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Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi

Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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Vielleicht wollte er mich nicht sehen. Vielleicht ahnt er schon, dass ich hinter einige Zusammenhänge gekommen bin. Andererseits: Droch nimmt zu Beginn der Redaktionswoche hin und wieder einen Urlaubstag. Aber jetzt? Wo er interimistischer Chefredakteur ist? Warum nicht. Er hat den Chefredakteur häufig vertreten.
    Vielleicht geht es ihm nicht so gut. Er sitzt im Rollstuhl. Er ist nicht mehr der Jüngste. Kann sein, die Sache nimmt ihn mehr mit, als er zugeben will. Mira, er ist gelähmt, aber ansonsten kerngesund. Er ist alles andere als eine Mimose.
    Ich starre auf mein Redaktionstelefon und ärgere mich, dass ich mir Sorgen mache. Ich könnte ihn daheim anrufen. – Und was sagen? Wir haben uns im Streit getrennt. Ganz gut, wenn er merkt, dass ich nicht vor ihm zu Kreuze krieche. Und immerhin: Er hat sich gestern den ganzen Tag lang nicht gerührt. Er war es, der den Kriminalfall dem Chronikressort gegeben hat.
    Das Telefon läutet und ich schrecke auf. Vom Anstarren kann doch kein Telefon läuten. „Droch“, will ich schon sagen, aber es ist Vesna.
    „Ich brauche deine Hilfe“, sagt Vesna. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie je Vergleichbares gesagt hätte. „Jana ist verhaftet worden.“
    „Was hat sie getan?“
    „Wieder idiotische Sprayaktionen, das letzte Mal man hat sie verwarnt, jetzt hat man sie festgenommen. Gemeinsam mit andere Mädchen.“
    „Wo sind sie?“
    „Kommissariat Fünfhaus.“
    „Wo bist du?“
    „Daheim in Büro. Sie hat mich gerade angerufen. Ich weiß, ich bin Österreicherin, aber alles zählt das nicht. Oft zählt Herkunft.“
    „Wir treffen uns vor dem Kommissariat. Ich fahre sofort los.“
    „Danke. Du bist Freundin.“ Sie wirkt so kleinlaut und verzweifelt, dass ich sie noch irgendwie trösten möchte, aber ich weiß nicht, wie.
    Gerade noch rechtzeitig fällt mir ein, dass ich keine Ahnung habe, wo das Kommissariat Fünfhaus ist. Ich suche im Internet, über den Hinweis einer Fahrschule, dass man den Führerschein beim zuständigen Kommissariat beantragen müsse, finde ich die Adresse schließlich. Soll ich Zuckerbrot anrufen?, überlege ich, während ich in die Tiefgarage des „Magazins“ sause. Heute habe ich unseren Portier ausnahmsweise überreden können, mich hier parken zu lassen. Aber es ist auch Sommer und viele der fix vergebenen Plätze sind verwaist.
    Ich programmiere meinen GPS-Navigator, ärgere mich, dass er keine Verbindung aufbauen kann und begreife erst dann, dass das Gerät in der Tiefgarage schwerlich Kontakt zu seinen Satelliten findet.
    Ich bleibe in der Ausfahrt stehen, warte, bis mir die Computerstimme erzählt, dass ich links abbiegen soll. Ich komme zügig voran, Sommer in Wien. Trotzdem dauert es mehr als eine halbe Stunde, bis ich beim Kommissariat bin. Und dann: kein Parkplatz. So nah bei der Polizei sollte ich kein Risiko eingehen. Ich sehe Vesna auf der Seite des Amtsgebäudes stehen, winke ihr, fahre noch einmal um den Block. Endlich, die Lücke ist nicht groß, aber das muss sich ausgehen. Ich reversiere einige Male, ich schwitze, dann ist mein Fiat drinnen. Und ich hetze zum Kommissariat.
    Vesna, meine coole Vesna, die während des Jugoslawienkriegs ihre zwei Kinder nach Österreich geschleust hat und dann auf ihrem sagenhaften Motorrad selbst geflohen ist, umarmt mich aufgeregt. „Dummes Kind“, sagt sie dann. „Man muss sie rausholen.“
    „Machen wir“, beruhige ich sie.
    Die nächste halbe Stunde verbringen wir damit, auf den zuständigen Beamten zu warten. Es ist eine sehr junge Beamtin, stellt sich heraus. Das ganze Prozedere erinnert mich an unsere Aufenthalte in der Polizeistation auf der Karibikinsel St. Jacobs. Staatsmacht eben.
    Vesna hat sich längst als Mutter ausgewiesen und ich frage, was es für einen Grund gibt, eine österreichische Maturantin, die leichte Sachbeschädigung begangen hat, festzunehmen.
    „Sie ist eine Wiederholungstäterin. Und sie ist Mitglied einer Bande. Außerdem könnte Fluchtgefahr bestehen.“
    „Eine Bande“, lächle ich so verbindlich wie möglich. „Ein paar Mädchen, die sich in den Kopf gesetzt haben, gewalttätige Männer vorzuführen. Fluchtgefahr – wohin sollte sie denn fliehen?“
    „Heim nach Bosnien, ist doch klar. Und das Verhalten der Männer steht da nicht zur Debatte“, meint die Polizistin. „Es ist gegen das Strafgesetz, fremdes Eigentum zu beschädigen. Das ist Ihnen wohl klar.“
    „Ich bin Juristin. Und ich bin Journalistin. Und übrigens: ‚Heim nach

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