straße nachstarrt und in seinem Kopf
schon weiter ist, der verstößt noch nicht gegen das Gesetz, doch er ist auf dem
besten Weg dahin. Frauen, die von Kaufsucht befallen sind, aber nicht über das
nötige Kleingeld für ihre schädliche Neigung verfügen, lügen, stehlen und
betrügen notorisch, um ihr Laster zu befriedigen. Im besten Fall lassen sich
diese Damen für bare Münze horizontalisieren. Eine Eventualität, die fallweise
für alle Beteiligten angenehme Begleiterscheinungen haben kann. Es gibt
Tausende von Straftaten, die nie ans Licht kommen - doch jedermann, der eine
begeht, hat Angst vor Entdeckung und der darauf folgenden gesellschaftlichen
Ächtung - mehr als vor gerichtlicher Bestrafung. Und um dieser Entdeckung zu
entgehen, sind Menschen bereit alles zu tun - und sie sind schlichtweg
erpressbar, was ihre Lage nur noch verschlimmert und sie tiefer in den Strudel
des Verderbens zieht.
     
    Monsieur
Pascal

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