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Millionär

Millionär

Titel: Millionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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Zweihundertfünfzigtausend Steine für einen einzigen Auftrag! Für soviel Geld kriegt man von der Russenmafia mindestens fünf Drive-By-Shootings. Was zum Teufel erwarten die orange-grauen Betonjungs für so viel Geld? Dass wir den Dom in die Luft jagen, um Platz zu schaffen für einen neuen Wohnknast? Was auch immer es ist - es muss irgendetwas ganz schön Schreckliches sein. Oder eben einfach nur Verarsche. Ich weiß nicht wirklich, was von beidem mir lieber wäre. Denn WENN es keine Verarsche wäre, DANN ist der Kredit fürs Haus so gut wie sicher. Sekunden später höre ich Johannas Eingangstür quietschen, kurz darauf geht das Laufband an.
    Chhh ... Chhh ... Chhh ... Chhh ... Chhh ...
    Ich drehe den Fernseher lauter. Noch fünf Tage hab ich Zeit, bis die Reservierungsfrist abläuft. Und irgendeine geheimnisvolle Kraft in meinem Körper scheint mir sagen zu wollen: Du schaffst es. Würde ich sonst grinsen, wenn die über mir joggende Johanna »Let me entertain you« mitsingt?
    der frühe vogel bläst das laub
    Trotz des vermeintlichen Viertelmillionen-Auftrags haben Shahin und ich beschlossen, die beiden »kleineren« Aufträge durchzuziehen. Während also Shahin im weißen TschernobylOverall Materialproben bei den Sülzer Krabbelmäusen nimmt, sorge ich dafür, dass unsere 21 Mandanten in Ehrenfeld nicht mehr von Laub pustenden Flachpfeifen aus dem Schlaf gerissen werden. Um Punkt sechs Uhr lasse ich das erste Mal den kleinen Benzinmotor meines Obi-Laubbläsers aufheulen. Wenn man andere unfreiwillig selbst mit in seinen Tag reißen kann, dann ist es erstaunlicherweise gar nicht so schwer aufzustehen. Natürlich stehe ich mit meiner Laubturbine nicht irgendwo, sondern vor dem Haus des Mannes, der verantwortlich ist für den rücksichtslosen Einsatz von Laubbläsern im Bezirk unseres Mandanten. Edgar Oberhausen ist seines Zeichens Gruppenleiter bei den AWB, den städtischen Abfallwirtschaftsbetrieben. Die Aktion läuft gut an. Schon nach einer Minute reißt ein äußerst übellauniger Endfünfziger mit grauem Resthaar sein Fenster im ersten Stock auf. Ich bin mir sicher, dass es Herr Oberhausen höchstpersönlich ist. Hätte er zusätzlich zu seinem Schlafanzug noch eine Schlafmütze auf seinem Kopf, könnte er auch als der deutsche Michel durchgehen.
    »Sagen Sie mal, geht's noch?«, bölkt er runter zu mir auf die Straße.
    Ich senke die Blasleistung meiner Laubkanone und blicke unschuldig nach oben.
    »Ja, bitte?«
    »Ja, spinnen Sie denn, um die Zeit so einen Lärm zu machen?«
    Ich setze mein dümmstes Gesicht auf.
    »Ich mache hier nur sauber. Sie wollen es doch sauber haben in Ihrem schönen Viertel, oder?«
    Der Mann im Schlafanzug platzt fast vor Wut.
    »Ja, aber doch nicht mit so einem Ding! Doch nicht um die Zeit!«
    »Das benutzen Ihre Leute doch auch, direkt vor meinem Schlafzimmer!«
    Ich sage extra »mein Schlafzimmer«, schließlich versprechen wir unseren Kunden Diskretion. Wieder drücke ich auf den Abzug und blase einen ganzen Schwung Blätter unter einen Porsche. Der AWB-Michel gibt nicht auf und schreit lauter als ich blase.
    »Hallo? Verschwinden Sie mal!«
    »Erst, wenn alles richtig sauber ist!«
    Das Fenster kracht zu und ich halte volles Rohr auf eine Habi-tat-Tüte, die zwischen einem Stromkasten und einem Jägerzaun klemmt. Geil, sogar der Müll ist hier hochwertiger als in meinem Viertel. Ein Fenster in einem Nachbarhaus geht auf und eine faltige, brünette Frau mit Topfschnitt schreit mich an:
    »Was machen Sie da?«
    »Ihnen auch einen schönen guten Morgen!«, schreie ich wie ein Bundeswehr-Ausbilder zurück und schieße ein wenig Laub in den Himmel. Der AWB-Gauleiter ist inzwischen aus seinem Haus getreten und stapft wütend in meine Richtung. Er trägt einen wasserabweisenden Puma-Trainingsanzug in modischem Hellblau, kommt aber aus unerfindlichen Gründen nicht ganz so cool rüber wie P. Diddy in einem gleichwertigen Outfit.
    »Sie Arschloch!«, bellt er mich an und droht mir sogar mit erhobener Hand. Erstaunt stelle ich meinen Laubbläser aus.
    »Na, na, na«, beschwichtige ich ihn, »wir wollen doch wegen so einer Kleinigkeit nicht gleich die ganze Gesprächskultur vergessen.« »Ich vergesse gleich noch was ganz anderes, Bürschchen!«
    Der Plastik-Asi schubst mich nicht gerade sanft in die Hecke, doch noch bevor ich »Männo« sagen kann, ruft die TopffrisurNachbarin vom Fenster: »Wird jetzt hier nicht mehr gekehrt, Herr Oberhausen?«
    Oberhausen reißt seinen Kopf herum,

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