Milner Donna
da einen kleinen Sonnenbrand erwischt, Natalie«, sagte er und tippte mir auf die Nasenspitze.
Ich überlegte, wie viel davon auf die Sonne zurückging und wie viel auf die Tatsache, dass er in meiner Nähe war. Niemand außer River besaß die Macht, mich zum Erröten zu bringen. Obwohl er nun schon einen Monat da war, geriet ich in seiner Gegenwart nach wie vor aus der Fassung.
Draußen warf er mir einen verschwörerischen Blick zu, weil meine Eltern sich immer noch neckten. Nachdem die letzten leeren Milchflaschen in der Molkerei verstaut waren, folgten wir Mom und Dad zum Mittagessen hinauf ins Haus.
Dad schlang die Arme um Mom. »Also, Nettie«, sagte er, »wie ich höre, sind Glückwünsche angesagt.«
»Glückwünsche?«
»Weil du deine lange verschollen geglaubte Verwandtschaft wiedergefunden hast«, sagte Dad verschmitzt. »Wir sind heute Morgen Gerald Ryan über den Weg gelaufen.«
Mom blieb so abrupt stehen, dass ich beinahe mit ihr zusammengestoßen wäre. Sie drehte sich um und sah River an, der sich bemühte, ernst zu bleiben. »Oh, ich …«, stammelte sie, und die Röte stieg ihr in die Wangen. »Ich … ich dachte …«
»Ja, vielen Dank fürs Bürgen, Cousine Nettie«, sagte River gedehnt.
»Ich habe immer gewusst, dass du eine große Familie haben wolltest«, sagte mein Vater. »Nur war mir nicht klar, wie weit du gehen würdest, um sie zu bekommen.«
Er lachte und zog Mom noch näher an sich.
»Und das ist der einzige Grund, weshalb ich dich geheiratet habe«, blaffte Mom und schüttelte seinen Arm mit gespieltem Unmut ab.
River eilte zum Tor und winkte mit einer scherzhaften Verbeugung erst sie und dann mich an sich vorbei.
»Dass du das ja nicht glaubst!«, sagte Dad zu mir und ging an River vorbei, als wäre er Luft. »Es war Liebe auf den ersten Blick, als deine Mutter mich sah.«
»Ha! Für dich vielleicht.« Mit aufrechtem Rücken und hochgerecktem Kinn ging sie auf die Verandastufen zu.
Dad eilte ihr nach und zog die Fliegengittertür auf. Er hielt sie fest und ließ Mom und mich in die Küche treten. Dann folgte er und ließ die Tür hinter sich los. River bekam sie gerade noch zu fassen, bevor sie zufiel.
Drinnen stellten Mom und ich uns ans Spülbecken und wuschen uns die Gartenerde von den Händen. »Wenn du das dumme Gesicht hättest sehen können, das dein Vater machte, als er an meinem ersten Morgen in der Stadt mich an der Tür sah statt Tante Elsie«, sagte sie. »Er stand da, in jeder Hand eine Milchflasche, und guckte, als hätte er sie soeben entdeckt und keine Ahnung, wozu sie gut sein sollten.«
River lachte in sich hinein. Als er den Küchentisch vom Fenster wegzog, fragte er: »Was hat eigentlich ein Stadtmädchen nach Atwood geführt, Nettie?«
Mom dachte einen Moment nach und sagte dann: »Nun, mein Vater hat sich 1939, gleich nach Kriegsausbruch, bei der Marine gemeldet.«
Sie hob den Kessel vom Herd, nahm ihn mit zum Spültisch und füllte ihn, während sie weitersprach. »Er hat meine Mutter und mich in Victoria, auf Vancouver Island, zurückgelassen und sich eingeschifft. Nach Pearl Harbor, als die Amerikaner in den Krieg eintraten, ist meiner Mutter plötzlich klar geworden, dass Japan ›nur auf der anderen Seite des Wassers‹ lag. Eine Woche später schickte sie mich zu ihrer Tante Elsie, hierher, nach Atwood.«
»Und dann sah sie mich und war hin und weg«, erklärte Dad. Er zwinkerte mir zu, bevor er in Richtung Toilette verschwand.
»Ganz so war es nicht«, sagte Mom über die Schulter. Sie drehte den Hahn zu und hob den Kessel aus dem Spülbecken.
River eilte hinzu, nahm ihr den schweren Kessel aus den Händen und trug ihn zum Herd.
»Erzähl River das mit dem Tanz«, forderte ich sie auf. Ich hatte die Geschichte, wie meine Eltern sich kennengelernt hatten, viele Male gehört. Ich hielt sie für so romantisch, dass River sie meiner Meinung nach auch hören sollte.
Sie zog die Besteckschublade auf und fuhr fort: »Dein Vater hat an diesem ersten Morgen nicht einmal ein ›Hallo‹ herausgebracht. Ich hatte ihn vollkommen vergessen, als er am darauffolgenden Wochenende bei der Weihnachtsfeier in der Miners’ Hall aufkreuzte.«
»Zur Überraschung und Freude einer Reihe aufgeregter junger Damen, möchte ich hinzufügen«, rief Dad über das Geräusch des laufenden Wassers zu uns herein.
»Das stimmt«, wisperte Mom.
»Ja, und ob!«, sagte mein Vater. Er kam aus dem Bad und trocknete sich mit einem Handtuch das Gesicht ab. »Ich sah
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