Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
recht ist, wenn wir einmal da und einmal dort und hin und wieder auch jeder allein in seiner Wohnung übernachten.
„Jemand wartet auf dich“, sagt die andere Sekretärin. „Er hat sich nicht abwimmeln lassen, ich wollte ihn zuerst unten warten lassen, aber dann hat mir gedämmert, wer er ist: der Star von MillionenKochen. Der, den wir dauernd im ‚Magazin‘ haben. Im Fernsehen sieht er viel jünger aus.“
„Wo ist er?“
„Er hat gesagt, er ist ein sehr guter Freund von dir. Wir haben ihn zu deinem Schreibtisch geführt.“
Ich fahre auf. „Seid ihr …“
Sie versuchen mich zu beruhigen, er sei doch ohnehin unter Aufsicht der ganzen Redaktion und – wie hätten sie auf die Idee kommen sollen, dass er kein guter Freund ist? Wo ich doch dauernd über ihn schreibe?
„Ich schreibe nicht über Freunde“, sage ich wütend und renne Richtung Schreibtisch.
Klaus Liebig sitzt auf meinem Stuhl und surft im Internet.
„Was machen Sie da?“, fahre ich ihn an.
„Ich habe auf Sie gewartet. Oder dürfen Sie im Büro nicht ins Internet?“
„Man … geht nicht einfach an fremde Computer.“
„Ich habe nicht spioniert, ich hab mir nur die Zeit vertrieben, aber wenn Sie gleich so reagieren …“
Ich denke an den Reporter vom „Blatt“. Er ist schon die ganze Zeit hinter Klaus Liebig her. Er ist mit seiner melodramatischen Geschichte, der Hilfe des „Magazins“ und seinen unzweifelhaften Kochkünsten schön langsam wirklich zum Star geworden.
Ich seufze. „Mir wäre lieber, Sie hätten angerufen. Worum geht es?“
„Ich muss Ihnen etwas zeigen“, sagt er aufgeregt. „Ich habe bei der letzten Aufzeichnung heimlich Fotos gemacht und sogar mit dem Handy einen kleinen Film gedreht, darauf sieht man ganz deutlich, dass die Sendung aufgezeichnet wurde.“
„Woran?“
„Man darf ja keine Uhr tragen, aus gutem Grund. Wenn sie versehentlich aufgenommen würde, könnte jemand erkennen, dass die Uhrzeit nicht mit jener der Ausstrahlung übereinstimmt. Ich habe meine in eine Küchenlade gelegt – und fotografiert. Und mit einer Szene gefilmt.“
„Und was soll das bringen? Sie hätten ja jede beliebige Uhrzeit einstellen können.“
„Das wird keiner von mir behaupten! Wir brauchen Beweise! Wissen Sie noch? Ich werde gewinnen, kassieren und dann decken wir den ganzen Schwindel auf.“
„Und … wenn Sie nicht gewinnen?“
Er sieht mich spöttisch an. „Die Runde 5 habe ich in der Tasche, meine Gegnerin hat ziemliche Probleme mit ihrer gefüllten Seezuge gehabt, sie ist ihr zerfallen. Ist auch ein idiotisches Rezept für MillionenKochen, viel zu riskant. Und die drei Fragen habe ich ohne Probleme beantwortet. Obwohl Lena Sanders schon wieder versucht hat mich zu legen. So wie bei der Truthahn-Frage in der Vorrunde. Aber ich bin sehr vorsichtig. Sie wird mich nicht kriegen. Ich werde gewinnen, auf jeden Fall!“
Am Abend sehe ich MillionenKochen ausnahmsweise in meiner Wohnung. Ich sollte mir auch einen Flat-TV leisten. Oskar hat gemeint, er müsse ohnehin länger arbeiten, wenn es nicht zu spät werde, dann komme er noch vorbei.
Ich habe Gismo aus seiner Wohnung geholt, ich will ihr einen Heimabend gönnen. Vielleicht bin ich es auch nicht mehr gewohnt, ganz alleine zu sein. Jedenfalls teilen wir uns ein Sardinen-Festmahl. Ich habe auf dem Naschmarkt ganz frische Sardinen entdeckt und mir gleich acht davon in Öl knusprig gebraten. Dazu ein köstliches persisches Brot. Gismo bekommt Köpfe und Gräten.
Klaus Liebigs Gegnerin hat wirklich Pech. Ihr Rezept klingt großartig: eine Seezunge, gefüllt mit Pinienkernen, Pilzen, Rosinen und etwas Lachs. Aber sie bringt den Fisch nicht von der Pfanne in die Form für das Rohr. Er zerbricht. Und das wirft sie gewaltig aus der Bahn. Klaus Liebig spielt sich unterdessen mit dem köstlichen Kardamom-Eissoufflé, das ich schon aus der Villa seiner Eltern kenne.
Und auch wenn Lena Sanders ihn bei der zweiten Frage ermahnt, nicht allzu viel zu erzählen, sonst reiche die Zeit für die dritte Frage nicht – er lässt sich nicht irritieren und beantwortet alle drei Fragen souverän. Und sie muss eben auf die Einhaltung der Sendezeit achten.
Die Runde 6, die, in der Klaus Liebig gegen Anna-Maria Bischof antritt, wird bereits für übermorgen angekündigt. Man will ihm noch vor der einmonatigen Sendepause die Chance geben, in der ersten Starrunde zu punkten, erzählt Lena Sanders mit Opernlächeln.
Ich überlege. So hat er sehr wenig Zeit, um sich
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