Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
hindurchschmelzen?
Das habe ich nicht gesagt. Ich könnte es. Und möglicherweise noch fünf oder sechs weitere Leute im Land. Aber es wäre hart.
Oh! Damit ist also ein Teksöldnereinsatz aus dem Möglichen ins Unwahrscheinliche gewandert.
Sieht so aus.
Danke, daß du mir Bescheid gesagt hast. Möchtest du bei der Konferenz dabeisein?
Ja ja ja!
Wilholm selbst war ein prachtvolles Herrenhaus aus dem achtzehnten Jahrhundert. Beiderseits des vorstehenden Portikus breitete sich die graue Steinfassade aus, das robuste Gitterwerk von roten und gelben Rosen überwuchert. Die hohen Fenster waren zum Schutz vor der Hitze mit versilberten Scheiben ausgestattet. Julia sah hundert winzige Spiegelbilder von sich, als sie aus dem Rolls stieg. Lucas, ihr Butler, kam die Stufen herunter, um sie zu begrüßen. Zwei weitere Autos parkten vor dem Haus, Morgans hellbrauner Rover und ein kobaltblauer Ford, der, wie sie vermutete, Ranasfari gehörte.
»Hatten Sie einen schönen Vormittag, Ma’am?« fragte Lucas. Er war Mitte Sechzig und trug einen Frack mit schimmernden Messingknöpfen, eine wunderbar würdige Erscheinung. Die PSP hatte dafür gesorgt, daß er zehn Jahre lang arbeitslos war, mit der Begründung, persönliche Dienstleistungen wären ein demütigender Anachronismus. Am Tag, nachdem Philip Evans Wilholm gekauft hatte, war er mit dem Fahrrad aus Peterborough gekommen und hatte nach Arbeit gefragt. Im Haus lief unter seiner Aufsicht alles glatt, und er hatte niemals an Managementkursen teilgenommen.
Sie reichte ihm ihren Regenmantel und Strohhut. »Sagen wir mal, ich habe mich um vieles gekümmert.«
Er neigte den Kopf. »Ja, Ma’am. Mr. und Mrs. Mandel haben gerade das Torhaus passiert; sie werden gleich eintreffen.«
»Schön. Führen Sie sie dann gleich ins Arbeitszimmer hinauf!« Sie lief die Stufen hoch und durch die große doppelflügelige Tür. Die meisten ihrer wichtigen Freunde kamen zusammen, um mit ihr an einem Problem zu arbeiten. Es sah ganz nach einem tollen Nachmittag aus.
Das Arbeitszimmer lag im ersten Stock. Julia zog den satt purpurfarbenen Blazer aus, während sie die geschwungene Treppe hinaufging. Sie war noch damit beschäftigt, sich die schmale Fliege loszubinden, als sie ins Arbeitszimmer hineinplatzte. Morgan Walshaw und Cormac Ranasfari warteten dort bereits, zusammen mit Gabriel Thompson.
Gabriel war die einzige Julia bekannte Person, die rückwärts alterte. Sie war ein weiterer ehemaliger Mindstar-Offizier, den Greg ihr vorgestellt hatte. Gabriels Drüse war vor zwei Jahren herausoperiert worden, denn die aus ihr abgeleitete Präkognitionsfähigkeit hatte zu viele seelische Probleme nach sich gezogen. Solange Gabriel in die Zukunft blickte, lebte sie in ständiger Angst davor, den eigenen Tod heranrücken zu sehen. Nach dem Abschied von der Armee war sie schlimm heruntergekommen.
Jetzt, ohne die Drüse, sorgte sich Gabriel wieder um ihr Aussehen, achtete auf ihre Ernährung, hielt sich gesund und erweiterte allmählich ihre Interessen. Früher eine alte Jungfer ohne jeden Schick, die wie fünfundfünfzig aussah, hatte sie es inzwischen zu einer Fünfundvierzigjährigen mit hübschem Gesicht und einer ganz schön munteren Einstellung zum Leben gebracht. Obwohl Julia mehr als einmal eine gewisse Empfindlichkeit bei ihr entdeckt hatte.
Offiziell arbeitete Gabriel als Beraterin für die Sicherheitsabteilung von Event Horizon, solange Morgan mit dem Aufbau eines Psi-Teams beschäftigt war – Greg hatte den Auftrag schlankweg abgelehnt. Vor achtzehn Monaten hatten Gabriel und Morgan dann ein gemeinsames Haus bezogen.
»Hallo Gabriel«, sagte Julia fröhlich. Sie gab Morgan ein Küßchen auf die Wange, während sie den langen Eichentisch entlangging, der die Mitte des Raumes beanspruchte. »Danke, daß Sie gekommen sind, Cormac.«
Cormac hatte sich halb aus seinem Lehnstuhl erhoben; er senkte kurz den Kopf, ehe er sich wieder setzte.
Julia plumpste auf den Stuhl am Kopfende und schaltete das Terminal vor sich ein. »Ich habe Royan gebeten, an der Konferenz teilzunehmen; ist das okay?« fragte sie Morgan. Er hielt nicht unbedingt das meiste von Royan.
»Sicher doch.«
Sie hackte auf der Tastatur des Terminals herum und lud den vertrauten Code ein. Über dem gemauerten Kamin flackerte der Flachbildschirm matt auf, der für die Videokonferenzen diente.
BIN EINGESCHALTET, stand dort in fetten orangenen Buchstaben.
Royan lehnte es stets ab, einen Stimmsynthesizer zu benutzen; am
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