Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma

Titel: Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton

Vom Netzwerk:

echten Problem. Vermischt man Skopolamin mit einem Tranquilizer, kann man damit jemanden komplett gefügig machen. Und es reicht, wenn man jemanden einfach damit ansprüht. Unter seinem Einfluß händigen Menschen ihre Wertsachen aus, räumen an Geldautomaten ihr ganzes Konto leer und erinnern sich hinterher nicht mal daran, daß sie es getan haben. Diese Methode geriet natürlich außer Mode, sobald die bargeldlose Gesellschaft fest etabliert war. Geldbewegungen können heute zu leicht verfolgt werden.«
    »Jesus!« Die Idee war beunruhigend – Straßenräuber, die Sprühdosen anstelle von Messern einsetzten, und Opfer, die gar nichts merkten, bis sie Stunden später benommen wieder zu sich kamen. Greg gefiel diese Vorstellung überhaupt nicht – vielleicht war es ihm selbst schon passiert; woher sollte er das wissen? –, aber andererseits war ihm bei Medikamenten ohnehin nie wohl. »Könnte Beswick Skopolamin genommen haben, um den Mord zu vergessen?«
    »O nein! So funktioniert es nicht. Abgesehen davon bin ich mir sicher, daß die Polizei Spuren in seinem Blut gefunden hätte.«
    »Yeah.« Aber hätte sie überhaupt danach gesucht? »Ich werde danach fragen.« Er lud eine Notiz ins Cybofax. »Fällt Ihnen noch eine andere Methode ein?«
    MacLennan blickte für einen Moment nach innen. »Wie ich Ihnen schon sagte, ist das Gedächtnis die vielleicht am wenigsten erforschte Facette des menschlichen Gehirns. Man kennt jedoch zwei Formen natürlicher Amnesie, die meines Erachtens als Erklärung für diesen Fall in Frage kommen.«
    »Zwei?«
    »Jawohl. Ein Zustand, der befristete globale Amnesie genannt wird, ermöglicht den Betroffenen, ihren üblichen Aufgaben nachzugehen und weiter ihr übliches Verhaltensschema zu zeigen. Am Ende des Tages können sie sich jedoch an kein Ereignis mehr erinnern. Um ein Beispiel zu nennen: Sie könnten ein langes und komplexes Gespräch mit einem Betroffenen führen, und er würde auf seine übliche Art antworten, und doch hätte er am nächsten Tag keine Erinnerung mehr daran, überhaupt mit Ihnen gesprochen zu haben, wenn Sie ihn danach fragten.«
    »Kann man irgendwie feststellen, ob jemand daran leidet?«
    »Wer daran leidet, bemerkt es oft von selbst, besonders wenn es ein akuter Zustand ist. Es ist nicht sehr verbreitet, aber ein Arzt könnte das Symptom sicherlich anhand der Beschreibung durch den Patienten erkennen.«
    »Klar, danke.« Greg speicherte eine weitere Reihe Notizen im Cybofax. »Welches ist der zweite Zustand?«
    »Eine Traumalöschung, was noch seltener auftritt, aber es sind Fälle verzeichnet und nachgewiesen worden.«
    »Wie funktioniert das?«
    »Durch ein bestimmtes Ereignis, oft ein gewalttätiges oder erschreckendes. Etwas, was praktisch so furchtbar ist, daß der Verstand es einfach nicht speichern möchte, zum Beispiel ein besonders blutiger Verkehrsunfall. Da sind vielleicht Leute, die ihn miterleben und sich dann doch nicht mehr erinnern, daß sie dabei waren, wenn man sie später fragt. Die Polizei hat es öfters mit Raubopfern zu tun, die sich nicht mehr daran erinnern können, wie der Angreifer ausgesehen hat, obwohl sie ihm mehrere Minuten lang sehr nahe waren. Es muß jedoch ein außerordentlich starkes Ereignis sein, um einen so radikalen Nervenmechanismus auszulösen.«
    »Ein Ereignis wie ein grausiger Mord?«
    »Ja genau. Falls Beswick in einem Wutanfall gehandelt hat, konnte er vielleicht nicht akzeptieren, was er angerichtet hatte, sobald sich die Wut legte. Unter solchen Umständen könnte eine Traumalöschung eintreten. Natürlich kann ich Ihnen das nicht garantieren; ich verallgemeinere nur.«
    »Ich verstehe. Falls Beswick an einer dieser Amnesieformen leidet, wäre es dann einem Psychiater möglich, ihm die Erinnerung wieder zu entlocken?«
    »Ich weiß nicht. Das hängt davon ab, wie tief sie vergraben ist. Sie sagen, er hätte nicht mal unterbewußte Erinnerungen?«
    »Ja.«
    »Wir könnten durch Hypnose Zugriff erhalten, aber nach dem, was Sie sagten, hege ich keine großen Hoffnungen. Es wäre in jedem Fall ein entschieden langfristiges Projekt. Zunächst wären viele sondierende Gespräche erforderlich; er müßte den Wunsch haben, die Erinnerung wiederzuerlangen.«
    »Ich verstehe. Nun, danke, daß Sie sich die Zeit genommen haben.«
    »Keine Ursache.«
    »Wir haben unsere Sache eigentlich nicht weitergebracht, was?« meinte Eleanor, sobald MacLennans mechanisches Lächeln vom Flachbildschirm verschwunden war.
    »Nicht