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Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma

Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma

Titel: Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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von Rauhreif überzogen noch ihre Wurzeln.
    Sie beide trugen dicke Rollkragenpullover, aber Julia fror trotzdem an den Fingern. Sie rieb sich die Arme, formte mit den Lippen ein O und blies gleichmäßig. Der Atem bildete ein dünnes weißes Band in der Luft.
    Robin starrte es fasziniert an. Dann blies er selbst.
    »Eisbärenatem«, sagte sie und lächelte ihn an. Er wirkte hinreißend, wenn sein Gesicht vor Begeisterung leuchtete.
    »Ich habe so was noch nie gesehen«, sagte er.
    »Aber du kannst dich doch bestimmt an ein paar Winter erinnern?«
    »Nein. Das hat schon ein paar Jahre vor meiner Geburt aufgehört. Meine Eltern haben mir allerdings davon erzählt. Wie war es bei dir?«
    »Ich bin in Arizona aufgewachsen, aber ich habe etwas Schnee gesehen, als ich dann in der Schweiz auf die Schule ging. Einmal sind wir mit dem Bus in die Alpen gefahren.«
    »Eisklümpchen, die vom Himmel fallen!« Er schüttelte verwirrt den Kopf. »Komische Sache.«
    »Sie sind nicht massiv, und es macht Spaß, darin zu spielen.«
    »Wenn du es sagst.« Er klopfte an einen Baum. »Was ist das für einer?«
    »Ein Goldregen. Er kriegt im Frühsommer hübsche gelbe Blüten, die gleich büschelweise herunterhängen. Die Samen sind allerdings giftig.«
    »Warum hältst du diese Anlage in Gang? Sie muß ein Vermögen kosten.«
    »Ich kann mich mit den schönen Künsten einfach nicht anfreunden; mir kommt es immer so albern vor, einen solchen Haufen Geld für einen Quadratmeter schwülstig bemalter Leinwand zu bezahlen. Und natürlich wimmelt die Kunstszene von den prätentiösesten Flegeln, die man auf der Erde findet. Ich genieße Schönheit lieber pur, danke.« Sie deutete auf eine Gruppe Schneeglöckchen, die rings um einen Kirschbaum wuchsen. »Welcher Künstler käme jemals auch nur annähernd an sie heran?«
    Der Wintergarten brachte sie immer in diese Stimmung, erzeugte einen Anfall von Melancholie. Es lag an der Zeitlosigkeit der Bäume, besonders der Eichen und Eschen, die alle so viel würdevoller waren als die heutigen Usurpatoren. Irgendwie erleichterten sie Julia ihre Sorgen. Sie fürchtete, Robin zuviel von ihrem wirklichen Selbst zu verraten.
    Er starrte sie wieder an, diesmal ganz unverfroren, und die dichten Haare bedeckten beinahe seine Augen. »Du bist gar nicht …« Er warf seitlich die Arme hoch, unausgesprochene Verblüffung. »Du bist gar nicht so, wie ich es erwartet habe, Julia.«
    »Was hast du denn erwartet?« fragte sie neckend.
    »Ich weiß nicht. Im Fernsehen wirkst du immer so mechanisch, als wäre alles, was du machst, von einem Experten choreographiert, jede Bewegung, jedes Wort. Absolute Perfektion.«
    »Wohingegen ich in realer Gestalt eine beklagenswert unzulängliche Enttäuschung bin.«
    »Nein!« Er bückte sich und pflückte eines der Schneeglöckchen. »Du solltest dein PR-Team rausschmeißen, damit alle dich sehen, wie du bist, ohne jede Maske. Damit die Leute erkennen, wie du dich um die kleinen Dinge des Lebens kümmerst. Das würde alle diese Kritiker glattweg zum Schweigen bringen.« Er brach ab und betrachtete die Pflanze traurig. »Ich denke aber nicht, daß es so kommen wird.«
    »Fürchte ich auch. Nichts ist jemals so einfach.«
    Er steckte ihr das Schneeglöckchen hinters Ohr und schien mit sich zufrieden.
    Als sie ihn küßte, wirkte er motiviert genug, schien aber nicht zu wissen, was von ihm erwartet wurde. Ihr Mund stand lange für ihn offen, ehe sich seine Zunge hineinwagte.
    Ihr kam der überwältigende Gedanke, daß er noch nie ein Mädchen gehabt hatte. Schließlich hatte sein Leistungsniveau eine Menge Training und Einsatz erfordert, genug, um jede freie Minute in Anspruch zu nehmen.
    Ihre Arme blieben um ihn gelegt, als er ihr ein entzücktes jungenhaftes Lächeln schenkte. Ihm blieben noch genau sieben Tage, um ihr den Hof zu machen, dann würde sie ihn nehmen. Und diesmal würde sie im Bett das Sagen haben, was eine beträchtliche Steigerung im Vergleich zu Patrick darstellte.
    Sie rieben auf Maoriart die Nasen aneinander und küßten sich wieder. Diesmal war er nicht mehr annähernd so zurückhaltend.
    Die Tür zum Wintergarten wurde mit verdächtig lautem Schlagen aufgerissen.
    »Julia?« rief Caroline Rothman.
    Robin löste sich aus Julias Armen und machte einen enorm schuldbewußten Eindruck, als Caroline um das Ende der Rabatte herumkam.
    »Tut mir leid, Julia«, sagte Caroline. »Ein Anruf.«
    Julia hätte am liebsten mit dem Fuß aufgestampft. »Wer?« Wer immer es

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