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Milliardengrab (German Edition)

Milliardengrab (German Edition)

Titel: Milliardengrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Strassegger
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hatte geklopft und niemand hat geantwortet. Ich wollte
wirklich nur das Wasser in die Minibar stellen.«
    »Calmez!«,
besänftigte er das Mädchen und wusste nicht, was er von dieser Geschichte halten
sollte. Er ging in sein Büro, versperrte die Tür und gönnte sich eine Straße.
    Dann
rief er Lefebre an. Niemand dachte im Zusammenhang mit der Prothese an Madame
Kaindel, die hatte zwei sehr hübsche Beine. Das konnte man sehen, wenn sie auf
der Dachterrasse am Pool lag. Also doch ein Mann. Offensichtlich einer mit nur
einem Bein. Dieser Umstand schloss einen Großteil der männlichen Bevölkerung
immerhin aus.
    Lefebre
war nicht besonders angetan von dieser außergewöhnlichen Neuigkeit, doch er versprach,
die Angelegenheit Marcels zu regeln. Niemand hatte die Zwillingsschwester der
vermissten Person erwähnt - und daher konnte er von den fehlenden Beinen nichts
wissen. So interpretierte er praktischerweise einen Herrenbesuch hinein. Ob es
jener Herr war, der mehrmals nach Nora Kaindel gefragt hatte, das konnte auch
Lefebre nicht beantworten. Dass allerdings jemand, dem ein Bein fehlte, seine
Prothese vergaß, daran glaubte auch Lefebre nicht. So trieb die Geheimniskrämerei
des MfS wieder einmal seltsame Blüten. Er hatte keine Vorstellung davon, wie
sehr sein Auftraggeber von dieser ungewöhnlichen Nachricht begeistert war. Wenn
er es gewusst hätte, dann hätte er dem Vize sicher eine kleine zusätzliche
Vergütung zugesteckt. Lefebre war ein Mann, der seine Kontakte pflegte.

 
    Berlin,
Herbst 1992
    Fiedler
konnte nicht mehr schlafen. Pünktlich suchten ihn jede Nacht quälende Albträume
heim. Und selbst tagsüber quälten ihn diese Gedanken. Nicht ganz von ungefähr.
Seit er wusste, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren lief, war er nicht mehr
wieder zu erkennen. Der General war früher berüchtigt für seine Konsequenz,
Unnachsichtigkeit und Entscheidungsstärke - und vor allem auch für barbarische
Härte. Seine unbarmherzige Grausamkeit war in der Normannenstraße legendär gewesen.
Fiedler hatte zeitlebens versucht, Mielke, der mit Rübe ab schnell bei der Hand
war, zu übertreffen. Vor allem, um den Minister zu beeindrucken - alles Schnee
von gestern. Jetzt war er nur noch ein Schatten seiner selbst. Der General war
zu einem Wrack verkommen, physisch und psychisch. Von seiner Eloquenz war
nichts mehr zu spüren und an allen Fronten brannte es. Jetzt fand auch noch der
Prozess gegen einen seiner ehemaligen Mitarbeiter aus der BRD statt. Wenn der
auspackte, dann konnte er einpacken. Derzeit konnte er den Mann noch über
seinen Anwalt mit (ein wenig) Geld und vielen Versprechungen hinhalten.
    Außerdem
befahl er über keine verlässliche Einheit mehr. Es war unmöglich, aus den Tausenden
ehemaligen Stasi-Angehöriger, die in Plattenbauten mit einer Mindestrente dahin
vegetierten, eine neue schlagkräftige Truppe zu bilden. Diese Männer waren zum
Großteil desillusioniert und konnten die Parolen von gestern, die sie lautstark
gebrüllt hatten, heute nicht mehr hören, geschweige denn begreifen. Dazu kam
noch die offene gesellschaftliche Ächtung wegen ihrer Stasi-Vergangenheit, die
auch Angehörige nicht verschonte. Selbst die Kinder der MfS-Mitarbeiter wurden
in den Schulen angefeindet. Und jene Betonköpfe, die so einfältig waren, dass
sie weiterhin an das Paradies der Werktätigen auf deutschem Boden hofften,
waren zwar treu, aber aufgrund ihres geistigen Unvermögens für einen Einsatz
unbrauchbar. Der Kampf um die Milliarden wurde mittlerweile von mehreren »Kommandos«
geführt. Jeder neue Mitwisser war eine Gefahr und die Kriegskasse war nicht
mehr so prall gefüllt. Kaum jemand hatte noch sein Vertrauen, überall lauerten
Defraudanten und Verräter. Jeder war auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Der
Korpsgeist war dahin. Zu viele hatten sich großzügig bedient. Einer davon war
Schubert und ausgerechnet mit diesem abtrünnigen Beutelschneider musste er
diese schwierige Schlacht gewinnen. Trotzdem, Schubert war seine letzte
Hoffnung - der General hatte keine Wahl mehr. Die Kameraden, die jahrelang
seine Nähe gesucht hatten, machten sich rar. Er war zum Verlierer geworden -
und diese Spezies war bei niemandem beliebt.
    Die
Nachricht aus Nizza erforderte ein weiteres Vorgehen in Wien. Und er hatte für
diese Aufgabe nur diesen Hochstapler zur Verfügung. Doch es blieb keine
Alternative. Schubert wurde nach Wien entsandt, um das merkwürdige Verschwinden
von Nora Kaindel und das Verhalten ihrer

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