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Milner Donna

Milner Donna

Titel: Milner Donna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: River
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all diese Damen, die ihre Tanzkarten parat hielten und hoffnungsfroh aufblickten, als ich in den Saal kam. Aber ich ging schnurstracks über die Tanzfläche dorthin, wo deine Mutter stand, und sagte: ›Ich glaube, das ist mein Tanz.‹ Sie blickte hinunter auf ihre Tanzkarte, dann wieder zu mir hoch, schob die Karte in ihre Tasche und sagte: ›Tja, ich glaube, das stimmt.‹«
    Während River auf seinen Platz am Tisch rutschte, fragte er tonlos: »Tanzkarte?« , und wir tauschten verstohlen ein Lächeln aus.
    »Ich habe nie zu denjenigen gehört, die gern eine Szene machen«, schnaubte Mom. »Nicht dass ich unter vielen Partnern hätte auswählen können. Es war schließlich Krieg. Männer, die infrage kamen, waren knapp, und ich war neu in der Stadt. Die einzigen Namen auf meiner Tanzkarte gehörten Freunden meiner Tante. Als der Song vorbei war …«
    »Und wie lautete der Titel dieses Songs?«, trumpfte mein Vater auf.
    »It Had To Be You«. Mom sah mich an und verdrehte die Augen. »Jedenfalls, als der Tanz fertig war, dankte ich deinem Vater herzlich, aber bestimmt. Dann kehrte ich zu Allen Mumford zurück. Er war damals der neu etablierte Arzt der Stadt. Tatsächlich war es sein Name, der auf meiner Karte stand. Als Allen mich auf die Tanzfläche führte, sah ich deinen Vater weggehen.«
    » Ich habe nie zu denjenigen gehört, die den Bogen überspannen«, versetzte Dad.
    Jetzt hatten sie sich heißgeredet und brauchten nicht mehr von mir animiert zu werden. Ich warf River einen Blick zu und sah den amüsierten Ausdruck auf seinem Gesicht. »Am nächsten Morgen, als ich bei Tante Elsie die Milch ausgeliefert habe«, fuhr Dad fort, »geht ihre Haustür auf, und deine Mutter spaziert heraus. Sie hüpft die Stufen herunter, öffnet die Beifahrertür des Milchtrucks, springt herein, schlägt die Tür zu und sagt: ›Ich glaube, das ist mein Sitz‹, ohne mich auch nur anzulächeln.«
    Wer wem den Kopf verdrehte, hängt davon ab, wer jeweils die Geschichte zum Besten gibt. Auf dem Hochzeitsfoto, das acht Monate später aufgenommen wurde, sieht mein Vater ein bisschen verdattert aus. Er sagt, das komme daher, dass er immer noch nicht glauben konnte, neben dieser »schönen Fremden« zu stehen, seiner Braut, die zehn Jahre jünger war als er. Er hatte ihr bei ihrem zweiten Rendezvous einen Heiratsantrag gemacht – nach mehr als nur ein paar Schlückchen Whiskey aus einer mitgebrachten Flasche. Als sie ihn mit einem »Ja« überraschte, verschwand er in der Gasse hinter dem Roxy-Lichtspieltheater und musste sich übergeben.
    Mom sagt, sie hätten noch früher geheiratet, nur mussten sie erst ihre Eltern überzeugen, die für sie unterschreiben mussten, weil sie erst siebzehn war. Nachdem sie angedroht hatte, in die Staaten zu flüchten und ohne ihre Einwilligung zu heiraten – eine sehr glaubhafte Drohung, da die Grenze nur ein paar Minuten entfernt war –, gaben ihre Mutter und ihr Vater nach. Wenn er gewusst hätte, dass sie sich der katholischen Kirche ausliefern würde, wäre er, sagte mein Großvater, »persönlich hergekommen und hätte sie gekidnappt, nach Hause geschleppt und so lange ans Bett gefesselt, bis sie wieder zur Vernunft gekommen wäre«.
    »Als er es herausfand, war es sowieso zu spät«, erzählte Mom. »Dad war auf See, als Father Mackenzie uns in St. Anthony’s traute. Deine Großmutter hat erst wenige Minuten vor Beginn der Zeremonie begriffen, dass es sich um eine katholische Kirche handelte.«
    Meine Großmutter gehörte ebenfalls nicht zu denen, die gern eine Szene machten, aber jeder in der Kirche hätte an diesem Tag bemerken können, dass die Schluchzer, die sie hinunterschluckte, und die Tränen, die sie vergoss, nicht die üblichen Freudenbekundungen einer Brautmutter waren.
    Im Gegensatz zu dem, was meine Großmutter glaubte – eine Meinung, an der sie, Dad zufolge, bis zum Tag ihres Todes festhielt –, beteuerte meine Mutter immer, es nie bereut zu haben, die Frau eines Farmers geworden zu sein. In dem Augenblick, als sie zum ersten Mal bei »Wards Milchfarm« aus dem Milchtruck stieg, hat sie, ihrer eigenen Aussage zufolge, ihr Herz an den Hof verloren.
    »Es war wirklich die Farm, in die ich mich zuerst verliebt habe«, sagte sie wehmütig, als der Teekessel auf dem Herd zu pfeifen begann.
    Ich habe versucht, mir auszumalen, was es gewesen sein mochte, was sie so unwiderstehlich fand, als sie an jenem Wintervormittag zum ersten Mal aus ihrem Schleudersitz

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