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Milliardengrab (German Edition)

Milliardengrab (German Edition)

Titel: Milliardengrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Strassegger
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zugänglich. Bei der Gauck Behörde würde man Watzkes Akte
anfordern. Da würde sich schnell herausstellen, ob er ein Dampfplauderer oder
ein trojanisches Pferd war. Allerdings vergingen oft Monate, bis so eine Akte
tatsächlich einsehbar war.
    Thomas
musste sich aber hier und jetzt entscheiden. Er entschied sich für Watzke und
gegen den Rat Eisensteins, niemandem zu trauen. Er legte sich einen
Schlachtplan zurecht und handelte.
    »Wir
machen jetzt Folgendes: Möglicherweise ist Ihnen jemand gefolgt, bei dem Wetter
eine schwierige Sache, aber es wäre denkbar. Haben Sie darauf geachtet, ich
meine auf Verfolger?«
    Watzke
besann sich einige Sekunden und antwortete dann vage.
    »Gedacht
habe ich daran, zumindest noch in Deutschland, dann, ich sage es ehrlich, war
ich mit dem Wetter vollauf beschäftigt. Ich fahre noch mit Sommerreifen!«
Thomas wusste, dass diese Worte Schall und Rauch waren. Watzke war bloß zu
feige, seinen Leichtsinn einzugestehen.
    »Das
kriegen wir auch noch hin. Nebenan ist der Eingang zum Motel. Haben Sie Gepäck
dabei?«
    »Eine
Reisetasche? Ich wollte auf keinen Fall in meine Wohnung, bevor ich weg bin.
Die hätten mich dort zum Schluss erwartet. Deswegen habe ich vor ein paar
Tagen, als der Brief kam, eine Tasche mit dem Nötigsten gepackt und im
Kofferraum verstaut.«
    Thomas
überlegte.
    »Das
trifft sich gut. Wir fahren mit meinem Jeep, auch wegen des Wetters. Es wird
saukalt, auch wenn gestreut wird, es kommt immer wieder zu Glatteisbildung. Sie
gehen jetzt zu Ihrem Wagen, nehmen die Reisetasche heraus und dann gehen sie
gemütlich in das Motel. Der Wagen steht gleich neben der Tankstelle. Es schneit
nicht mehr, gehen Sie so, dass man Sie sieht. Langsam, aber nicht übertreiben.
Warten Sie, ich frage kurz die Bedienung.« Thomas winkte nach dem Kellner, der
ausnahmsweise gleich antrabte.
    »Sagen
Sie, gibt es zum Motel innen eine Verbindungstür?«
    »Ja
gibt es, die Tür ist aber versperrt. Nur wir können hinüber, wenn ein Gast was
zu essen bestellt.«
    »Verstehe.
Wir, dass heißt mein Freund, hat da ein kleines Problem. Seine Frau sitzt vermutlich
draußen in einem Auto … Wir würden sie gern abschütteln. Würden Sie uns dabei
ein bisschen helfen?«
    Thomas
nahm einen Hunderter aus seiner Brieftasche und schob ihn dem Kellner zu.
    »Sie
müssten ihm bloß diese Verbindungstür kurz aufsperren. Er kommt in etwa einer
halben Stunde von der Rezeption. Setzt sich wieder zum Tisch und Sie sperren
wieder zu? OK?«
    Der
Mann überlegte kurz, nickte, vergaß nicht sich den Hunderter einzuverleiben -
da war er ausnehmend schnell - und wandte sich wortlos ab.
    »In
einer halben Stunde«, rief ihm Thomas noch nach. Dann war der Kellner weg und
Thomas beugte sich zu Watzke: »Sie gehen wie besprochen auf den Parkplatz und
kommen dann von drüben zu dieser Verbindungstür, da warten Sie auf den Kellner.
Falls wirklich jemand hinter Ihnen her ist, der kennt das Motel hier vermutlich
nicht und muss annehmen, dass Sie dort schlafen. Hier sind ihre Autoschlüssel.
Falls der Träumer vergisst, die Tür aufzuschließen, oder sonst etwas nicht
klappt, gehen Sie auf keinen Fall wieder durch den Vordereingang raus. Rufen
Sie mich auf dem Handy an! Alles klar?«
    Watzke
nickte und machte sich auf den Weg.
    Thomas
vertiefte sich in die Aufzeichnungen über die Erlebnisse des Jürgen Watzke mit
der Stasi.

Die Aufzeichnungen des J. Watzke -
102
    Das
Erste, was ich begriff war, dass Jürgen Watzkes kümmerliche Existenz beendet
war. Zumindest mental. Die physische Seite konnte noch folgen. Dafür gab es
jetzt Hundertzwo. Hundertzwo sah aus wie Watzke, war aber nicht Watzke.
Nebenbei stand diese Nummer an der klinkenlosen Tür in Berlins Genslerstraße,
in der Haftanstalt Hohenschönhausen des MfS. Kein »Guten Morgen, kein, wie
geht, es Ihnen oder Ähnliches mehr. Einhundertzwo, das reichte, Tag für Tag.
    Sie
hatten mir die Hände am Rücken gefesselt. Die Stahlfesseln schnitten tief ins
Fleisch. Jede Bewegung schmerzte und die Handgelenke bluteten. Dann sperrten
sie mich ins U-Boot. Eine winzig kleine, feuchte Zelle ohne Licht.
    Nackt
lag ich am Boden und fror. Wahrscheinlich stank ich erbärmlich. Letzteres war
mir egal, außerdem hatte ich bei Gott andere Sorgen als meine Ausdünstungen.
Ich denke, dass die Temperatur bei etwa zehn Grad lag. Vermutlich war es gerade
einmal warm genug, dass man nicht erfror - oder vielleicht war es ihre Absicht,
mich auf diese Weise zu töten? Dieser Gedanke war

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