Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
Moslems sind. Sie selbst ist nicht eben strenggläubig.“
Droch sieht mich an: „Das ist nicht zufällig die Tochter deiner Vesna?“
„Ist sie nicht. Vesna ist übrigens christlich-orthodox. Oder sie wäre es, wenn sie religiös wäre. Es ist eine Freundin ihrer Tochter Jana.“ Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Droch wird schauen, wenn er sie sieht: Kra – das ist die Abkürzung irgendeines komplizierten bosnischen Namens – hat eine Reihe von Piercings und trägt gerne mehrere Lagen knallbunter Kleidungsstücke übereinander. Ich habe sie kurz in Vesnas Büro kennengelernt. Sie hat auf mich einen sehr wachen und intelligenten Eindruck gemacht. Vielleicht tut ihr eine Herausforderung gut. Ich sage nicht dazu, dass Janas Mädchengang reaktionäre Moslems auch schon mit illegalen Aktionen bekämpft hat. Das ist jetzt ja angeblich vorbei. Und: Alle Mädels schwören, sie arbeiten nicht gegen den Islam, sondern gerade für die Anerkennung eines friedlichen Islam. Deswegen müsse man etwas gegen die Machos tun.
„Ich sehe sie mir an“, sagt Droch.
Ich nehme mit den Terrorbekämpfungsstellen der EU Kontakt auf. Vielleicht ist es auch für mich ganz gut, an etwas anderes als an dubiose Kochshows zu denken. Am Nachmittag habe ich meinen Beitrag fertig. Bei meinem Terrorbekämpfungsseminar für Medien habe ich zwar nicht gerade viel gelernt, aber ich habe einige gute Kontakte geknüpft. Ich habe den Text gerade abgeschickt – Droch wird alles koordinieren, und gemeinsam werden die Beteiligten an der Endfassung arbeiten -, als das Telefon läutet.
Es ist Vesna und ich glaube schon, irgendetwas mit Kra hat doch nicht geklappt. Sie sollte zu Mittag zu Droch kommen. Aber es ist etwas anderes. „Komme ganz schnell zu Türken, es ist wichtig, ich muss dir etwas sagen.“
Vesna klingt so, dass ich gar nicht nachfrage. Ich hetze durch das Büro in den Vorraum, rufe der Sekretärin am Empfang zu, dass ich bald wieder da sei, und fahre mit dem Aufzug nach unten.
Vor Vesna stehen zwei Glas Rotwein, ich sehe, wie sie einen großen Schluck nimmt. Üblicherweise trinkt sie fast nichts und schon gar nicht tagsüber.
„Es ist Verrat, ich habe überlegt, aber ich muss es dir sagen“, legt sie los und sieht sich vorsichtig um. In dieser Ecke kann niemand mithören.
„Valentin, also der Produzent, hat mir etwas erzählt. Ich will gar nicht, dass er über MillionenKochen redet, ich möchte nicht, dass er später glauben kann, ich habe ihn nur wollen aushorchen. Aber es hat ihm im Kopf gespukt und ich kann ja auch nicht schreien, stopp, nein, will ich nicht hören. Lena Sanders geht weg. Sie hat ihm gesagt, sie kündigt Vertrag und sie geht noch morgen Nacht nach der letzten Sendung vor Sommerpause nach die USA zu einem Stimmtraining, und danach ist sie, glaube ich, in Salzburg.“
„Und sie kann den Vertrag so einfach kündigen?“
„Nein, kann sie nicht, aber Valentin hat gesagt, was soll er tun? Ihr Vertragsstrafe aufbrummen? Sie ist Diva, wenn das herauskommt, ist es nicht gut.“
„Hat sie gesagt, warum sie geht?“
„Nicht viel, hat Valentin gemeint. Nur dass sie es nicht mehr aushält, sie spürt, dass etwas in der Luft liegt, die ganze Zeit, sie muss sich um Singen kümmern.“
„Einige aus dem Management rund um diesen Leo Pauer wollten sie ohnehin loswerden.“
„Dann haben sie jetzt geschafft. Morgen nach Show soll es offiziell verkündet werden. Sind sicher Medien da.“
Worauf der Produzent wetten kann.
„Und: Kein Wort, dass ich es dir gesagt habe“, fleht Vesna.
„Du musst ihm die Wahrheit sagen. Wenn er dich wirklich mag, wird er es verstehen.“
„Und dann?“, sagt Vesna und sieht gar nicht glücklich aus.
Ich muss versuchen Lena Sanders zu erreichen. Auf der anderen Seite: Morgen sehe ich sie auf jeden Fall. Und warum sollte ich ihr auf die Nase binden, was ich weiß? Die nächste Ausgabe des „Magazins“ erscheint erst in vier Tagen. Ich habe keinen Grund, in die Redaktion zurückzukehren. Wer mich braucht, kann mich am Mobiltelefon erreichen. Ich kontrolliere sicherheitshalber, ob der Akku festsitzt. Dann fahre ich in meine Wohnung, um Gismo abzuholen. Heute Nacht werden wir wieder bei Oskar schlafen. Egal, wann er heimkommt, ich brauche seinen klaren, ruhigen Verstand. Und nicht nur den.
Ich krame schon im Hauseingang nach meinem Schlüssel, als mich jemand anspricht. Ich zucke zusammen, ich war in Gedanken. Es ist Klaus Liebig. Er steht bei der Tür zum winzigen
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