Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
vorzubereiten. Vielleicht ist gerade das der Sinn der Sache. Vielleicht stimmt es, was Klaus Liebig behauptet: Lena Sanders will ihn loshaben. Aber sie hat kaum Einfluss darauf, wie die Sendungen geplant werden. Das macht die Redaktion. Und wer ist ihr oberster Boss? Der Produzent. Was, wenn er nervös geworden ist, weil Klaus Liebig gar so häufig in Medien auftaucht? Was, wenn er sich davor fürchtet, dass der Starkandidat öffentlich mehr über die Show erzählt, als er dürfte? Inzwischen geht es ja nicht mehr bloß um eigenartige Verträge und vorgetäuschte Live-Sendungen. Es geht um Mordversuch. Und immer noch um den Mord an Susanne Kraus. Es ist seine Sendung, sein Sender, sein Geld. Das trifft allerdings auch auf den Haupteigentümer Biermayer zu. Leo Pauer hingegen ist bloß Geschäftsführer von Win-Millionen – allerdings: Wenn MillionenKochen nicht wäre, ginge es auch dem Wettsender nicht so gut, und Leo Pauer wäre sein schickes Auto rasch los. Vielleicht haben wir in die falsche Richtung ermittelt, uns zu sehr auf die konzentriert, die Spielball von MillionenKochen sind, statt auf jene, die das Spiel inszenieren.
Klaus Liebig war mir gegenüber gar so sicher, dass er gewinnen wird. Er scheint Susanne Kraus besser gekannt zu haben, als er zugibt. Was, wenn er mehr über ihren Tod weiß, als er uns sagt? Was, wenn er damit einen der Eigentümer von Win-Sat erpresst? Gut kochen zu können ist eines, aber zu einem Sieg gehört mehr. Was, wenn er dem nötigen Glück auf die Sprünge helfen will?
Am nächsten Tag diskutieren wir in der Redaktionssitzung darüber, ob wir die kommende Ausgabe des „Magazins“ mit einem konservativen Moslemführer aufmachen. Faad Ahandi hat öffentlich alle Terroraktionen verurteilt, noch nie konnte er mit irgendwelchen Gewalttaten nachweislich in Verbindung gebracht werden. Und trotzdem wird in der Öffentlichkeit laut darüber diskutiert, ob man ihm nicht die Einreise verweigern soll. Er will bei einem islamischen Kongress über die Zusammenhänge von Staatssystem und Religionssystem referieren. Meine These behalte ich für mich: Wäre die Stimmung gegenüber den Moslems nicht so aufgeheizt, kein Mensch würde sich um diesen Kongress in Wien kümmern. Und die, die doch hingingen, würden bei einem Referat wie diesem wohl einschlafen. Oder lieber draußen vor dem Kongresssaal eine Wurstsemmel essen. Von mir aus mit Rinderwurst. Ich jedenfalls habe Faad Ahandi bisher als langweiligen, langatmigen Prediger wahrgenommen, Faad passt, man sollte es sogar mit drei a schreiben …
Der Außenpolitikchef ist für einen Bericht über die islamische Gefahr in Österreich. Ich sage nichts, muss aber sehr spöttisch dreinsehen.
„Sie werden noch an mich denken“, fährt er mich an. „Überall im Land gibt es Moslems. Ich sage nicht, dass alle gewaltbereit sind. Aber die meisten wollen sich nicht integrieren. Sie werden sich zusammenschließen.“
„Bisher waren es weltweit eher die Mehrheiten, die Minderheiten bedroht haben“, erwidere ich.
„Ihre beste Freundin ist Moslem“, erklärt der Chronikchef.
Ich könnte widersprechen, Vesna ist kein Moslem. Nicht einmal Jana ist Moslem, aber sie kämpft gegen Moslemmachos, weil sie findet, als Zuwanderin der zweiten Generation habe sie da eine besondere Verpflichtung. Aber ich sage nichts.
Droch schüttelt bloß den Kopf. „In Großbritannien überlegt man, alle Moslems verschärften Einreise- und Flughafenkontrollen zu unterziehen, gewisse Leute meinen, Moslem zu sein reicht, um zu einer Terrorrisikogruppe zu gehören. Darüber will ich etwas lesen. Und ich will auch lesen, was die österreichischen Stellen dazu sagen. Mira wird sich um die EU-Behörden kümmern. Und bis zum nächsten Heft wissen wir, ob Faad Ahandi einreisen durfte. Ich tippe auf Ja. Soviel ich weiß, will sein Büro niemandem sagen, wann er genau kommen möchte. Wenn es geht, werden wir ihn begleiten lassen. Schön wäre es, wenn wir eine junge Journalistin mit islamischen Wurzeln fänden. Ihr zur Seite natürlich einer unserer außenpolitischen Redakteure.“
Der Außenpolitikchef murmelt etwas wie, man solle Faad Ahandi keinesfalls zum Star machen, und ich will schon sagen, dass ja genau das passiert wäre, wenn man ihm die Aufmacherreportage gewidmet hätte, aber alle anderen nicken zu Drochs Vorschlag und damit ist die Sache beschlossen. Droch wäre ein guter Chefredakteur. Mir fällt etwas ein: „Ich kenne eine Publizistikstudentin, deren Eltern
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