Mindfuck: Warum wir uns selbst sabotieren und was wir dagegen tun können (German Edition)
einfach brauche«, sagte sie, »das hat erst mal nichts mit meiner Lebensqualität zu tun.« Wir dachten gemeinsam darüber nach, ob nicht selbst eine Arbeit, die man einfach nur als Broterwerb sieht, einen guten Teil zu unserer Lebensqualität beiträgt. »Stimmt«, meinte sie, »ich weiß, wo ich jeden Tag hingehöre, ich mache das nicht ungern, und ich freue mich am Ende des Monats über das Geld. Und natürlich leiste ich mir davon auch schöne Dinge.«
Jede Art von Tätigkeit, die wir nicht mit Widerwillen erledigen, kann unmittelbar oder abgeleitet ein Teil unserer Lebensqualität sein. Hellhörig werde ich erst dann, wenn Arbeit einen Menschen kaputtmacht und ihm Energie dauerhaft entzieht, statt neue zu geben. Diese Art von Arbeit macht uns krank und ist kein Teil unserer Lebensqualität. Wenn wir sie weiter akzeptieren, handeln wir wahrscheinlich aus Angst, Sicherheit und Kontrolle in unserem Leben zu verlieren. Dann ist es Zeit, die neue Perspektive einzunehmen und sich beherzt und erwachsen nach einer Alternative umzusehen.
Wie stark das Ziel Lebensqualität wirkt, sehe ich täglich in der Arbeit mit meinen Klienten und Klientinnen. Wenn der innere Kompass wieder funktioniert, können Menschen ihren Weg wieder ganz von alleine finden. Niemand muss ihnen dann vorkauen, was sie anzustreben haben. Meine Erfahrung ist, dass Menschen das durchaus selbst können, wenn sie ihr Denken neu ausrichten. Es ist genau so wie damals, als Timothy Gallwey mir das Tennisspielen beibrachte. Sobald ich mich nicht selbst störte und Interesse und Freude an der Sache hatte, lernte ich von selbst, Tennis zu spielen, ohne dass Gallwey mich instruieren musste, wie es geht.
Ein Geschäftsführer, mit dem ich mal gearbeitet habe, wollte mehr Balance in sein Leben bringen. Er erkannte, dass er seine Arbeit bisher nur aus Pflichtgefühl gemacht hatte und aus dem Empfinden heraus, dass er nur so die Brötchen für seine Familie verdienen könne. Sicherheit und soziale Kontrolle – denn aus dem Grad seiner Pflichterfüllung erwuchs die Bewertung durch andere – waren also die Maßstäbe, nach denen er sich zur Arbeit motivierte. Auf Dauer gewann er damit das Gefühl, nicht mehr Herr im eigenen Leben zu sein und sich für sein tägliches Auskommen ständig aufreiben zu müssen. Ich fragte ihn, was wäre, wenn Lebensqualität der neue Maßstab seines Lebens wäre. Nach einer kurzen Pause blühte er auf, wurde wieder lebendig und meinte: »Na, dann würde ich das alles für mich
und
für meine Familie tun und weil es mir ein gutes Leben ermöglicht.« Dieselbe Sache fühlte sich plötzlich ganz anders an und ergab wieder Sinn. Er hatte, wohlgemerkt, überhaupt nichts an seiner Arbeit geändert oder gar den Job gewechselt, sondern lediglich den Blickwinkel verändert.
Ich ermunterte ihn, diesen Gedanken noch einen Schritt weiterzuverfolgen: »Was würden Sie anders machen als heute, wenn Sie Ihr Leben noch mehr nach dem Maßstab Lebensqualität ausrichten würden?« Er antwortete: »Ich würde mich nicht mehr so stressen. Ich würde die Dinge entspannter angehen, mich nicht mehr über jede Kleinigkeit ärgern. Wahrscheinlich würde ich mir überlegen, wie ich meinen Arbeitsalltag neu gestalten kann, so dass mehr Raum zum Nachdenken, zum Träumen von der Zukunft und zum Genießen von Erfolgen bleibt. Statt von einer Besprechung in die nächste zu hetzen und die Leute anzuschnauzen, würde ich mich lieber mit ihnen unterhalten und weniger Meetings abhalten. Ich würde nach dem Motto denken und arbeiten: weniger Kommunikation und dafür qualitativ bessere.« Er war selbst erstaunt über die Fülle von Ideen, die er sich jetzt erlaubte. Und er schloss mit den Worten: »Wahrscheinlich würde sich damit sogar die Lebensqualität meiner Mitarbeiter erhöhen, nicht nur meine.«
Auch bei kniffligen Entscheidungsthemen empfiehlt es sich, Lebensqualität als Maßstab zu nehmen. Eine Abiturientin wusste nicht, wo sie studieren sollte. Die eine Universität war sehr renommiert, aber in einer Stadt, in der sie keinesfalls leben wollte. Die andere Uni lag in einer wunderbaren Gegend, hatte aber nicht den Ruf, den sie sich wünschte. Ihre Zusatzbedingung war, dass es interessante Austauschprogramme mit ausländischen Universitäten geben sollte. Sie war der Meinung, dass sie sich zwischen der besseren oder der schöneren Uni mit der höheren Lebensqualität zu entscheiden habe. Sie hatte sich also in eine
Entweder-oder-Falle
gebracht.
Ich fragte
Weitere Kostenlose Bücher