Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
für die Errichtung einer Empfangsstation zu erteilen. Zu viele Probleme mit der Umwelt – oder eher den Umweltschützern – treten auf, wenn Energie durch die Atmosphäre gestrahlt werden soll.«
»Wer betreibt Forschungen in dieser Richtung?« fragte Greg.
»Läßt man die Energiesatelliten mal unberücksichtigt, dann so ziemlich jedes Kombinat plus Dutzende von Universitäten mit Staatsverträgen. Die ganze Welt braucht eine Energiequelle, die den Treibhauseffekt nicht verschlimmert.«
Julia faltete die Hände, und ihre Gedanken verschlangen das Problem voller Eifer. Sie brauchte nicht mal die Netzknoten einzuschalten. »Opa, arbeiten auch Forschungsteams an der Bor-Protonen-Fusion?«
»Ja, mehrere.«
»Okay, stell eine Liste der fünfundzwanzig vielversprechendsten Forschungs- und Entwicklungsteams für Bor-Protonen-Reaktoren sowie die übrigen Projekte zusammen, von denen du gesprochen hast, und suche anschließend nach Verweisen auf Diessenburg Mercantile.«
»Klaro, Mädchen.«
»Ist das nicht eine unserer Banken?« fragte Morgan.
»Ja.« Sie berichtete ihnen von dem Gespräch mit Karl Hildebrandt.
»Interessant«, meinte Greg. »Ich wünschte, ich wäre dabei gewesen.«
»Habe hier was, Juliet«, meldete sich Philip. Er klang ein wenig besorgt, was ungewöhnlich war. »Die Randon-Gesellschaft. Sie hat ein Kreditpaket über achthundertfünfzig Millionen Eurofrancs von Diessenburg Mercantile erhalten, das sind zweihundert Millionen Pfund New Sterling. Zwei Drittel davon wurden in den Bau eines Laborkomplexes außerhalb von Reims gesteckt, wo man sich auf die Erforschung von Mikrofusionsverfahren spezialisiert hat.«
»Das muß es sein«, sagte Morgan ruhig.
»Randon ist auch Sponsor von Nicholas Beswick«, stellte Philip klipp und klar fest.
Greg richtete sich auf und starrte das Terminal am Kopfende des Tisches an.
»Zufälle gibt es nicht«, sagte Gabriel. Es klang fast herausfordernd.
Greg warf ihr einen flüchtigen Blick zu. »Ausgeschlossen«, entgegnete er entschieden.
»Ach, komm schon, Greg. Psi ist nicht perfekt.«
»Ich sage dir, wäre es einer der anderen, dann hätte ich die Möglichkeit eingeräumt. Aber Beswick – keine Chance.«
»Wenn du es sagst.« Sie wandte desinteressiert den Blick ab.
»Das beruht alles auf ziemlich vagen Annahmen«, meinte Cormac.
»Yeah, vielleicht«, sagte Greg. Er klang bekümmert. »Royan, dieses Gerücht, daß Kitchener an der Bor-Protonen-Fusion arbeitete – existierte das schon vor seiner Ermordung?«
JA JA JA. WÜSTE SPEKULATIONEN, SOBALD ZAHLUNGEN VON EVENT HORIZON AUF SEINEM BANKKONTO EINGEGANGEN WAREN.
»Um Gottes willen!« sagte Morgan gepreßt.
TUT MIR LEID, ABER LEUTE WIE KITCHENER WERDEN IMMER VON NETZJOCKEYS UNTER DIE LUPE GENOMMEN. SEINE ARBEIT IST INTERESSANT, VOM KOMMERZIELLEN ASPEKT GANZ ZU SCHWEIGEN.
»Aber niemand wußte mit Sicherheit, was er wirklich tat, oder?« beharrte Greg.
RICHTIG. DER LIGHTWARE-SUPERRECHNER AUF LAUNDE WAR MIT KEINEM DATENNETZ VERBUNDEN. KITCHENER WOLLTE WAHRSCHEINLICH VERMEIDEN, DASS JEMAND DATENRAUBZÜGE GEGEN IHN DURCHFÜHRTE. KLUGER MANN. DESHALB JA AUCH DAS GROSSE INTERESSE AN IHM.
Die Falten in Gregs Gesicht wurden tiefer. Er blickte auf den Tisch hinab, war in Gedanken versunken. Eleanor warf ihm einen besorgten Blick zu.
Julia fand die fast unbewußte Hingabe zwischen ihnen absolut bezaubernd. Und rügte sich selbst für ihren verstohlenen Blick.
»Nicholas Beswick kann es nicht gewesen sein«, meinte Eleanor, »weil er wußte, daß Kitchener nicht an einer Bor-Protonen-Fusion für Event Horizon arbeitete. Also hätte er den Bendix nicht gelöscht, nicht wahr?«
Greg stieß ein erleichtert klingendes Seufzen aus und lächelte sie an. »Ich denke, ich zahle dir einen Bonus auf dein Gehalt.«
Sie erwiderte das Lächeln.
»Woran genau hat Kitchener denn nun für Sie gearbeitet?« wollte Gabriel wissen.
»Wurmlochphysik.« Cormac begann mit einer Erläuterung. Julia war einigermaßen überrascht, daß Morgan Gabriel nichts von dem Forschungsvertrag erzählt hatte. Er mußte das Prinzip der absolut nötigen Information noch weit ernster nehmen, als sie je vermutet hatte. Sie wußte nicht recht, ob sie über diese Vorstellung amüsiert sein sollte oder nicht.
»Ein Sternenantrieb!« sagte Gabriel ungläubig, als Ranasfari fertig war. Sie blickte Julia an, wartete auf eine Bestätigung.
»Ja, ich fürchte auch.« Die in ihrer Internatszeit erworbene Disziplin rettete Julia wieder einmal.
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