Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
können?“
„Wovon denn?“
Ich habe nicht vor, ihn in Schwierigkeiten zu bringen. Aber es wäre doch zu schön, Passagen aus dem Vertrag im „Magazin“ abzudrucken. Das könnte eine Menge Fans interessieren.
„Und was ist es eigentlich, was so geheim gehalten werden muss?“, frage ich.
„Wie man mit den Kandidaten umgeht, dass sie wie Pakete hin- und hergeschoben werden in den Kulissen, dass sie stundenlang warten müssen. Und dass die Sendungen zum Großteil aufgezeichnet sind.“
„Sie sind aufgezeichnet? Wie geht das mit dem SMS-Voting?“
Er schaut mich mitleidig an. „Ganz einfach: Runde 1 bis 5 ist aufgezeichnet, nur die Endrunden sind live. So spart der Sender eine Menge Geld. Es werden pro Tag fünf Vorrunden aufgenommen, also ein Termin für die ganze Woche. Oder glauben Sie etwa, Lena Sanders würde sechs Abende in der Woche opfern?“ Er lacht. „Man zeichnet die Kochshow auf. Danach weiß man natürlich nicht, wer gewonnen hat, das Voting zu manipulieren, traut man sich doch nicht. Also muss jeder Kandidat so tun, als ob er gewonnen hätte. In der ersten Einstellung der eine und in der zweiten Einstellung der andere. Das hat auch noch den Nebeneffekt, dass niemand allzu enttäuscht wirkt oder gar in seiner Wut auf Sendung etwas Böses sagt, weil in dem Moment ja noch nicht klar ist, wen das Publikum wählen wird. Danach hat man sich zu entscheiden, ob man die Fragerunde möchte. Man beantwortet die Fragen. Wenn sich herausstellt, dass man schon beim Kochen verloren hat, wird die Aufzeichnung mit den Fragen einfach gelöscht, egal ob man sie beantworten konnte oder nicht.“
„Und das Studiopublikum?“
„Gibt es erst ab Runde 6, dann, wenn alles tatsächlich live ist. In den Vorrunden kommt nur Applaus von Band. Seltsam, dass sich nie jemand gefragt hat, warum Publikum erst ab der 6. Runde zugelassen wird.“
„Das alles hat bisher funktioniert?“ Irgendjemand in so einem Sender tratscht doch immer.
„Gerüchte hat es schon gegeben. Aber darüber geschrieben hat noch keiner.“
„Und was ist mit Konkurrenz-TV-Sendern? MillionenKochen nimmt ihnen doch Publikum weg.“
„Die wollen an solchen Praktiken nicht rühren. Die machen das ja auch nicht viel anders.“
Vielleicht bin doch ich die Naive und Klaus Liebig ist der Realist. „Und was soll ich jetzt damit machen?“, frage ich.
Er springt auf. „Schreiben Sie darüber! Und vor allem darüber, dass sie von vorn herein vorhatten, nicht mich, sondern diese Dozentin gewinnen zu lassen! Sie manipulieren das Publikum! Sie betrügen die Kandidaten!“
„Und das ist einen Selbstmordversuch wert?“ Das ist mir so herausgerutscht.
Klaus sieht mich an. „Es war meine letzte Chance.“ Dann lächelt er. Und es ist kein Lächeln, das mir gefällt.
[ 3. ]
I ch stopfe Gismo in ihren Katzenkorb. Früher war das eine ewig lange Prozedur, oft mit einer Verfolgungsjagd durch die ganze Wohnung verbunden, bei der sie deutlich bessere Karten hatte als ich. Aber seit sie in Oskars Wohnung zur Begrüßung sofort einige ihrer heiß geliebten schwarzen Oliven bekommt, geht es einfacher. Sie zeigt mir zwar, dass sie Reisen, und sei es nur durch halb Wien, absolut unnötig findet, spielt aber gnädigerweise und in Gedanken an künftige Genüsse mit.
Heute und morgen übernachten wir bei Oskar, ich hab längst einen Schrank bei ihm, und Kleidungsstücke, die mir besonders gefallen, kaufe ich doppelt. Besser, als immer mit einem Koffer unterwegs zu sein. Diese ewige Pendelei ist auch für mich etwas mühsam, aber ich war es schließlich, die dieses Arrangement wollte. Ständig zusammen zu wohnen – ich kann es mir nicht vorstellen. Oder doch? Oskar und ich, wir vertragen uns auch im Alltag gut. Ich habe ihn gerne um mich. Ich liebe ihn. Aber ich war eben lange solo. Und ich liebe auch meine Unabhängigkeit. Nicht quatschen zu müssen. Mir ohne Rechtfertigung in der Nacht noch einen großen irischen Whiskey einzuschenken. Das Gefühl, mich vor den Fernseher knallen zu können und die nächsten drei Stunden an nichts mehr denken zu müssen.
Und das ist mir alles so wichtig? Ich schleppe Gismo nach unten, sie könnte ruhig etwas abnehmen. Zum Glück steht mein Auto nicht weit entfernt. Sie brüllt, als ich ihren Korb auf den Beifahrersitz stelle, aber auch das ist inzwischen schon Routine. Ich schließe die Türen und öffne den Korb. Die einzige Chance, dass sie mit ihrem nervtötenden Geschrei aufhört, ist, sie im Auto
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