Milner Donna
Nachmittag aus Kelowna zurückgekehrt und direkt zu seiner Hütte gefahren. Dass River fehlte, wunderte mich nicht. Er kam nie, wenn Father Mac uns besuchte. Vielleicht lag es bloß daran, dass River nicht katholisch war, aber ich glaube, er konnte einfach den Priester nicht vergessen, der seinem Freund geraten hatte, zur Armee zu gehen.
Ich wartete voller Ungeduld darauf, River wiederzusehen, aber irgendwie war ich auch erleichtert, dass er nicht aufkreuzte. Ich war mir sicher, dass selbst dann, wenn niemand anderer die Veränderung an mir bemerkte, Father Mac die Wollust in meinem Herzen beim ersten Blick in mein Gesicht entdecken würde.
Obwohl alle sich mustergültig verhielten, wenn der Pfarrer unserer Gemeinde am oberen Ende unseres Tisches saß, war Father Mackenzie kein strenger Mann. Es fiel mir schwer, mir dieses Wesen aus Fleisch und Blut, das mit meiner Familie scherzte und tratschte, als dieselbe Erscheinung vorzustellen, die sich alle unsere Sünden anhörte und dessen Stimme im Dunkeln ohne Umschweife Bußen austeilte. Es war, als würde er, sobald er aus diesem Kasten stieg, seine Einblicke und die Urteile über unsere Sünden dort zurücklassen.
An jenem Abend begann Mom, nachdem Father Mac den Segen gesprochen hatte, die dampfenden Platten herumzureichen. Der Priester spießte sich einige Scheiben Fleisch auf die Gabel und sagte: »Nun, Nettie, ich glaube, Sie müssen den wahren Grund dafür beichten, dass Sie gestern unsere Bridgepartie vorzeitig verlassen haben.«
Mom, die Gästen gegenüber stets besonders aufmerksam war, wirkte geistesabwesend. Weil sie um eine Antwort zu ringen schien, ließ er sie nicht länger zappeln: »Sie beide waren zwei Spiele im Rückstand«, sagte Father Mac, »Sie haben sich davongemacht, bevor wir Sie vernichtend schlagen konnten.«
»Sie haben mich ertappt, Father«, erwiderte Mom.
»Ha!«, funkte Dad dazwischen. »Wir waren gerade erst in der Aufwärmphase! Ohne dieses Gewitter hätten Sie keine Chance gehabt!«
Mein Vater und der Priester diskutierten über Bridge, während wir Übrigen so taten, als hörten wir zu.
Father Mac nahm sich eine weitere Portion vom Yorkshire-Pudding und sagte: »Es sieht nunmehr so aus, als würden wir nächstes Jahr Our Lady schließen, Nettie.«
Jetzt war Mom ganz Ohr. »Schließen?«, fragte sie bestürzt. »Wieso denn das?«
»Leider oder zum Glück, je nachdem, wie man die Sache betrachtet, besteht immer weniger Bedarf«, antwortete der Priester.
»Weniger Bedarf?«, sagte meine Mutter. »Es wird doch immer Mädchen geben, die in Not sind.«
»Das Heim hat zehn Schlafräume«, fuhr Father Mac fort. »Früher waren dort mindestens dreißig Mädchen untergebracht. Zuletzt sind es keine zehn mehr gewesen. Im Augenblick sind nur noch vier Mädchen bei uns.«
»Na, ich bin mir sicher, dass das nicht der Haltung der Kirche zur empfängnisverhütenden Pille zu verdanken ist.«
Mom hatte ihren Satz noch nicht beendet, da erstarb jede Bewegung am Tisch. Ich erwartete, dass mein Vater oder der Priester sie nun fragen würde, was denn in sie gefahren sei; es sah Mom gar nicht ähnlich, dass sie die Kirche infrage stellte.
Aber Father Mac seufzte und sagte: »Tja, Nettie, wie Sie wissen, hatte ich mich ja dafür ausgesprochen, dass die Kirche ihre Politik in Bezug auf Verhütungsmittel liberalisieren sollte. Aber da der Papst die überkommenen Lehren in seiner päpstlichen Enzyklika bestätigt hat, muss ich diese Entscheidung respektieren, auch wenn sie mich enttäuscht hat.«
»Natürlich«, murmelte sie. »Es tut mir leid, Father.« Und als könnte sie nicht länger an sich halten, fügte Mom dann noch hinzu: »Aber offensichtlich nehmen viele katholische Mädchen trotzdem die Pille. Ich bin froh, dass man deshalb weniger Orte wie Our Lady braucht, doch jetzt werden diese Mädchen verurteilt, weil sie schon dann eine Todsünde begehen, wenn sie bloß diese Pille schlucken.«
»Nun, wie es aussieht«, sagte der Priester mit einer Stimme, die klarmachte, dass für ihn dieses Thema abgeschlossen war, »werden Sie und Ihr ›Bügelteam‹ nächstes Jahr um diese Zeit keine Uniform mehr bügeln müssen.«
Nach dem Abendessen zog Father Mac seine Jacke aus und krempelte die Ärmel hoch. Mein Vater protestierte, wie er es immer tat, dass der Priester nicht beim Melken zu helfen brauche. Und wie immer folgte dieser dennoch meinem Vater zur Tür hinaus und sagte: »Ich kann wenigstens ein paar Eimer tragen. Ein bisschen
Weitere Kostenlose Bücher