Mindhunter - Tödliche Gabe (German Edition)
zweiundsechzig ja die magische Zahl.«
Sie ging zu dem Stuhl, über den sie ihre Jacke geworfen hatte, und Shane sah zum Computer. Trotz der Überlastung im Stromkreis war er immer noch aktiv, blieb aber stumm. Was bedeutete …
»Du scheinst dich jetzt ziemlich konstant bei zweiundsechzig zu halten«, sagte Shane.
Sie blickte vom Durchwühlen ihrer Jackentaschen auf. »Ja.«
»Wie genau hast du –?«
»Ich weiß es nicht genau«, unterbrach Mac ihn, als sie gefunden hatte, was sie suchte – ihr Telefon. »Ich schätze, ich habe mich konzentriert. Was ich auch immer gemacht habe, es hat funktioniert. Offensichtlich.«
»Tja, das ist … gut«, sagte Shane.
»Jepp«, sagte sie ohne jede Emotion. Sie schien weder erfreut noch verärgert, während sie durch ihre Kontakte blätterte und zweifellos die Nummer von Diaz wählte. »Das ist toll.«
»Also, wie machen wir das?«, fragte Shane. »Devon Caine. Einfach orten und schnappen? So ähnlich wie ihr es bei Rickie Littleton gemacht habt?«
» Wir machen gar nichts.« Sie hielt sich das Telefon ans Ohr. »Du wirst im Transporter bleiben.«
Shane spürte einen Anflug von Frust, verkniff sich aber die Worte, als Mac sich leicht von ihm abwendete, um ins Telefon zu sprechen. »Ja, D, ich bin’s«, sagte sie. »Es hat funktioniert. Ich habe Caines emotionales Muster aufgenommen. Ich weiß nicht, wie ich es mache – ihr werdet mir einfach vertrauen müssen. Und – ich weiß nicht, wie lange es anhält, also müssen wir schnell handeln.« Sie machte eine Pause und nickte leicht, während sie zuhörte, und dann beendete sie das Gespräch mit »Danke. Wir treffen uns dann unten«.
Als sie sich Shane wieder zuwandte, lag in ihren Augen eine klare Kampfansage. Eine Augenbraue war leicht hochgezogen, als könnte sie seine Verärgerung spüren und wäre auf seinen Widerspruch gefasst.
Er wusste, jetzt war nicht die Zeit zu streiten, auch wenn er absolut davon überzeugt war, dass er als ehemaliger SEAL jeder Truppe eine Hilfe sein würde, die am helllichten Tag einen 130 Kilo schweren soziopathischen Serienmörder von einer Straße mitten in der Stadt verschwinden lassen wollte – auch wenn er nur ein armseliger Fraktionierter war. Sie hatten es eilig. Das Leben eines Mädchens hing davon ab, dass sie das geregelt bekamen. »Gehen wir«, sagte er stattdessen.
»Ich weiß nicht, wie du das schaffst«, sagte Mac, als sie seine Tür aufschloss und in den Flur voran ging. »Bestimmt wird Diaz mir auf der Fahrt in die Bostoner Innenstadt einen Vortrag halten, von wegen, dass er nicht riskieren will, dass ich Devon Caines Hirn in Pudding verwandle, und am Ende muss ich auch im Auto bleiben. Oder noch schlimmer – wenn wir Caine erst lokalisiert haben, wird er uns einfach wegschicken, während der Rest des Teams sich an die Arbeit macht. Und ich werde es nicht schaffen, das so ruhig hinzunehmen.«
»Doch, das wirst du«, sagte Shane zu ihr, während sie im Laufschritt auf die Aufzüge zusteuerten. »Weil du noch was Wichtiges zu tun haben wirst. Weißt du, ich habe mir gedacht, wenn du Caine auf die Art finden kannst, kannst du vielleicht auch Nika direkt finden. Sie wurde vom Bürgersteig in der Nähe ihrer Schule entführt, richtig? Nachdem wir Diaz auf Caines Fährte angesetzt haben, können wir da hinfahren und –«
Mac schüttelte bereits den Kopf. »Das habe ich schon versucht«, sagte sie. »Es ist schwerer, wenn das emotionale Ereignis draußen stattgefunden hat. Es – keine Ahnung – verfliegt oder so. Die Emotionen. Ich dachte das auch – dass sie schreckliche Angst gehabt haben muss, als sie entführt wurde – sie haben wirklich brutal auf sie eingeschlagen, aber …« Sie schüttelte den Kopf. »Ich konnte sie nicht spüren. Ich war über eine Stunde dort. Ich habe es versucht.«
Und versagt – und deswegen gelitten, weil sie ihrer eigenen Unfähigkeit die Schuld gab, obwohl sie das eigentlich Unmögliche versucht hatte. Shane kannte Mac mittlerweile gut genug, um sich dessen sicher zu sein.
»Zweiundsechzig«, erinnerte er sie, als sie die Aufzüge erreichten. »Vielleicht kannst du sie jetzt fühlen. Wir könnten hingehen. Du weißt schon. Danach. Einen Versuch ist es wert.«
Die Idee gefiel ihr eindeutig, und sie nickte. »Ja. Guter Plan.«
»Ja«, grinste Shane, als er als Erster den Knopf des Fahrstuhls erreichte und sich dagegenlehnte. »Womit wohl geklärt wäre, dass ich ein bisschen mehr als ein gut erzogenes Sexspielzeug bin.«
Jackpot.
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