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Milliardengrab (German Edition)

Milliardengrab (German Edition)

Titel: Milliardengrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Strassegger
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beileibe nicht so erschreckend
für mich, wie man annehmen könnte. Die Zunge klebte am Gaumen. Der Hunger war
erträglich, der Durst eine Qual.
    Die
Zeit ist der allergrößte Feind des Gefangenen. Ich hatte jedes Gefühl für sie
verloren. Sicher war ich mir nur, bereits eine Ewigkeit in diesem Loch zu
stecken. Es konnte genauso gut nur ein Tag, aber auch drei sein. Jede örtliche
und zeitliche Orientierung war mir abhandengekommen. Hundertzwei war auf dem
besten Weg den Verstand zu verlieren - wenigstens das wusste ich.
    Mein
Herzenswunsch war in eine normale Zelle zu kommen. Das wünschte ich mir in
diesem Moment mehr als alles andere. Irgendwann schlief ich ein. Träumte und
war zeitweise in meiner Kindheit und stahl meinen Folterknechten schmerzlich
lange Stunden. Der Bauernhof in der Eifel erschien mir in allen Einzelheiten.
Dort hatte ich einen Großteil meiner Kindheit verbracht. Schweine, Kühe, Enten,
Kaninchen und Hühner, besonders der Geruch von frisch eingeschossenem Brot
liegen mir noch heute in der Nase, wenn Oma buk. Ein gewaltiger Kontrast zum
Gestank im U-Boot. Der Gedanke an frisch duftendes Brot löste ein Knurren in
meinem Magen aus.
    Wach
wurde ich, weil mein Darm sich unwillkürlich entleerte - die Blase schloss sich
an.
    Ich
konnte mich nicht umbringen, denn einen Strick hatte ich nicht, von den am
Rücken gefesselten Händen ganz zu schweigen. Ich widerstand dem durchaus
verlockenden Gedanken des Selbstmordes nicht, weil ich so abgehärtet war, im Gegenteil.
Nur weil es mir an Gelegenheit zur Umsetzung mangelte, versuchte ich es nicht.
Ich war schwach und wäre zu allem bereit gewesen, um hier raus zu kommen.
    Wenn
ich allein an den Hocker im Büro des Vernehmers dachte (so hieß der hier, und
nicht Richter). Die Vorderbeine waren um ein paar Zentimeter kürzer als die
hinteren. Nach einer halben Stunde, die ich auf dem Möbel saß, schmerzte mir
der Rücken so, dass ich hätte schreien können. Trotzdem wäre in diesem
Augenblick der Marterhocker für mich eine Verbesserung meiner Lage gewesen.
    Wochen
waren vergangen, seit man mich am Grenzübergang Zinnwald vermutlich erwartet
und verhaftet hatte. Müdigkeit überfiel mich jetzt wieder und ich schlief ein.
Hatte Gott meine Gebete erhört und lässt mich nun im Schlaf diese peinigenden
Stunden und Tage verbringen?
    Es
klang wie der Knall einer Explosion. Der Schlüssel wurde ins Schloss gesteckt,
jemand kam. Das grelle Licht brannte wie ein Flammenwerfer in meinen Augen -
sehen, konnte ich nichts. Die Schließer holten mich aus dem Verließ. Sie
berührten mich nicht, ich musste selbst zusehen, wie ich auf die Beine kam. Es
gelang mir. Ich durfte in ein Bad und sie nahmen mir die Handfesseln ab.
Niemand schlug mich. Dabei war ich darauf vorbereitet gewesen. Nicht, dass es
eine Enttäuschung war, so weit war mein Hirn noch nicht aufgeweicht, nur,
wundern tat es mich.
    Langsam
kehrte das Blut wieder in die Extremitäten zurück. Nadelstiche pickten mich und
die Kälte wurde von der Hitze im Bad verdrängt. Ein Häftling kam ins Bad und
versuchte mir so gut es ging zu helfen. Mit lauwarmem Wasser spritzte er mich
so lange ab, bis ich wieder unter Menschen gehen konnte. Sie gaben mir einen
Trainingsanzug, Unterwäsche, Socken und einfache Turnschuhe.
    Erst
ließen sie mich eine Stunde auf dem Korridor stehen, erst dann führten sie mich
dem Vernehmer vor. Der gab sich gänzlich unwissend über das, was mir
widerfahren war. Ich hatte keine Zweifel, dass er genau wusste, was ich in den
letzten Tagen durchgestanden hatte. Stumm blieb ich auf dem niedrigen Schemel
hocken. Dessen vordere Beine waren zu meinem Leidwesen noch immer nicht nachgewachsen.
Mein Rücken meldete sich - doch nach der Marter im U-Boot tat mir ohnehin jeder
Knochen weh. Er blätterte konzentriert in einer Akte und nahm erst einmal keine
Notiz von mir. Verzweifelt suchten meine Augen die Wände nach einem Kalender
ab, doch nirgends war einer auszumachen. Ich hatte inzwischen jede Hoffnung
verloren und war im Begriff, in eine Apathie zu verfallen. Die Akte bestand nur
aus ein paar Blättern, trotzdem verging geraume Zeit, bevor er sich endlich mir
widmete. »Wie geht es Ihnen heute?, erkundigte sich der Vernehmer fürsorglich.
Diese Frage empfand ich wie blanken Zynismus und das war sie auch.
    Erwartungsvoll
sah er mich an und ich wusste nichts zu sagen. Fragen hätte ich schon gehabt.
Allerdings bekam ich niemals eine Antwort. Er war es dann, der das Schweigen
brach. »Ach

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