Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
hast. Er ist mit ihr am Rande einer Veranstaltung ins Gespräch gekommen.“
„Hat er ein Verhältnis mit ihr gehabt?“
Droch seufzt. „Mira, du wirst es kaum glauben, aber das haben wir ihn nicht gefragt. Es ist für den Kriminalfall auch nicht relevant.“
„Hat sie ihm regelmäßig berichtet?“
„Sie haben hin und wieder gemailt, aber sie wollte die Story fix und fertig liefern. Sie hatte offenbar auch ihren journalistischen Ehrgeiz, und gänzlich unerfahren war sie ja nicht.“
„Also weiß er nichts darüber, ob jemand rund um MillionenKochen hinter ihre Absicht gekommen ist?“
„Das haben wir ihn gefragt. Er sagt, Susanne Kraus habe ihm erzählt, dass keiner Verdacht geschöpft habe, die seien alle mit ihren eigenen Problemen und Hoffnungen und fixen Ideen beschäftigt gewesen.“
Sie könnte sich geirrt haben. „Ich möchte über Klaus Liebigs zweite Chance schreiben – vorausgesetzt, der Produzent geht auf seinen Wunsch ein. So kann ich dran bleiben. Entweder ich finde den Täter, dann schreibe ich die ganze Story. Oder ich finde ihn nicht, dann erfährt auch von mir niemand, dass der Chefredakteur das ‚Magazin‘ hineingezogen hat.“
Droch seufzt. „Kann ich dich aufhalten?“
Ich schüttle den Kopf. „Ich brauche ein Budget für Vesna.“
Droch stöhnt. „Eine illegale Privatdetektivin, auch das noch. Okay, ich weiß nicht, wie ich es mache, aber du bekommst es – wenn ihr erfolgreich seid. Alles in allem ist es mir doch lieber, wenn sie in deiner Nähe ist.“
Ich soll Vesna in einem Espresso im 2. Bezirk treffen. Eigentlich ist es nicht mehr als ein Schlauch, mit jedem Meter, den man weiter ins Innere kommt, wird es dunkler. Es gibt eine lange Bar und davor Hocker, und das ist es auch schon. Die Lederpolsterung – wahrscheinlich ist es doch eher Plastik – des ersten Hockers ist aufgerissen, weißes Füllmaterial quillt heraus. Man sollte ihn weiter hinein ins Finstere stellen. Aber was weiß ich, wie die Hocker dort aussehen. Ich erwarte einen tätowierten Typen hinter der Bar, aber es ist eine ältere Frau, die mich anstarrt. Vesna sehe ich nirgendwo, sie hat nur gemeint, sie sei „geschäftlich“ ganz in der Nähe und werde rechtzeitig da sein.
„Ich hätte gerne einen Campari-Soda“, probiere ich es.
„Mach ich“, lautet die Antwort.
„Hat jemand eine Nachricht für mich hinterlassen?“
„Ich weiß ja nicht, wer Sie sind.“ Ihre Stimme ist laut, durchdringend, irgendetwas zwischen Kettensäge und Reibeisen, eine Hexenstimme. Ich lehne mich an die Bar und setze mich sicherheitshalber nicht hin. Die Frau trägt eine grüne Strickweste und einen Rock undefinierbarer Farbe. Wie sie wohl in diese Bar gekommen ist?
„Mira Valensky.“
„Nein.“
Schon will ich „doch“ sagen, als ich registriere, dass es die Antwort auf meine Frage nach einer Nachricht war. „Vielleicht … bei Ihrem Chef?“, frage ich weiter. Es ist bereits 15 Minuten nach der vereinbarten Zeit und Vesna ist, im Gegensatz zu mir, immer pünktlich.
„Chef gibt es keinen“, sagt die Hexe zufrieden.
„Die Bar gehört Ihnen?“
„Warum nicht? Ist ja auch nicht gerade ein Luxusschuppen.“
„Na ja.“ Besser, man beleidigt sie nicht. Sie schiebt mir den Campari-Soda herüber, ich koste. Er ist genauso, wie ich ihn mag: stark mit einem kleinen Stück Zitrone und Eis.
„Gut schmeckt der. Haben Sie die Bar immer schon?“
„Wer hat was schon ‚immer schon‘? Nein. Habe ich nicht. Ich war Hausmeisterin.“
Ob sie den Barbetrieb als Aufstieg oder als Karriereknick sieht?
„Ich hab da zusammengeräumt, dann hat Hugo das Lokal aufgeben müssen und mich gefragt, ob ich es will. Ich wollte. Und ich gehe ihn immer noch besuchen.“
Das will ich genau wissen, auch wenn ich einen Verdacht habe. „Wo?“
„In Stein. Hugo ist ein braver Mann. Aber leider ist er jähzornig.“
Ich sollte eine Reportage über Bars und Espressos in Wien machen. Hugo, der jetzt im berüchtigtsten Gefängnis Österreichs wohnt, ist sicher tätowiert.
In der Tür eine Gestalt im Gegenlicht. Vesna. Ich winke ihr aus dem Finstern.
Die Reibeisenfrau meldet: „Wenn Sie was zu besprechen haben: Ganz hinten ist ein kleiner Tisch. Und ich hör sowieso nicht hin.“
Vesna trinkt Kaffee, ich noch einen Campari-Soda.
„Morgen treffe ich Produzenten“, erzählt sie. „Es ist eine Ausstellungseröffnung von Bildern von Emil Nolde. Er muss dort sein. Er hat Leihgaben gemacht und wird etwas dazu
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