Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
allen Anwesenden. Nicholas mußte kichern.
»Zum Teufel mit dir, Mandel!«
»Ich bin schon froh, wenn ich nur die Abtei letzten Donnerstag finde«, sagte Eleanor.
»Das haben Sie«, sagte Nicholas. »Oder Sie werden es; ich weiß nicht recht, wie ich es ausdrücken soll.«
»Fangen wir am besten einfach an«, sagte Eleanor.
Greg spürte, wie sich die Nervosität in ihrem Bauch aufbaute. »Okay.« Er setzte sich neben sie, schüttelte ein Kissen auf und nahm ihre Hand. Sie packte fest zu, wollte sich beruhigen, einen Fels in der Brandung finden.
Denzil reichte Greg den Schlafinduktionskasten. Das Ding hatte drei Schalter und ein kleines Flüssigkristalldisplay an der Vorderseite. Eine Kolonne schwarzer Zahlen wechselte gelegentlich unter einer Reihe von Symbolen, die Greg nicht kannte.
»Ich habe das Gerät voreingestellt«, sagte Denzil. »Drücken Sie diesen Schalter, und sie müßte in fünf Sekunden eingeschlafen sein.«
»Klar.« Er legte den Zeigefinger leicht auf den Schalter. Hoffte inständig, daß er ihn nicht drücken mußte.
Gabriel hielt ein Infusionsröhrchen hoch. »Möchtest du, daß ich es mache?«
»Bitte«, sagte Eleanor.
Gabriel beugte sich mit ernstem und professionellem Ausdruck über sie und drückte ihr das Röhrchen direkt oberhalb der Halsschlagader an die Haut.
»Halte die Augen geschlossen«, wies Gabriel sie an. »Du kriegst genug Visionen zu sehen, ohne daß du auch noch versuchst, sie von optischen Eindrücken zu entwirren.«
Eleanor schloß die Augen und preßte die Kiefer zusammen, die Gesichtsmuskeln hart wie Stein. Greg leitete eine Sekretion ein – wobei die Drüse wie ein zweiter Puls vor sich hinpochte –, und gesellte sich im Land des Bewußtseins zu ihr.
Sobald die Augen geschlossen waren und den Schneeregen aus Photonen aussperrten, der ins Empfangszentrum des Gehirns fiel, umschloß ihn eine Flut sternenloser Nacht. Eleanors Bewußtsein tauchte schweigend in der Leere auf, ein Gasriese, wie er von einem seiner innersten Monde aus sichtbar wäre. Riesengroß und schwer. Gedankenströme wirbelten durcheinander; einzelne Stränge traten in Rosa, Weiß und Gelbrot hervor, wie gewundene Sturmfronten, die sich umeinanderwickelten und komplex ineinandergreifende Strudel bildeten. Kleckse der Bangigkeit sickerten aus der tieferen Psyche hervor, lösten sich in den Oberflächengedanken auf und beschleunigten den Rhythmus.
Entspanne dich, wies er sie an.
Die Oberfläche des Bewußtseins erbebte vor Überraschung, und Verzerrungswellen breiteten sich auf ihr aus.
Greg?
Yeah. Wieso, wen hast du denn erwartet?
Vergiß nicht, daß das alles neu für mich ist.
Ich habe diese Art von Verbundenheit auch nicht oft erlebt.
Oh. Greg? Ich denke, ich sehe das Schlafzimmer. Meine Augen sind doch immer noch zu, oder?
Er sah kurz hin. Yeah, sie sind zu. Er entspannte die eigenen Gedanken, ließ sich in einen passiven Zustand sinken, zum reinen Empfänger werden. Diese unheimliche, phosphoreszierende Wolkenlandschaft verlor den Zusammenhang und überzog sich mit wäßrigen Streifen aus fremdartigen Farben. Als er sie näher betrachtete, lösten sie sich zu Wänden, Möbeln, Personen, ihm selbst auf. Er saß immer noch auf der Bettkante. Gabriel steckte in einer lächerlichen Haltung fest, den Mund offen, die Hände mitten in einer Bewegung erstarrt.
Du lächelst, sagte Eleanor.
Ich habe mich gerade mit deinen Augen gesehen. Interessant.
Das Zimmer ist ohne Bewegung, wie ein Hologramm.
Yeah. So, ich möchte jetzt, daß du dich ganz langsam nach einer Uhr umsiehst und dir einfach vorstellst, wie du darauf zugleitest. Verstanden?
Kein Problem.
Der Brennpunkt der Wahrnehmung verschob sich; es ging in Kreisbahnen hinauf und hinab, wie ein Adler im Flug, der Kurs auf Gabriels Armbanduhr nahm. Sie war ein flaches Silberband mit trockenen, scharlachroten Ziffern, die bündig mit dem Blatt abschlossen, als würden sie auf einem Quecksilbersee schwimmen.
Neun Uhr siebenundvierzig, las Greg. Vor ungefähr acht Minuten. Okay, kannst du irgendwas an den Rändern des Raumes erkennen?
Was zum Beispiel?
Etwas Unscharfes, wie die verwaschenen Mehrfacheindrücke, die man direkt am Rand eines Spiegels sieht.
Nein. Nichts dergleichen.
Okay. Zieh dich aus dem Zimmer zurück, genau anders herum wie beim Zoom auf die Uhr.
Ah, ja.
Das Bild geriet in Fluß und brauste so schnell vorbei, daß er glaubte, den Fahrtwind zu spüren. Und doch blieben die Wände, die Möbel, die Einrichtung
Weitere Kostenlose Bücher