Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
dafür.“
„Wie wäre es mit einer Kochausbildung gewesen? Einer Kochlehre? Oder einem Kolleg? Es gibt Ausbildungen für Maturanten.“
„Koch?“ Er schüttelt den Kopf. „Als Beruf? Das ist doch eher nichts für mich. Zumindest nicht die klassische Art, wo du dich jahrelang abschuftest, um dann vielleicht Chef zu werden. Ich wollte einfach allen zeigen, was ich kann. Dass ich besser bin. Und ich habe gewusst, dass ich das Geld gewinnen kann. Drei Millionen Euro plus das Geld aus den Runden davor. Das sind noch einmal 525.000 Euro. Wäre es gerecht zugegangen, hätte ich gewonnen.“
„Warum haben sie nicht in der 6. Runde aufgehört? Das wäre auch schon eine Menge Geld gewesen und Anerkennung.“
„Anerkennung? Sicher nicht, du wirst sofort wieder vergessen, und wenn sie sich erinnern, dann nur an den, der in der Runde 6 lieber aufgegeben hat. Du musst gewinnen. Gewinnen!“ Er schreit es beinahe, und erst jetzt denke ich wieder daran, dass er psychisch nicht ganz auf der Höhe ist. „225.000 Euro wären das gewesen. Was ist das schon? Kann man damit leben? Wenn es gerecht zugegangen wäre, hätte ich alles bekommen, ALLES!“
„Das hat noch niemand geschafft.“
„Weil sie alle nicht gut genug waren. Ich habe mir die Aufzeichnungen besorgt. Ich hatte bessere Voraussetzungen, ich kann kochen, ich weiß, wie man sich vor einer Kamera bewegt. Ich bin ein Typ, der im Fernsehen ankommt. Ich bin intelligent und habe ein großes theoretisches Wissen.“
Mal abgesehen vom Rückenmark des Störs, will ich schon sagen, aber ich soll ihn ja nicht aufregen. „Was also ist dann nicht gerecht zugegangen?“, frage ich ganz sanft.
Er sieht mich konzentriert an. „Sie wollten mich von Anfang an nicht. Sie planen ihre Sieger. Es wird Zeit, dass endlich jemand die Millionen bekommt. Ich habe ein Gespräch mitgehört. Sie brauchen einen Gewinner, bevor das Gerücht entsteht, sie halten alle Kandidaten nur zum Narren. Aber ich sollte das nicht sein. Sie haben einen Namen gesagt.“
„Welchen Namen?“
„Helga Schuster. Diese Dozentin. Ich habe ganz deutlich gehört, wie der Produzent zum Regisseur gesagt hat, die hätte das Zeug dazu. Und dass es auch für den Sender gut wäre, weil in Deutschland die Sendung nicht so gut laufe, irgendwie seien zu viele Österreicher in den höheren Runden. Also soll die Uni-Dozentin gewinnen. Ich hab ja kein abgeschlossenes Studium. Weil ich nicht bereit bin, alles mitzumachen. Und wenn es nicht klappt, dann haben sie immer noch diese Susanne Kraus.“
„Wie viele Lose haben Sie eigentlich kaufen müssen, bis das richtige dabei war?“
„Keine Ahnung … Meine Mutter hat sie gekauft. Sie hat mich darin bestärkt, dass ich das schaffen kann.“
„Können Sie sich vorstellen, dass Kandidaten ohne Gewinnlos eingeschleust werden?“
„Vorstellen kann ich mir bei denen alles. Man muss auch sofort einen Vertrag unterschreiben, ich kann Ihnen eine Kopie geben. In dem verpflichtet man sich, eine gewisse Stundenanzahl zu Werbe- und PR-Zwecken des Senders zur Verfügung zu stehen, nichts über den Ablauf der Sendungen nach außen zu bringen, sich an alle Regeln zu halten, kein kritisches Wort über Sender, Mitarbeiter oder Programme des Senders zu äußern, vor dem Kontakt mit Medien stets das Einverständnis der Öffentlichkeitsabteilung von Win-Sat zu holen.“
„So etwas soll inzwischen üblich sein.“
„Ich habe ja auch unterschrieben.“
„Was ist, wenn Sie sich nicht daran halten?“
„Dann scheide ich automatisch aus. Jetzt kann mir das ja egal sein, ich bin schon ausgeschieden.“
Ich schnappe mir den Vertragstext. Manchmal ist es ganz gut, Rechtswissenschaften studiert zu haben. Man ackert sich rascher durch das Juristendeutsch. Und da steht es schon: „Ich verpflichte mich, auch nach meinem Ausscheiden aus dem Programm nichts in der Öffentlichkeit zu äußern, was dem Sender oder dem Programm Schaden oder Imageeinbußen zufügt oder Interna über den Ablauf verrät.“ Ich lese es Klaus vor und ergänze: „Erstens verlieren Sie alles, was Sie an Preisgeldern gewonnen haben, zweitens wird eine Konventionalstrafe von 30.000 Euro fällig und drittens wird mit einem Strafgerichtsverfahren wegen Ruf- und Kreditschädigung sowie einem zivilrechtlichen Verfahren auf Schadenersatz gedroht.“
„Sollen sie probieren“, antwortet Klaus. „Und wenn: Die Strafe zahlt meine Mutter schon.“
„Sie sind 31. Sollten Sie die Strafe nicht selbst zahlen
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