Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Milner Donna

Milner Donna

Titel: Milner Donna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: River
Vom Netzwerk:
körperliche Arbeit ist gut für die Seele.«
    Ich wusste, es würde keine Gelegenheit geben, River noch an diesem Abend zu sehen.
    Der nächste Tag verrauschte zwischen Prüfungen und Büffeln. Auch am Montag erschien River nicht zu den Mahlzeiten. Niemand schien sich zu wundern. Vielleicht glaubten alle, er sei immer noch in Trauer oder unterziehe sich einer seiner periodischen Fastenkuren. Ich wusste, dass dafür jetzt nicht die Zeit war. Am Abend befand ich mich bereits in einem Zustand der Panik.
    Als nach dem Abendessen Mom zur Molkerei und alle anderen zum Stall gegangen waren, spülte ich das Geschirr ab und ging hinauf in mein Zimmer. Anstatt auf das Dach hinauszuklettern, stellte ich mich an mein Fenster und schaute hinaus. Ich beobachtete, wie Morgan und Carl die letzten Milchbehälter in die Molkerei trugen. Ich hörte das Rasseln an den Pfosten, als die Kühe freigelassen wurden, und wie ihre Hufe über den schlüpfrigen Beton schlitterten, während sie durch das hintere Tor hinausgeführt wurden. Ich hörte, wie das Wasser aus den Schläuchen spritzte, mit denen die Melkstände gesäubert wurden. Ich sah zu, wie zuerst die Lampen im Stall und dann in der Molkerei ausgingen. Von meinem Posten aus beobachtete ich, wie Boyer ins Auto stieg und die Straße zu seiner Hütte hinauffuhr. Morgan und Carl machten sich auf den Weg ins Haus, mit ruhigen Schritten und ohne das übliche Gehetze, mit dem sie sonst in die Stadt drängten. Mom und Dad gingen hinter ihnen her und sahen erleichtert aus, weil wieder ein Arbeitstag vorbei war. Doch von River immer noch keine Spur.
    Ich wartete, während auf den umliegenden Bergen die letzten orangeroten Sonnenstrahlen erloschen. Ich wartete, während alle der Reihe nach im Badezimmer verschwanden. Ich wartete, während die Schritte meiner Brüder die Treppe hinunterpolterten und Morgans Pick-up-Truck startete. Ich wartete, bis der einzige Laut im Haus aus dem Fernsehgerät im Salon kam. Dann schlich ich mich die Treppe hinunter und zur Küchentür hinaus.
    Ich eilte über den Hof und lief die Molkereitreppe hoch. Das Pochen meiner Fingerknöchel gegen die Holztür klang hohl. Ich öffnete die Tür und schaute hinein. Der Quilt meiner Großmutter deckte immer noch das Bett zu; ein Kalender von Currier & Ives hing noch an der Wand. Aber es lagen keine Bücher mehr auf dem Nachttisch und der grauen Platte des Chromtischs. Keine Gitarre lehnte in der Ecke. Seine Abwesenheit lastete auf dem Raum.
    Ich öffnete die Schranktür – kein grüner Matchsack befand sich darin, keine Kleider. Ich weiß nicht, was ich zu sehen erwartete, als ich die Tür zum Badezimmer aufriss, wo mich nur die Sauberkeit der weißen Badezimmereinrichtung empfing und der Geruch von Scheuerpulver noch in der Luft hing. Was hoffte ich zu finden, als ich mich auf den Boden legte, um unter das Bett zu schauen? In diesem Zimmer gab es keine Spur seines Lebens mehr. Es war, als hätte es die beiden Jahre, die er hier verbracht hatte, nie gegeben. Ich flüchtete mich aus dem leeren Raum und rannte die Stufen hinunter und über den Hof. Am Tor hielt ich inne. Oben auf der Veranda stand Mom in der Tür, als würde sie auf mich warten. Sie wartete auf mich. Sie wusste Bescheid!
    Irgendwie hat sie es erfahren, und sie hat ihn weggejagt!
    Ich eilte den Weg hinauf und blieb am Fuß der Verandastufen stehen. »Wo ist er?«, fragte ich anklagend und flehend zugleich.
    »Er ist weg«, antwortete sie.
    »Warum?« Ich schrie. »Warum?« Ich spürte, wie mein Fuß mit jedem »Warum?« aufstampfte. Ich war außer mir und sah mir selbst bei einem kindischen Tobsuchtsanfall zu. Aber ich konnte mich nicht zügeln.
    »Es ist besser so«, sagte meine Mutter. Dann, zum ersten Mal in meinem Leben, kehrte sie meinen Tränen den Rücken zu.

32
     
    A LS DER E DSEL VERLANGSAMT, reiße ich mich aus meinen Gedanken. Wir haben die Vororte von Atwood erreicht. Hier und da blinkt aus einem Haus am Berghang ein Licht auf und verschwindet beim Vorbeifahren.
    »Ich habe Jodie Foster in einem Fernsehinterview sagen hören, dass im Leben eines jeden jungen Mädchens ein Augenblick kommt, in dem sie ihre Mutter so sehr hasst, dass sie es in jeder Faser ihres Körpers spüren kann. Hast du mich jemals so abgrundtief gehasst?«, frage ich Jenny, die weiter geradeaus fährt.
    »Nein«, antwortet sie, ohne zu zögern. »Eigentlich nicht. Na ja, ich erinnere mich daran, dass ich als Teenager mit meinen Freundinnen an unseren Müttern

Weitere Kostenlose Bücher