Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
Förderungen, aber das kann ich nicht sicher sagen.
Und Anna-Maria Bischof wollte nicht, dass bekannt wird, dass sie ihr Kochbuch nicht selbst geschrieben hat. Das alles zusammen war genug, um die Bischofs zu erpressen: Susanne Kraus wollte zu MillionenKochen. Es war zu dem Zeitpunkt schon klar, dass Anna-Maria Bischof die nächste Promi-Köchin sein würde. Die Köchin sollte ihr Zugang verschaffen und sie hat es auch getan, das ging angeblich recht einfach über das Besetzungsbüro. Man soll immer wieder Kandidaten ohne Los eingeschmuggelt haben.“
Ich sehe Droch an, er hört mir nachdenklich zu. Sein Gesicht ist ausdruckslos.
„Was ich nicht weiß“, fahre ich fort, „ist: Hat Susanne Kraus schon früher vorgehabt, eine Reportage über MillionenKochen zu schreiben oder ist ihr die Idee erst gekommen, als sie die Sendung und ihre Produktionsmethoden kennengelernt hat? Ich tippe eigentlich auf Zweiteres. Sie trifft unseren Chefredakteur. Der findet sie attraktiv, kein Wunder. Sie kommen ins Gespräch und der Chefredakteur sagt vermutlich, was er schon zu sehr vielen freien Journalistinnen gesagt hat: Es wäre doch schön, wenn sie für ihn arbeiten würde, man sollte sich in Ruhe treffen und mögliche Themen besprechen, im ‚Magazin‘ gebe es immer einen Platz für Talente. Sie tarnt seine Telefonnummer als Mengenangaben in einem Rezept.“
„Unsinn.“ Das klingt nicht wirklich überzeugend.
Ich lächle. „Ich kann Rezepte lesen. Und ich kenne die Mobilnummer unseres Ex-Chefredakteurs. Susanne Kraus hat eine Story. MillionenKochen. Die Kandidatin, die erzählt, wie es wirklich läuft. Sie fühlt sich als Aufdeckungsjournalistin und wittert ihre große Chance, endlich in einer großen Redaktion Fuß zu fassen. Der Chefredakteur bestärkt sie in ihren Träumen. Runde für Runde, die sie bei MillionenKochen weiterkommt, wird die Story spannender. Sie fragt Kandidaten aus. Sie ist überall dabei. Sie findet heraus, dass Lena Sanders gar nicht kochen kann und dass es auch weder Gnade noch Laune der Operndiva ist, die Show zu präsentieren. Sie hat Stimmbandprobleme. Und sie hat Angst um ihre Glaubwürdigkeit. Außerdem überlegen die Sendereigentümer, sie als Moderatorin abzusetzen. Susanne Kraus kommt dahinter, dass Bert Seinitz Sozialhilfeempfänger mit Managervergangenheit ist und verzweifelt seine letzte Chance nützen möchte, um zu Geld zu kommen. Für den Fall, dass sie die 5. Runde gegen ihn verliert, soll die Story ganz groß in die nächste Ausgabe des ‚Magazins‘. Der Chefredakteur checkt sicherheitshalber noch bei mir eine Geschichte über die Betriebsansiedelung des Senders und bei der Kulturredaktion ein Porträt über Lena Sanders ein. Kommt die Story, ist das Umfeld schon recherchiert. Außerdem können wir mit unseren offiziellen Recherchen von der frischgebackenen Aufdeckungsjournalistin ablenken.
Für den Fall, dass sie gewinnt, will man noch Runde 6 abwarten – wo sie höchstwahrscheinlich gegen Anna-Maria Bischof gewinnen wird. Dann weist sie nach, dass die Köchin alles dazu getan hat, um zu verlieren. Sie kann es sich nicht leisten, Susanne Kraus gegen sich aufzubringen. Sie weiß zu viel. Aber so weit kommt es nicht mehr. Nach Runde 5 kommt das Aus. Durch eine Quecksilberspritze.“
Ich sehe Droch an. Er kratzt nachdenklich mit dem rechten Zeigefinger an der Lehne seines Rollstuhls. „Ich bin mir übrigens sicher, dass Zuckerbrot zumindest weiß, dass Susanne Kraus hinter einer heißen Story für das ‚Magazin‘ her war. Sie haben ihre Aufzeichnungen über MillionenKochen zu den Akten genommen. Und jetzt erzählst du mir bitte, wie das mit eurer Krisensitzung war.“
Droch geht mit keinem Wort auf meine Ausführungen ein. „Die Polizei hat schnell gearbeitet. Sie hat noch am selben Tag bei Susanne Kraus Unterlagen gefunden, die zum ‚Magazin‘ geführt haben. Ihr war nicht klar, wie einfach die Behörden Mails überprüfen können, sie hat ausgerechnet über Hotmail mit unserem Exchef kommuniziert. Sie war sehr penibel, vielleicht hat sie auch bloß zu viele Journalistenfilme gesehen. Hat sich Klein-Watergate zusammenfantasiert. Zuckerbrot hat mit dem Herausgeber gesprochen – übrigens noch bevor er mit mir gesprochen hat. Dann waren die Sitzung und die Entscheidung, dass der Chefredakteur gehen muss. Er hat eine unerfahrene Journalistin in eine Aufdeckungsreportage gehetzt, ohne andere einzubeziehen, er hat das Risikopotenzial nicht ausreichend abgeschätzt. Wenn die
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