Mindfuck: Warum wir uns selbst sabotieren und was wir dagegen tun können (German Edition)
Menschen immer mehr verwischen werden. Wir entwickeln uns von einer vertikal-hierarchischen
Oben-unten
-Gesellschaft zu einer horizontal, also auf gleicher Ebene kommunizierenden Gesellschaft. In der morgigen Welt der Erwachsenen wird auf Augenhöhe miteinander kommuniziert.
Wissen und Kontakte verlieren ihre Exklusivität und werden vom wichtigsten Gut jetzt allgemein zugänglich. Wikipedia ist ein Vorbote dessen, und die Skandale um WikiLeaks zeigen, in welche Richtung die Reise gehen kann: Die Werte Transparenz, Offenheit, Fairness, Integrität und das Teilen von Wissen stehen diametral im Gegensatz zu dem jahrhundertelang nur unter den Mächtigen gehaltenen Herrschaftswissen mit Geheimniskrämerei, geschlossenen Zirkeln, Drohung, Härte und egomanischem Machtwillen. Hierarchien werden, wenn sie nicht ganz verschwinden, zumindest flacher verlaufen.
Die nächste Generation denkt bereits heute anders als alle anderen vor ihr. Wenn ich heute zum Beispiel mit Studentinnen und Studenten über Erfolg spreche, sagen viele, Erfolg sei für sie, die Welt mit der eigenen Arbeit ein Stück besser zu machen, etwas Sinnvolles für die Menschen und die Umwelt zu tun. Zugleich betonen sie, dass ihre Berufswelt Raum und Zeit für persönliches Glück lassen müsse, für Familie, Freunde und Netzwerke, in denen auch andere Interessen gelebt werden können. Seien wir ehrlich: In meiner Generation hieß Erfolg in der Wirtschaft, möglichst schnell ein möglichst teures Auto zu fahren. Den Wunsch nach privater Lebensqualität beim Chef vorzubringen galt als Karriereselbstmord, von dem dringlichst abzuraten war. Es sind diese kleinen Signale, die mir deutlich zeigen, welches grandiose Ausmaß der Wandel annehmen wird, der bereits begonnen hat.
Wir werden uns also von den alten, rigiden Regeln menschlichen Zusammenlebens und menschlicher Zusammenarbeit verabschieden, und wir werden dies sogar tun müssen, um den Anforderungen der neuen Zeit zu begegnen. Hierarchien werden flacher werden oder ganz verschwinden. Innovation und Kreativität im Job werden unser Leben mehr prägen als das »Hamsterrad«, das den vermeintlich sicheren Arbeitsplatz in der Vergangenheit für so viele von uns ausmachte.
Ich und die anderen
In Zukunft werden unsere individuellen Bedürfnisse und Lebensziele wichtiger. Aber sie werden nicht zu einer Ego-Mentalität führen, wie viele befürchten. Ich denke, der Zukunftsforscher Matthias Horx [23] trifft den Kern, wenn er vom beginnenden Zeitalter des »Kooperativen Individualismus« spricht. Denn gute Kooperation heißt nicht mehr, sein eigenes Leben in den Schatten anderer zu stellen. Vielmehr beinhaltet das zukünftige Miteinander, dass wir uns auf der einen Seite immer stärker selbst verwirklichen und auf der anderen immer besser mit anderen zusammen arbeiten und -leben werden.
Es geht darum, dass sich Menschen
sowohl
individuell verwirklichen
als auch
in einer produktiven, sozialen Nähe mit anderen leben werden. Der Mensch von morgen will nicht nur gut mit anderen zusammenleben und arbeiten, sondern auch selbst ein möglichst glückliches und erfülltes Leben führen. Das eine gehört zum anderen.
Eine echte Epochenwende
Ist das alles nur ein Traum? Keineswegs, denn das alles hat schon begonnen. Das absolut Neue, die Basis für diese Epochenwende, ist, dass materielle Ressourcen nicht mehr knapp sind und die Bevölkerung in den westlichen Ländern schrumpft. Und so verkleinert sich die Bevölkerung in allen Ländern massiv, die zu echtem Wohlstand gekommen sind. Und wenn die Menschen weniger werden, wird der Einzelne wichtiger. Das hat es bisher nicht gegeben. Und das ist die Wurzel der Epochenwende, mit der wir heute zu tun haben. Der Rückgang der Geburten seit den späten 60er Jahren trotz wachsenden Wohlstands ist aus dieser Perspektive keine Katastrophe, sondern ganz im Gegenteil der Motor dafür, dass jeder Einzelne von uns wertvoller wird und bisher ausgegrenzte Bevölkerungsschichten endlich eine Möglichkeit haben, sich zu zeigen und auf Augenhöhe mit anderen einzubringen.
Was heißt das alles für uns? Was bedeutet das für den Einzelnen? Es bedeutet, dass wir gute Zeiten vor uns haben, wenn wir unseren Geist dafür verwenden, wofür er eigentlich da ist: klarsehen, lernen und kreativ sein.
Die Chancen überwiegen
Was aus der Perspektive des alten Denkens eine furchteinflößende Katastrophe ist, kann aus der Perspektive des neuen Denkens eine ungeheure Chance sein. In
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