Mindhunter - Tödliche Gabe (German Edition)
zuerst gedacht hatte, sondern eher ein fades, nichtssagendes Hellbraun. Außerdem war sie so sportlich, dass sie fast keine Brüste hatte. Der Schläger, mit dem er heute Abend schon zu tun gehabt hatte, hatte größere Brustmuskeln als das, was diese Frau unter ihrem Trägertop hatte.
Aber diese Augen …
Sie waren nicht nur braun, sondern goldbraun, mit einer guten Portion haselnussfarbener, grüner und dunkelbrauner Sprenkel.
Sie waren unglaublich.
»Seien Sie damit bloß vorsichtig«, sagte Shane. »Mit Steroiden, meine ich. Ich hab ein paar Spritzen gekriegt, nach denen ich mich großartig gefühlt habe. Die haben wirklich geholfen, aber zehn Monate nach der Injektion hatte ich bei Dopingtests immer noch ein positives Ergebnis. Was problematisch war, als ich mir ein bisschen Kohle mit Cage Fighting verdienen wollte.«
Sie wandte sich ihm zu. »War’s das? Sind Sie jetzt fertig mit Ihrer öffentlichen Bekanntgabe?«
Er lächelte zurück. »Noch nicht ganz. Ich habe ein bisschen Onlinerecherche betrieben und rausgefunden, dass bestimmte Medikamente länger als achtzehn Monate im Organismus bleiben können. Sechs muss ich noch rumkriegen.«
»Bevor Sie Cage Fighter werden können«, sagte sie mit einem höhnischen Ja, klar -Tonfall. »Beeindruckt das normalerweise die Mädchen?«
»Genau genommen, habe ich es bisher niemandem erzählt«, gab Shane zu. »Sie wissen schon, dass ich so tief gesunken bin. Aber es ist schon bemerkenswert, was man alles macht, wenn man pleite ist, oder?« Er trank sein Bier aus und hielt die leere Flasche hoch, in Richtung Barkeeper, um ein neues zu bestellen. »Geht auf Pete«, sagte er zu dem Mann, dann wandte er sich erneut der Frau zu, die jetzt wieder auf ihren Whiskey starrte. »Ich bin Shane Laughlin. Aus San Diego.«
Seufzend leerte sie ihr Glas und schob es ganz bis zum Rand der Theke, zog das zweite näher zu sich und nippte daran.
»Und was machen Sie in Boston, Shane?«, fragte er an ihrer Stelle, als würde sie das wirklich interessieren. »Wow, das ist eine gute Frage. Ich war früher mal bei der Navy. Ist noch gar nicht so lang her, und ich habe ein bisschen Probleme, einen Job zu finden. Jetzt habe ich kurzfristig was angeboten bekommen – hier in Boston. Ich kann morgen schon anfangen. Was ist mit Ihnen? Sind Sie von hier?«
Als sie sich umdrehte und ihn ansah, hatten sich ihre Augen endlich mit Leben gefüllt. Zwar hätte er sich etwas anderes als den Ärger und den Abscheu gewünscht, den sie nun ausstrahlte, aber es war immer noch besser als das ausdruckslose Nichts von vorhin. »Denken Sie im Ernst, ich nehme Ihnen ab, dass Sie in dieses Drecklock hier gehören?«
Shane lachte überrascht auf. »Was?«
»Sie haben gehört, was ich gesagt habe, und Sie wissen genau, wie ich das meine.«
»Mann. Also, wenn jemand nicht hierhergehört … Haben Sie den Teil des Gesprächs nicht mitgekriegt, als ich zugegeben habe, dass ich ein Loser bin, der keinen Job findet?«
»Sie und – wie viele Millionen andere Amerikaner?«, fragte sie. »Nur, dass es für Sie ein Schock ist, hab ich recht, Matrose? Bisher waren Sie immer sehr gefragt – wahrscheinlich sind Sie von der Highschool direkt zum Militär und … Sie waren Offizier, stimmt’s? Ich kann es geradezu riechen.« Sie kniff die Augen zusammen, als wäre es etwas Ungehöriges, Offizier zu sein.
»Ja, ich war Offizier.« Er ließ seine dickste Bombe platzen. »Bei den SEALs.«
Sie sah ihm direkt in die Augen und zitterte leicht. »Ganz große Klasse, echt geil. Aber jetzt sind Sie draußen. Willkommen in der Realität, wo nicht immer alles nach Plan läuft.«
Er lachte – weil das, was sie gerade gesagt hatte, wirklich ziemlich lustig war. »Offensichtlich haben Sie keine Ahnung, was ein SEAL macht.«
»Nein, hab ich nicht«, gab sie zu. »Das weiß ja keiner. Nicht mehr, seit sämtliche militärischen Operationen offiziell der Geheimhaltung unterliegen.«
»Ich habe mich auf Dinge spezialisiert, die nicht nach Plan laufen«, klärte Shane sie auf.
»Und warum haben Sie dann aufgehört?«, fragte sie, und als er nicht sofort antwortete, prostete sie ihm zu und trank aus. »Ja, das dachte ich mir.«
»Ich bin stolz auf das, was ich getan habe – was ich war«, sagte er leise. »Auch jetzt noch. Vor allem jetzt. Aber Sie haben recht – teilweise. Mit dem Schock. Ich hatte keine Ahnung, wie schlimm das sein könnte, bevor ich … rausgeschmissen und auf die schwarze Liste gesetzt wurde.« Bei den
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