Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
Wie lange dauert es noch?“
„Eine halbe Stunde. Übrigens: MillionenKochen geht gleich los. Die heutigen beiden Kandidaten kenne ich sogar. Sie sind schon in der 5. Runde.“
Oskar sieht mich mit einem leichten Grinsen an. „Daher die lange Vorrede.“
„Es ist ja nur, weil ich an der Reportage arbeite.“
„Dreh schon auf, ich hab die Show ewig lang nicht gesehen, du hast mich neugierig gemacht. Noch einen Drink?“
„Lieber nicht, sonst bin ich schon vor dem Essen besoffen.“
„Aber wehe, du trinkst meinen Riesling leer.“
„Ich doch nicht.“
Wir machen es uns auf dem Sofa bequem, Oskar angelt nach der Fernbedienung. „Wo finde ich Win-Sat?“
Er ist einer derjenigen, die mit den beiden traditionellen österreichischen Fernsehprogrammen mehr als genug haben. Geht mir meist ähnlich, aber als vor einigen Monaten Wahlen in Italien waren, hab ich den Receiver neu programmiert. Ich wollte auf RAI sehen, wie Berlusconi verliert. Zwar hat es in der Nacht nach der Wahl noch keine Entscheidung gegeben, aber wir haben Prodi schon etwas vor der Zeit zum Sieger erklärt und es war ein Fest mit viel Soave und Montepulciano. „Zirka bei Kanal 15“, erwidere ich.
15 stimmt exakt und Oskar unterstellt mir, heimlich Win-Sat zu sehen.
Ich drohe ihm damit, die Hühnerhaxen alleine zu essen.
MillionenKochen hat gerade begonnen. Man sieht in einem rasch geschnittenen Clip die Sieger und Verlierer der letzten Shows, danach folgt heftiges Klatschen aus dem Off und Lena Sanders tritt hinter die Kochzeile. Sie trägt ein orangefarbenes enges T-Shirt, schwarze Hosen und wirkt überhaupt nicht wie eine Operndiva.
„Mhmmm“, beginnt sie ihren Text genießerisch, natürlich weiß ich, dass sie ihn von der Autocue liest, die auf allen Studiokameras mitläuft. „Ich bin heute noch nicht zum Essen gekommen, und dann diese Ankündigung …“ Sie dreht die Augen nach rechts, deutet auf den noch leeren Kochplatz: „Risotto mit Jakobsmuscheln!“ Sie wendet sich zum leeren Kochplatz zu ihrer linken Seite: „Mit Trüffelbrioche gefüllte Kaninchenkeule auf Champagnerkraut!“
Sie strahlt direkt in die Kamera. „Zum Glück haben unsere Kandidaten wie immer nur eine halbe Stunde Zeit – und danach wird gegessen!“ Sie stutzt theatralisch. „Außer: Der Sieger oder die Siegerin will noch ein paar Fragen beantworten … Wir werden sehen … – Und da kommen sie! Schon in Runde 5: Susanne Kraus und Bert Seinitz!“
Die beiden eilen in weißer Kochschürze mit dem Aufdruck „MillionenKochen“ aus der Kulisse, nehmen bei munterer Musikuntermalung ihren Platz rechts und links von Lena Sanders ein. Sie schüttelt beiden die Hand und zieht sich zu den Küchenkästen zurück. Die Musik verstummt. Die beiden geben einander die Hand.
„Gutes Gelingen“, sagt Susanne Kraus und strahlt ihren Konkurrenten an.
„Alles Gute“, erwidert Bert Seinitz, er wirkt doch reichlich angespannt.
„Gefüllte Kaninchenkeule in einer halben Stunde, da hat er sich viel vorgenommen“, sage ich zu Oskar und grapsche nach seinem Glas. Er zieht es mir weg, schenkt nach, gibt es mir dann.
Jeder der beiden ist unterdessen zu seinem Kühlschrank geeilt und holt die Utensilien heraus. Anders als bei den meisten herkömmlichen Kochshows ist nichts vorbereitet. Susanne Kraus kommt groß ins Bild. Noch bevor sie irgendetwas sonst tut, hat sie zwei Töpfe auf den Herd gestellt. Ich erinnere mich, er arbeitet mit Induktion, also mit Magnetwellen. Sobald der Topf mit dem Herd Kontakt hat, ist die volle Hitze da.
„In den einen Topf gebe ich ein Stück Butter“, erklärt sie, „und etwas Olivenöl. In den anderen gieße ich heißes Wasser und würze es mit Gemüsepulver. Wenn ich daheim mehr Zeit habe, nehme ich natürlich einen selbst gemachten Gemüsefond oder einen leichten Fischfond“, lächelt sie in die Kamera, „aber es schmeckt auch so sehr gut.“
Lena Sanders geht jetzt hinüber zu Bert Seinitz.
Er steht vor einem Brett mit zwei Kaninchenunterkeulen und hat ein typisches Ausbeinmesser in der Hand. „Man muss die Kaninchen von ihren Knochen befreien“, sagt er konzentriert.
„Das ist gar nicht so einfach, wie es aussieht“, assistiert ihm Lena Sanders, als er abrutscht und nur um Haaresbreite seinen Finger verfehlt.
„Ich würde zuerst die Fülle vorbereiten“, sage ich.
Bert Seinitz arbeitet schnell, ich sehe einen Schweißtropfen auf seiner Stirn. „Ob sein Messer scharf genug ist? Die in der Lade waren stumpf, als
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