Mindfuck: Warum wir uns selbst sabotieren und was wir dagegen tun können (German Edition)
Anweisungen verstehe? Was, wenn ich mich dumm anstelle? Wie werden die anderen über mich denken? Da sind Kollegen aus Shanghai, aus Paris, aus Sydney, Istanbul – Kollegen aus aller Welt. Was passiert, wenn sie mich scheitern sehen? Und könnte ich es Timothy Gallwey wirklich antun zu scheitern? Ich merke, wie mein Mund trocken wird. Wie ich nicht mehr höre, was er zu den anderen sagt. Seine Stimme ist warm und freundlich. Ich aber schnappe bereits nach Luft, ohne einen Schritt getan zu haben.
Es sind Katastrophen - und Bewertungs- MINDFUCK s
,
die aufkommen und mich verkrampfen lassen. Gallwey hat das in den vielen Jahren, in denen er mit Sportlern und Künstlern arbeitete, oft genug beobachtet. Wie wir uns verkrampfen, wie wir eng und klein werden, weil wir uns ängstigen, auf uns einreden, uns unter Druck setzen. Unser Körper ist mit dem Ausgleich dieses ganzen Drucks beschäftigt. Wie soll er da eine gute Leistung erbringen?
Wir haben gesehen, dass
MINDFUCK
vor allem dann auftaucht, wenn wir unsere Komfortzone verlassen, wenn wir etwas Neues erleben oder wenn wir mit anderen Mitmenschen zu tun haben. Immer dann, wenn wir unsicher werden, fängt der Innere Wächter an, auf uns einzureden. Es ist, als ob er uns immer wieder die Botschaft einhämmern wollte:
Bleib, wo du bist. Wag dich nicht weiter. Blamier dich nicht. Mach keinen Ärger.
Genau dann, wenn es etwas zu erleben oder zu lernen gibt, setzt er uns ein riesiges rotes Stoppschild vor die Nase. Wenn wir es dann trotzdem wagen, erleben wir häufig verkrampft und elend ein Desaster. Und der Wächter sagt:
Siehste, habe ich doch gleich gesagt. Du hast es doch schon vorher gewusst.
Es ist ein Kampf zwischen den eigenen Wünschen und Vorstellungen und einer Stimme in uns, die uns mit hundert Argumenten sagt, es nicht zu tun, beim Alten zu bleiben. Wir wissen jetzt: In beiden Fällen fallen wir zurück in eine Denkweise, die entweder unserem Lebensalter oder der Zeit, in der wir leben, nicht mehr gerecht wird.
An diesem Maimorgen in London bereue ich sogar für einen Moment, dass ich mich für diese Tennis-Demonstration mit Timothy Gallwey freiwillig gemeldet habe.
Wie konntest du dich nur freiwillig melden?
Gallwey empfiehlt, den Inneren Wächter abzulenken. Wenn wir es schaffen, unsere Aufmerksamkeit auf etwas anderes, Neutrales, aber für unsere Leistung Wichtiges zu lenken, dann haben wir Selbst 1 ausgetrickst, und unser wahres Potenzial hat genug Raum, sich ungestört zu entfalten. Dazu müssen wir aber unser Denken bewusst steuern und unsere Konzentration ebenso bewusst auf etwas Bestimmtes lenken. Ohne diese genaue Steuerung ist es sehr wahrscheinlich, dass der Innere Wächter wieder die Führung übernimmt. Besonders dann, wenn es um etwas Neues geht oder wenn uns andere beurteilen könnten.
Der Wächter steht am Tor zwischen uns und den anderen Menschen um uns herum. Er ist die Stimme, die uns sozial korrigiert und konditioniert. Diese Stimme haben wir, um uns als Individuen an die Menschen und die Gesellschaft um uns herum anzupassen. Eine eigentlich fremde Stimme, die zu unserer eigenen geworden ist.
»Was interessiert dich an Tennis?«, fragt mich Timothy Gallwey. Er sieht mich freundlich an. Ich fühle mich wahrgenommen. Er interessiert sich für mich und meine Gedanken. Ich öffne mich. »Ich könnte mir vorstellen, dass es Spaß macht«, sage ich. Ja, es könnte wirklich Spaß machen. »Das ist das Wichtigste«, sagt Gallwey und richtet sich an die Gruppe der anderen Coachs. »Wenn wir neugierig sind, weil etwas Freude machen könnte, sind wir sehr gut eingestimmt. Wir brauchen Interesse an dem, was wir lernen wollen. Wenn es uns nicht interessiert, wird es schwieriger. Dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns stören.«
Auf Gallweys direkte Frage hin fällt mir ein, dass es mich als Jugendliche tatsächlich gereizt hätte, Tennisspielen einmal zu probieren, und dass erst danach all die Vorurteile und Verbote in meinem Kopf Platz fanden. Bevor die innere Mauer gezogen wird, gibt es also eine Art heiligen Moment, in dem wir sehr wohl ein klares Gefühl zu einer Sache haben. Ein Augenblick, in dem wir neugierig sind und noch offen. Und ein Moment, in dem wir noch nicht darüber nachdenken, ob es gut ist oder ob wir das dürfen, sondern in dem wir uns nur fragen:
Wie wäre es denn?
Gallwey strahlt mich an, gibt mir nun einen Tennisball und lädt mich ein, mit dem Schläger ein wenig damit zu spielen. Ich prelle den Ball, ich lasse
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